Schwarze Heimkehr
Blutvergiftung will einfach nicht verschwinden.«
»Dr. Stansky sagt, die Infektion sei wegen ihres geschwächten Zustandes so hartnäckig.«
»Zweifellos.« Jenny runzelte die Stirn. »Aber ich finde die Sache trotzdem merkwürdig. Man sollte davon ausgehen, daß sie mit unserer Hilfe in der Lage ist, mit der Blutvergiftung fertig zu werden. Rachel ist zwar geschwächt, aber keine achtzig Jahre alt.« Sie schüttelte den Kopf. »Aber die Blutvergiftung bleibt - und wird sie töten. Wenn sie überhaupt noch eine Chance haben soll, müssen wir diese Niere bekommen.«
Croaker hielt die Unterlagen hoch, die Majeur ihm gegeben hatte. »Dann habe ich gute Nachrichten. Hoffentlich.«
Als er ins Licht trat, bemerkte Jenny die Kratzer und Quetschungen. »Mein Gott«‚ sagte sie. »Was ist denn mit Ihnen passiert?«
Croaker legte eine Hand auf seine unrasierte Wange mit den rauhen Bartstoppeln. Er spürte immer noch einen pochenden Schmerz wegen des Schlages, den Antonio ihm versetzt hatte. »Ich scheine mich den gefährlichen Strömungen des Lebens zu sehr auszusetzen. Kein Grund zur Sorge. Stansky hat mich mit spitzen Fingern zusammengeflickt, während er sich herabgelassen hat, mit mir zu sprechen. Bei seiner Einstellung hat es mich überrascht, daß er mich nicht angezeigt hat.«
Er reichte ihr die Unterlagen. »Jenny‚ ich möchte, daß sie mir sagen, ob dies eine Chance für Rachels Rückkehr ins Leben sein könnte.« Ihre Blicke trafen sich für einen Moment. »Und kein doppelzüngiges, medizinisches Fachchinesisch, okay?«
Sie zögerte einen Augenblick lang, und Croaker er?“ kannte, daß sie darüber nachdachte, was er da von ihr verlangte. Ärzte mußten lange und hart arbeiten, bis sie ihren Status als Halbgötter erreicht hatten, und wenn man einen Mediziner darum bat, dieses Privileg auch nur für einen Moment aufzugeben, verlangte das ein beiderseitiges Vertrauensverhältnis.
Schließlich nickte sie. »Ich werde offen mit Ihnen reden, egal, was es kostet.«
»Ich weiß das zu schätzen.«
»Verdammt, das sollten sie auch.« Sie blickte in die Unterlagen. »Erwägen sie ernsthaft, dieses nicht registrierte Organ für eine Transplantation zu verwenden, Lew?« fragte sie nach einem Augenblick.
»Das hängt davon ab. Existiert dieses Organ?«
»Die Unterlagen scheinen authentisch zu sein, aber ….«
»Dann sollten wir sie nehmen.«
»Aber ….« Jenny blickte auf, und ihre Augen blitzten im Licht der Deckenbeleuchtung smaragdgrün.
»Kein Aber. Wenn Rachels Leben gerettet werden kann, ist das alles, was interessiert.«
Jenny fuhr ihm schroff über den Mund. »Aber der springende Punkt ist, daß sie nicht wissen, wo diese Niere herkommt.«
Er tippte auf das oberste Blatt der Unterlagen. »Wenn ich von dem ausgehe, was da steht, kommt die Niere von der gleichen Organisation, von der sie und jeder andere Arzt Organe beziehen: vom United Network of Organ Sharing.«
»Richtig.« Ihr Blick verriet Erregung. Was war los? »Aber genau das ist unmöglich, weil ich unzählige Male im Computernetzwerk des UNOS recherchiert habe. Ich schwöre Ihnen, daß keine Niere verfügbar war.« Sie hob die Unterlagen hoch. »Ich habe vor ein paar Stunden zwischen zwei Operationen - alles noch einmal überprüft. Mit den Updates geht es nicht so schnell. Aber diese Niere ist nicht registriert. Es ist illegal.«
Croaker spürte, daß seine Knie zu zittern begannen. All die Schmerzen, die er an diesem zermürbenden Tag erlitten hatte, schienen ihn plötzlich aufs neue zu quälen. »Jenny, tun sie Rachie das nicht an. Sie haben mir doch erzählt, daß sie in ihrem Fall die Möglichkeit erwägen könnten, die Transplantation auch mit einem nicht registrierten Organ durchzuführen.«
»Ein Augenblick der Schwäche - oder des Wahnsinns.« Jennys Gesichtsausdruck wirkte bestürzt. »Für Rachel, für Sie, ich weiß nicht, für wen.« Sie schüttelte den Kopf. »Jetzt spielt es keine Rolle mehr, weil ich das wenige, was mir an geistiger Gesundheit noch geblieben ist, zurückerlangt habe. Ich werde keine nicht registrierte Niere anrühren.«
»Auch nicht, um Rachels Leben zu retten?«
»Nein«, sagte sie ruhig. »Sogar dann nicht.«
Eine beinahe greifbare Spannung lag zwischen ihnen.
Jenny war eine starke Persönlichkeit, die ihre Prinzipien hatte, was nichts Schlechtes war. Aber konnte sie seine verzweifelte Lage verstehen? Es ging schließlich nicht um ihre Nichte. Jenny hatte nicht vor langer Zeit ein kleines
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