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Schwarze Dynastie

Schwarze Dynastie

Titel: Schwarze Dynastie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. M. Kornbluth
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Charles, daß Leutnant Van Dellen von der Nordamerikanischen Navy für immer seinen Zweifeln und Verwirrungen entkommen war. Sie hatten ihn, während er schlief, mit einem Speer aufgespießt.
    Und dann sah er ein sehr schlankes Mädchen, anmutig wie ein Fohlen, das sehr vorsichtig und fast zärtlich der alten Hexe den Tierschädel abnahm und sich selbst auf die roten Haare setzte. Selbst für Orsino war das eine fast feierliche Handlung von großer Bedeutung. Sofort veränderte sich einiges schlagartig. Die kleine Gruppe war bisher nur ein Mob gewesen, doch als sie sich den Schädel auf den Kopf gesetzt hatte, wichen sie instinktiv ein paar Schritte zurück und drehten sich ein wenig, so daß alle nach ihr ausgerichtet waren. Kein Zweifel war möglich – sie hatte die Führung übernommen.
    Eine Hexe also, überlegte Orsino ..., zweimal jährlich Menschenopfer; eine scheußliche Angelegenheit.
    Sie näherte sich ihm, und die Gruppe richtete sich wieder so aus, daß sie der Mittelpunkt blieb. Charles war überzeugt, noch nie ein so humorloses, machtbewußtes Gesicht gesehen zu haben wie das dieser Zwanzigjährigen. Ihre Haltung war die einer Kaiserin des Universums. Eine große graue Laus, die aus ihrem Haaransatz quer über ihre Stirn krabbelte, störte sie nicht im mindesten. Sie trug verschmutztes, fettiges Fell wie königliches Purpur. Aber ihre Augen verrieten keine Spur von Wahnsinn.
    »Du«, sagte sie zu Charles, »was ist mit dem Jeep und den MGs? Funktionieren sie?«
    Er lachte schallend, so grotesk hörte sich das aus dem Mund dieser Steinzeitgöttin an, doch ein erhobener Speer ernüchterte ihn sofort. »Ja ... hm ... Miß«, antwortete er.
    »Zeig es meinen Männern«, forderte sie und hockte sich auf den Rasen.
    »Bitte, könnte ich vorher wenigstens etwas zu essen bekommen?« fragte er.
    Sie nickte gleichgültig, und einer der Männer rannte in den Busch hinein.
     
    Man löste ihm die Handfesseln, damit er während der Tagesstunden den sechs Wilden beibringen konnte, wie Jeep und MGs zu bedienen und zu pflegen waren.
    Doch es mangelte ihnen an Neugier. Hätte er behauptet, daß kleine grüne Männer in den Patronen säßen und die Kugeln mit den winzigen Füßchen hinausstießen, wenn sie zornig wurden, so hätten sie das vermutlich auch geglaubt. Aber sie lernten allmählich, wie sie den Jeep in Bewegung setzen und wieder anhalten konnten und wie sie die MGs laden, wie sie zielen und abdrücken mußten.
    Das Mädchen saß teilnahmslos dabei, doch sie mußte zugehört haben. »Du sagst ihnen jetzt nichts Neues mehr«, stellte sie fest. »Gibt es denn nichts mehr?«
    »Noch viel mehr«, beeilte er sich zu sagen. »Aber das würde Monate dauern. Wenn zum Beispiel etwas nicht funktioniert ...«
    »Wenn etwas nicht funktioniert, fängst du eben von vorne an«, erklärte sie, als spreche sie aus langer Erfahrung. »Mehr kannst du nicht tun. Wenn ich den Todeswein für die Speerspitzen mache, und er tötet nicht, dann habe ich vielleicht eine Pflanze zur falschen Zeit gepflückt. Dann muß ich das Gift noch einmal machen. Und so ist es auch mit meinen Männern und dem Jeep.«
    »Nein, ganz so ist es nicht!« versicherte er ihr aufgeregt, weil sie einem der Speerträger zunickte, der einen Schritt vortrat. »Jemand muß doch lernen, wie man einen Jeep oder eine MG reparieren kann. Wenn sie einen Schaden haben, nützt es nichts, noch einmal von vorne anzufangen.«
    »Wir nehmen ihn mit«, stellte sie ganz einfach fest. Charles konnte nur staunen über ihre unbeteiligte Art zu bestimmen, denn weder hob sich ihre Stimme, noch verzog sie einen Gesichtsmuskel. Sie schaltete damit jeden Widerstand von seiner Seite her aus, denn sie wußte genau, wer sie war und was sie tat.
    Man legte ihm eine Art Joch aus jungen Baumstämmen um den Hals und band auch seine Handgelenke daran. Das Mädchen erhob sich mit einer erstaunlich fließenden Bewegung nach so langer Bewegungslosigkeit in der Hockstellung und ging, flankiert von zwei Speerträgern, voran. Die anderen vier folgten im Jeep im Schrittempo. Charles machte den Schluß. Niemand brauchte ihn zu drängen. Er wußte, in seinem Joch wäre er in wenigen Stunden erledigt, wenn er sich von seinen Gefangenenwärtern trennen würde.
    Nur am Leben bleiben, sagte er sich vor. Einmal kann ich diese Wilden dann schon übertölpeln. Doch es war gar nicht so einfach. Das breite Joch hinderte ihn daran, zwischen Büschen und Bäumen durchzuschlüpfen, und so blieb ihm nichts

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