Schwarze Dynastie
ein Bordell begeben, wo ihn ein Leutnant aufstöberte und ihm meldete, diese bewußte Frau sei gefunden. Grinnel verlangte, sie müsse sofort geholt werden. Während er sich anzog, erklärte ihm der Leutnant, das Mädchen sei ein richtiges Syndikatsmitglied und habe den Burschen als Charles Orsino, ebenfalls Syndikat, identifiziert. »Darf ich fragen, weshalb Sie so sehr daran interessiert sind?« erkundigte er sich vorsichtig.
»Nein, das dürfen Sie nicht«, knurrte der Commander. »Der Mann gehört nämlich mir, mein Freund. Entweder stimmt mit dem Mädchen etwas nicht, oder Van Dellen, sein Polygraph-Techniker und ich wurden gewaltig hinters Licht geführt.« Fein, wie ich das hingedreht habe, überlegte er. Van Dellen und der Techniker hängen jedenfalls mit drinnen ... Der Techniker konnte vielleicht bestochen gewesen sein? Nein. Wymans Reaktionen beim großen Test waren einwandfrei gewesen ...
»Wir haben sie im dritten Stock, Commander«, berichtete der Leutnant. »Sie kommen über eine Leiter hinauf. Wir hatten nämlich ziemliche Schwierigkeiten mit ihr.«
»Du lieber Himmel, ist sie weggelaufen?«
»Nein, wenigstens bisher noch nicht. Die Marine G-2 und die Geheimdienstschule der Garde haben aber versucht, sie uns zu entreißen, erst mit einem Requisitionsbefehl, dann mit Muskelkraft. Wir hoffen, sie so lange behalten zu können, bis wir von Island Nachricht bekommen, daß unsere Meldung eingegangen ist. Dann kann uns nichts mehr passieren.« Dazu lachte der Leutnant. Grinnel verzog dazu keine Miene, denn die Leiter war recht beschwerlich für ihn.
Lee Bennets Wohnung war ein abgeschlossenes Speicherabteil. Tür und Vorhängeschloß wirkten recht eindrucksvoll. Der Leutnant klopfte. »Bist du wach, Lee?« rief er. »Hier ist ein Offizier, der mit dir über Orsino reden will.«
»Reinkommen!« rief sie.
Die Hand des Leutnants flog über das Schloß, und die Tür sprang auf. Das Mädchen saß am einzigen Fenster. Es war sehr dunkel.
»Ich bin Commander Grinnel, meine Liebe«, sagte er. Nach acht Stunden Bordell konnte er sich väterliche Gefühle leisten. »Wenn dir die Zeit jetzt nicht paßt, kann ich später wiederkommen«, schlug er vor.
»Schon gut«, meinte sie gleichgültig. »Was wollen Sie wissen?«
»Der Mann, den du als Orsino identifiziert hast – du meine Güte, das war ein Schock für mich! Commander Van Dellen, der vor wenigen Tagen als Held gestorben ist, hielt ihn für absolut zuverlässig, und ich tat es zugegebenermaßen auch. Er bestand mühelos sämtliche Tests.«
»Was kann ich dafür?« antwortete sie mißmutig. »Er kam auf mich zu und sagte mir, wer er ist. Natürlich erkannte ich ihn. Er ist ein Polospieler. Ich hab den verdammten Snob oft genug gesehen. Im Syndikat ist er nur ein kleiner Pinscher, aber dem F. W. Taylor steht er nahe. Orsino ist Waise. Ich weiß nicht, ob Taylor ihn adoptiert hat, ich glaube aber nicht.«
»Kein Irrtum möglich?«
»Ausgeschlossen, daß ich mich irre.« Sie begann zu zittern. »Du lieber Himmel, glauben Sie vielleicht, Commander, ich vergesse eine von diesen grinsenden Fratzen? Oder was mir diese Leute angetan haben? Ihr könnt ruhig den Lügendetektor wieder an mir ausprobieren. Ich lasse mich nicht gern eine verdammte Lügnerin heißen! Hören Sie, lassen Sie den Lügendetektor holen!«
»Bitte, bitte«, versuchte der Commander sie zu beruhigen. »Ich glaube dir doch, meine Liebe! Niemand würde deine Aufrichtigkeit anzweifeln. Und nun gute Nacht, meine Liebe, und vielen Dank für deine sehr wertvolle Hilfe.« Zusammen mit dem Leutnant verließ er den Raum. »Na, Mister?« schnappte er, als die Tür geschlossen war.
Der Leutnant zuckte die Achseln. »Wir haben es längst aufgegeben, ihr mit dem Lügendetektor zu kommen, weil er völlig sinnlos ist. Wir sind überzeugt, daß sie auf unserer Seite steht. Wir glauben sogar, daß sie die Bürgerschaft verdient.«
»Na, das sollten Sie ja nun wirklich besser wissen«, knurrte der Commander, als sie die Leiter hinabkletterten.
Lee Bennet hatte sich auf ihr Bett geworfen. Ihre Augen waren trocken. Sie hätte gerne geweint, doch die Tränen blieben ihr versagt. Sie konnte nicht mehr weinen, seit diese drei betrunkenen Schurken ihr ihre Männlichkeit und gleichzeitig ihre Immunität als Syndikatsangehörige bewiesen hatten. Nein, weinen konnte sie nicht mehr.
Und Charles Orsino gehörte der gleichen Bande an. Hoffentlich rösteten sie ihn recht langsam und qualvoll ...
Sie wußte, daß
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