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Schwarze Dynastie

Schwarze Dynastie

Titel: Schwarze Dynastie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. M. Kornbluth
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die Kraft. Weißt du das nicht, daß die Göttin Eisen und Maschinen haßt? Ich hatte die Kraft der Göttin in mir, und jetzt ist sie weg. Jetzt hat keiner mehr vor mir Angst ... Aber zeig mir jetzt, wie ich mit den Waffen arbeiten kann.«
    Er zeigte es ihr geduldig, und die Männer machten dazu schlechte Witze. Martha überhörte sie und wiederholte grimmig jeden Ausdruck und jeden Handgriff, den er sie lehrte. Sie war sehr klug. »Martha«, flüsterte er ihr zu, als die anderen nicht aufpaßten, »ich kann nichts dafür. Es tut mir leid.«
    »Ich weiß«, flüsterte sie zurück. »Dich mag ich. Es hat mir leid getan, als ich sah, wie der andere Mann dein Essen wegnahm. Und jetzt werde ich nie mehr etwas sehen! Niemand wird mich mehr fürchten!« Sie begrub ihr Gesicht an Charles' Schulter.
    Mechanisch strich er ihr über das wirre Haar. »Reicht euch das noch immer nicht?« fuhr er die Männer an, die grinsend zusahen.
    »Ich glaub schon«, gab der Anführer ein wenig verlegen zu und bestieg den Jeep. »Komm, Mädchen.« Er schob Martha vom Sitz herunter und versetzte ihr einen Fußtritt in Richtung Dorf. Charles kam dem ihm zugedachten Speerstich gerade noch aus und kehrte zu seiner Blockhütte zurück.
    »Ich hab' über das nachgedacht, was du neulich gesagt hast«, erklärte Kennedy eifrig und feilte dabei eine Speerspitze zurecht. »Wenn man jedes Molekül der Vergangenheit verändert ...«
    »Hör bitte auf, Kennedy, diesmal wenigstens«, bat Charles. »Ich muß nachdenken.«
    »Wie meinst du das, Charles? In dem Sinn vielleicht, daß du ein rationales Tier bist und ...«
    »Wenn du jetzt nicht sofort still bist, schlage ich dir den Schädel ein«, brüllte Charles, und er meinte es auch so. Beleidigt und fast ein wenig geängstigt hockte sich Kennedy vor das Feuer. Charles stützte den Kopf in die Hände.
    Ich habe dir zugehört. Jetzt werde ich nie mehr etwas sehen.
    Wie das Hexenmädchen ihre Rivalin ausgeschaltet hatte ... Nein, das war Einbildung. Aber ...
    Ich habe dir zugehört. Warum bist du deinen Brüdern untreu?
    Er dachte an Psi-Kräfte, an Gedächtnisfragmente, an Aberglauben. Unsinn. Aber ...
    Charles schlug mit der Faust auf den Sandboden. Wütend wehrte er sich dagegen, ebenso wahnsinnig zu werden wie Kennedy. Hatte Martha, das Hexenmädchen, vielleicht doch Psi-Kräfte?
    Ein neurotisches kleines Mädchen in einer Bauernhütte mit Öllampe; immer kracht, faucht oder stampft da etwas. Das geschieht nicht in hellen Städten und bei vernünftigen, gutgenährten Leuten mittleren Alters. Man nehme eine Jungfrau mit Schilddrüsenüberfunktion, isoliere sie von jeder Zivilisation und allen Angehörigen, übe Druck auf sie aus und suggeriere ihr das Gefühl des Verlassenseins; dann segelt bald ein Nachttopf unter dem Bett hervor und zersplittert krachend auf dem Schädel eines Quälgeistes. Oder der goldgerahmte Großvater stürzt sich erbittert auf einen ungetreuen Verehrer und schlägt ihn endgültig in die Flucht. Selbstverständlich hat sich der Nagel kristallisiert, deshalb brach er. Wer hat den Nagel kristallisiert, der es selbst ja nicht konnte?
    Neurotische junge Mädchen sprechen bisher unbekannte Fremdsprachen, lesen geschlossene Bücher und schreien laut, wenn Mutter oder Schwester bei einem Eisenbahnunglück hundert Meilen weit weg zu Tode kommen oder irgendwo in Übersee an Krebs sterben.
    Manchmal machte man solche überreizte junge Mädchen zu Heiligen – Therese von Lisieux zum Beispiel –, oder man verbrannte sie, um sie erst dann zu Heiligen zu machen – wie Jeanne d'Arc, die Stimmen hörte und Visionen hatte.
    Vor drei Tagen war durch den größeren Spalt ein Stück Wildbret in die Hütte geworfen worden. Er hatte ein wenig gedöst, und Kennedy briet heimlich das Fleisch und aß es allein auf. Er schmatzte und seufzte noch vor Befriedigung, als Charles aufwachte. Er hatte nichts gesagt, weil Kennedy nicht für sich selbst verantwortlich war. Und doch hatte das Kind davon gewußt.
    Es hat mir leid getan, als ich sah, wie der andere Mann dein Essen wegnahm.
    Seine Tage waren gezählt. Bald war kein Tropfen Benzin mehr im Jeep, die Munition für die MGs war verbraucht, und Ersatzteile für schadhafte Teile gab es nicht. Dann würde er nach der Logik des Hexenmädchens überflüssig sein.
    Irgendwie mußte es einen Ausweg geben.
    Als wieder ein Stück Wildbret durch den Spalt geworfen wurde und Kennedy danach griff, schlug Charles ihm die Hand weg. »Du bist unverschämt«, sagte er

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