Schwarze Flotte 03 - Entscheidung bei Koornacht
Unterstände von Team Alpha hatten die ganze Nacht gegen ihre Vertäuung angekämpft, als wollten sie sich jeden Augenblick in die Lüfte erheben und über das Ödland davonflattern.
Als Teamchef Bogo Tragett seinen Schutzanzug anlegte, um nach der Ausgrabungskuppel zu sehen, stellte er fest, dass der risssichere Tunnel, der den Unterstand mit der Kuppel verband, der Länge nach aufgefetzt war und sich in winzige gelbe Fähnchen verwandelt hatte, die jetzt an den Spannkabeln flatterten. Die Sicht war beinahe auf jene Marke gefallen, die man als Whiteout bezeichnete, und die keine fünf Meter entfernte leuchtend blaue Arbeitskuppel war von Schneeböen vor Tragetts Blicken verborgen.
Im Innern der Kuppel fand Tragett ein eiskaltes Heizgerät, eine hochaufgetürmte Säule aus kristallinem Weiß, und einen stetigen Wirbel aus Schneepartikeln, die durch die Lüftungsöffnungen am Boden hereinwehten. Das Heizgerät hatte in nicht einmal zehn Stunden seinen Brennstoffvorrat für drei Tage verbraucht und dann den Kampf aufgegeben und vor der Kälte kapituliert.
Tragett schloss sich ihm an. Er ging durch den noch intakten Verbindungstunnel zu dem Unterstand mit den Vorräten und rief von dort die Penga Rift, bat um Abholung und forderte dann über die Sprechanlage den Rest des Teams auf, so viel von ihren persönlichen Habseligkeiten und den Geräten des Teams mitzunehmen, wie ihre Rucksäcke aufnahmen. Dann galt es zu warten, bis die Wetterbedingungen sich genügend gebessert hatten, dass sich das für Schlechtwettereinsatz freigegebene Shuttle der Expedition zu ihnen durchkämpfen konnte.
Sie mussten drei Stunden warten, in deren Verlauf sich Tragetts Unterstand aus seinen Verankerungen löste und gegen die Windseite der Ausgrabungskuppel geschleudert wurde. Ehe der Unterstand in sich zusammengebrochen war und sich losgerissen hatte, hatte er ein Drittel der Kuppel eingedrückt und die Gesichter von zwei Teammitgliedern so weiß wie die umgebende Landschaft werden lassen.
Aber Dr. Joto Eckels erwog keinen Augenblick, Team Alpha an Bord der Penga Riß Linderung zu gewähren. Er bedauerte den Verlust von Anlagen und die bei N3 investierte Zeit, die beide keine Ergebnisse gebracht hatten – aber es gab noch viele geeignete Stellen und viel zu wenig Zeit. Darauf vertrauend, dass Tragett sich schon darum bemühen würde, sein Team zu motivieren, hatte Eckels das Shuttle zu der relativ milden Küstenfundstätte S9 entsandt, wo die Temperatur im Morgengrauen nur sechsundzwanzig Grad unter dem Gefrierpunkt betrug und kaum Windbewegung festzustellen war.
»Wir haben sämtliches Ersatzgerät von Kuppeln bis Bohrerspitzen ins Shuttle verladen«, informierte Eckels Tragett, als das Shuttle sich in südliche Richtung wandte, statt in Richtung Orbit aufzusteigen. »Sie sollten alles vorfinden, was Sie benötigen. Ich würde sagen, dass Sie bis Einbruch der Nacht eingerichtet sein sollten – dann können Sie gleich morgen früh weitermachen.«
Tragett, Veteran seines Berufs und Pragmatiker, hatte Verständnis für die Beweggründe der Entscheidung. »Positiv Penga Rift. Aber wenn das der Plan ist, würde ich gerne Tuomis austauschen und jemand anderen runterholen. Er hat Budenkoller und ist im Augenblick ziemlich durcheinander.«
»Aufhauarbeiten finden zur Hälfte im Freien statt«, sagte Eckels. »Das könnte ihm ganz gut tun, allein schon, wenn er wieder den Horizont zu sehen bekommt. Und harte Arbeit ist für den Zustand der Leute wesentlich besser, als wenn sie die ganze Nacht rumliegen und bloß auf das Heulen des Windes lauschen. Ich schlage vor, wir warten bis morgen früh und überlegen dann noch einmal, was zu tun ist.«
Als die Alphateamkrise somit gelöst war, wandte die Penga Rift sich wieder ihren normalen Orbitalen Pflichten zu und Eckels fragte die anderen Teams nacheinander nach ihren Tagesberichten ab. Team Beta führte von einem Camp auf einer mächtigen Eisscholle aus eine Tiefwasseruntersuchung durch; Team Gamma suchte die Berghänge über dem Stopa-Krenn Gletscher nach nomadischen Artefakten und postkatastrophalen Qellawohnstätten ab.
»Sie haben noch einen Tag, um dort oben abzuschließen«, ließ Eckels den Leiter des Betateams wissen. »Dann verlege ich Sie nach S-Elf. Da Alpha bei N-Drei nicht weitermachen kann, haben wir immer noch keine Stadt untersucht – und deshalb erkläre ich das für die restliche Zeit zur obersten Priorität.«
»Verstanden, Dr. Eckels. Hier keine Einwände – was wir
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