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Schwarze Heimkehr

Schwarze Heimkehr

Titel: Schwarze Heimkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric van Lustbader
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Capri-Shorts. Der Geruch des dampfenden Asphalts der Stadt hatte einem Parfüm geglichen, das alle Mädchen aufgelegt hatten »Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn wir uns nach draußen setzen?« fragte Jenny. »Nach Operationen kann ich Menschenmassen nicht ausstehen. Ich fühle mich, als lägen meine Nerven blank.« Ihre Schönheit wurde zu Croakers Überraschung nicht durch ihre Erschöpfung beeinträchtigt. Ganz im Gegenteil, die Rauheit ihrer Verletzbarkeit verstärkte ihren Reiz noch. »Zuviel menschliches Fleisch und Blut.«
    Croaker, der sich plötzlich seiner heftigen Kopfschmerzen bewußt wurde, konnte sich in ihre Lage versetzen. »Soll mir recht sein. Ich bin der Klimaanlage zu nahe gekommen.« Draußen hatten sie die Terrasse, die mit einer riesigen blauen Markise überdacht war, ganz für sich. Eine Bedienung zündete die Kerzen an. Die Flammen begannen sofort unter den Windstößen zu flackern und warfen nervös zitternde Schatten an die Wand.
    Jenny verlangte einen Whisky, und Croaker bestellte bei der dunkeläugigen jungen Kellnerin Sodawasser mit zwei Limonen und einen großen Espresso. Als er neben Jenny auf einen Stuhl sank, bemerkte er, daß das Grün ihrer Augen in dem kerzenbeleuchteten Halbdunkel heller wirkte.
    Der Regen trommelte heftig auf den Stoff der Markise und spritzte tröpfchenweise auf das asphaltierte Dock. Die Kellnerin kam mit den Getränken und zwei Speisekarten zurück.
    Croaker kippte sein Sodawasser mit zwei langen Schlucken hinunter und wandte sich dann dem Espresso zu. »Da wir uns ja jetzt mit dieser Möglichkeit nicht mehr beschäftigen müssen, möchte ich eines wissen«, sagte er. »Wissen sie persönlich und inoffiziell mehr über den illegalen Organhandel?«
    Jenny schien sein Gesicht mit jener verzückten Aufmerksamkeit zu studieren, die sie sonst zweifellos für die aufgeschnittenen Körper bei ihren Operationen reservierte. »Ist das wegen Rachel bei Ihnen irgendwie zu einer Obsession geworden?«
    »Ja«‚ gab Croaker zu. »Wegen Rachel, aber es gibt auch noch andere Gründe.«
    Ihre Stimme klang plötzlich intensiv. »Gründe, die für Polizisten interessant sind, Cop?«
    »Sie haben meine Frage nicht beantwortet.«
    »Nein, ich weiß nichts darüber. Ich habe Ihnen ja bereits erzählt, wie ich über den illegalen Organhandel denke. Ich halte ihn für einen Fluch.«
    Die Kellnerin kam zurück und fragte, ob sie bestellen wollten. Jenny orderte einen Tex-Mex-Salat und gebratenen Pompano mit Pasta, und Croaker schloß sich ihr an.
    Als sie wieder allein waren, ergriff Croaker das Wort. »Und trotzdem waren sie heute bereit, bei der Transplantation eine Niere einzusetzen, deren Herkunft sie nicht kannten.
    »Ja, ich habe darüber nachgedacht« Jenny nippte an ihrem Whisky. »Irgend etwas hat mich an die Universität erinnert.« Sie blickte ihn über den Rand ihres Glases hinweg an. »Es gab da Zeiten, als ich mich wie eine Novizin in einem Kloster fühlte, die sich sexuellen Tagträumen hingibt. Meine Professoren erörterten bestimmte Behandlungsmethoden, und ich bezweifelte sie. Stimmt das? Gibt es keinen anderen Weg oder eine bessere Methode?« Ihre Schneidezähne klickten sanft gegen das Glas. »Diese ketzerischen Gedanken tauchten nur zu bestimmten Zeiten auf, wenn es sich bei den erörterten Methoden um solche handelte, für die es noch keine ausreichenden Erklärungen gab. Sie funktionierten einfach, und niemand wußte, warum. Aber all diese Behandlungsmethoden - beispielsweise für Krebs - hatten für die Patienten ernsthafte Nebenwirkungen. Ich habe mich damals gefragt, ob wir mehr Schaden anrichten, als Gutes zu tun. Natürlich - die meisten? Patienten wurden gerettet. Aber sie hatten sich verändert waren geschwächt, angeschlagen. Wie bei einer Sanduhr durch die Sand rinnt, hatten unsere unantastbaren Behandlungsmethoden den Patienten zusammen mit der Krankheit auch Jahre ihres Lebens genommen.«
    Ein Windstoß fegte über den Kai, und die Kerzenlichter begannen wieder zu flackern. Auf den benachbarten Tischen erloschen einige Kerzen.
    »An all dies mußte ich in dem Augenblick denken, als ich mit Ihnen zusammen war. Die Niere. Ich hatte wieder einen meiner ketzerischen Gedanken, aber jetzt ist es vorbei. Jetzt ist in meinem Leben wieder alles am richtigen Platz.«
    Croaker trank seinen Espresso. Er wartete geduldig, weil er wußte, was los war. Sie hatte ihm die Wahrheit erzählt. Auch der Vergleich mit der Novizin war stimmig. Die Medizin war für sie

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