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Schwarze Dynastie

Schwarze Dynastie

Titel: Schwarze Dynastie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. M. Kornbluth
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Licht erlosch.
    Charles Orsino wußte nun wieder, wer er war und welche Mission er zu erfüllen hatte.

 
7.
     
    Begonnen hatte es, als das Mädchen ihn durch die Tür des Konferenzraumes führte. Natürlich war man mißtrauisch und trug sein Herz nicht auf der Zunge. Aber das einem Gewölbe gleichende Tor tief unten gähnte erschreckend, wenn man davorstand, mehr noch, wenn es sich hinter einem schloß.
    »Wo sind wir? Und wer bist du?« fragte er schließlich.
    Sie antwortete: »Psychologisches Labor.«
    Die Wirkung war dieselbe, als hätte sie gesagt: Abteilung Alchimie oder Sektion Astrologie – und zwar zu einem jungen Mann von 1950.
    »Psychologisches Labor«, sagte er. »Gut. Wenn du mir's nicht sagen willst, ist mir's auch recht. Ich habe mich ohne Einschränkungen freiwillig gemeldet.« Damit wollte er sie daran erinnern, daß er ein Held war und als solcher respektvoll zu behandeln sei. Ihre etwas makabren Scherze könne sie sich also sparen.
    »Das meine ich doch wörtlich«, versicherte sie ihm und hantierte am Schloß eines weiteren Gewölbetores. »Ich bin Psychologin. Und ich bin Lee Falcaro – weil du das auch wissen wolltest.«
    »Die Linie des Alt... des Edward Falcaro?« fragte er.
    »Er ist meines Vaters Bruder. Vater ist gerade in Miami und kümmert sich dort um die Pferderennen und sonstigen Wetten.«
    Durch das zweite Tor kamen sie in einen grauen Raum von der Farbe des Gehirns. Die Luft fühlte sich irgendwie steril an. »Setz dich«, forderte sie ihn auf und deutete auf einen recht merkwürdigen Stuhl. Er setzte sich und entdeckte, daß der Stuhl das komfortabelste Sitzmöbel war, in dem er je gesessen hatte. Der Kontakt mit seinem Körper war so perfekt, daß er nirgends drückte, nirgends unbequem war. Trotzdem studierte das Mädchen die Skalen an seiner Rücklehne und murmelte etwas, das sich anhörte, als müsse das Ding erst richtig eingestellt werden. Er protestierte.
    »Unsinn«, erwiderte sie entschieden. Sie selbst ließ sich auf einem ganz gewöhnlichen Stuhl nieder. Charles rutschte ein wenig unbehaglich herum und fand, daß sich der Stuhl jeder seiner Bewegungen anpaßte. Noch immer drückte er nirgends.
    »Du wunderst dich also über die Bezeichnung ›Psychologie‹«, begann sie. »Sie hat eine schlechte Geschichte, und die Menschheit hat diesen Zweig der Wissenschaft als unnütz aufgegeben. Es ist richtig, daß es heutzutage keine zwingende Notwendigkeit gibt, den menschlichen Geist gründlich zu studieren. Die Leute kommen auch so zurecht. Im allgemeinen bekommen sie das, was sie wollen, ohne daß sie sich krumm arbeiten müssen. Mit den Worten deines Onkels Frank Taylor ausgedrückt: Das Syndikat ist eine angemessen strukturierte Organisation von hoher Moral und breiter öffentlicher Anerkennung. Mit meinen Worten heißt das so: Das Syndikat ist ein Vater-Bild, das ganz gute Arbeit leistet. In guten Zeiten sind die Menschen nicht introspektiv.
    Es gibt, ganz wörtlich genommen, keinen Grund dafür, daß meine Linie der Familie eine Tradition experimenteller Psychologie hochhielt. Vor langer Zeit konsultierte der alte Amadeo Falcaro oft den Professor Oscar Sternweiss von der Psychologischen Fakultät der Columbia Universität; er hatte absolut nicht das erstaunliche Improvisationstalent, das die Geschichte ihm zuschreibt. Später heiratete eine seiner Töchter einen von Sternweiss' Söhnen und erbte den ganzen Apparat seines Vaters mit allen Notizbüchern und der ganzen Bibliothek. Von da an wurde es ein ungeschriebenes Gesetz, diese Wissenschaft am Leben zu erhalten. Als jede akademische psychologische Schule von jeder anderen akademischen psychologischen Schule behauptete, sie habe grundsätzlich und überhaupt unrecht, und die Psychologie als Wissenschaft sei völlig in sich zusammengebrochen, da blieb die Familientradition davon unberührt. Sie stand abseits von allem Streit.
    Und jetzt überlegst du dir wohl, was das damit zu tun hat, daß man dich in die Regierung einschleust.«
    »Das tu ich auch«, erwiderte Charles heftig. Wäre sie nur eine Puppe außerhalb des Syndikats gewesen, dann hätte er schon vor einigen Minuten schärfstens protestiert und wäre einfach hinausmarschiert. Da sie jedoch nicht nur dem Syndikat, sondern auch noch der Falcaro-Linie angehörte, blieb ihm gar nichts anderes übrig, als erst ihr Geplapper anzuhören und dann zu gehen. Psychologie? Alles nur Quatsch. Id, Überseele, Geistes- und Bewußtseinsübertragung, psychologische Beratung

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