Schwarze Heimkehr
existierte nicht.
Bennies Pupillen bewegten sich. Er starrte zu Joe hinauf, der sich gemütlich um Croakers Schultern wand. »Träume ich,
Amigo
?« fragte er mit trockener und belegter Stimme. »Was zum Teufel sehe ich da?«
»Das ist Joe, eine Indigo-Riesenschlange. Sie ist verdammt freundlich.«
»Ihr seid doch alle verrückt.«
»Überhaupt nicht. Sie hat nicht nur Charakter, es ist auch angenehm, sie in der Nähe zu haben. Joe jagt andere Schlangen, einschließlich der Zwergklapperschlangen, die dich ganz hübsch beißen könnten.«
»Kriegt sie auch die Wasserschlangen? Ich hasse die verdammten Viecher«
»Die gibt's hier nicht«, sagte Croaker. »Keine Wasserschlangen. Das Wasser der Everglades ist zu salzig.«
Bennie schloß die Augen. »
Dios
.«
Croaker lauschte auf den Sturm, der sich schnell näherte. Er spürte schon den Druck in den Ohren. Wie zur Bestätigung begann der Donner unheilvoll zu dröhnen. Croaker blickte auf den Mann hinab, den er in seinen Armen hielt. Überlebende von Erdbeben oder Bombenexplosionen hatten diesen leeren Gesichtsausdruck - als wäre ihre Seele halb ausgelöscht.
»Wie fühlst du dich, Bennie?«
Bennie riß die Augen auf. »Weder tot noch lebendig. Noch nicht.« Er wirkte unnatürlich unterwürfig, beinahe reuevoll. »Hör zu,
A
migo
. Ich muß dir was sagen.«
»Nicht jetzt«, sagte Croaker. »Ruh dich aus.«
»Wenn nicht jetzt, wann dann?« Croakers Schweigen spornte ihn an. »Ich will nicht leugnen, daß ich dich angelogen habe.
Pero esto es agua pasada no mueve molino.
« Das gehört alles der Vergangenheit an. »Ich mußte es tun. Die sterblichen Überreste meines Großvaters sind alles, was mir von ihm geblieben ist. Ich mußte sicherstellen, daß sie nicht in die falschen Hände geraten.«
»In die von Antonio und Heitor?«
»Das wäre eine Katastrophe«‚ gestand Bennie ein. »Die ganze Macht meines Großvaters würde ihnen gehören.«
»Dann hatten sie sie also nie?«
»Natürlich nicht. Sie hätten sich nie einverstanden erklärt, sie mir zu verkaufen. Sie hätten mir nicht mal verraten, ob sie sie haben.«
Croaker beobachtete das Flackern der Kerzen. Sie wirkten wie Symbole des Sturms und der unsicheren Zukunft. »Wer hat sie? Wen wolltest du heute um Mitternacht treffen?«
»Roubinnet.«
»Rafe? Komm schon. Mach mir nichts vor.«
Bennie seufzte. »Ich bin nicht überrascht, daß du mir nicht glaubst. Enttäuscht, aber nicht überrascht. Meine Schuld. Aber es ist die Wahrheit, mein Wort in Gottes Ohr.«
»Warum sollte ich dir glauben?«
Bennie versuchte erfolglos zu lachen. »Ich kann mir keinen guten Grund vorstellen.« Er schloß kurz die Augen und schien verborgene Kraftquellen zu erschließen. »
Mira,
A
migo
. Ich habe einen Fehler gemacht. Ich habe dir nicht vertraut. Was wirst du jetzt tun? Wirst du mich lebenslänglich verdammen? Gibt es keinen Weg der Wiedergutmachung? Ob gut oder schlecht, mein Schicksal liegt in deinen Händen, Lewis.«
Croaker schwieg eine Zeitlang. Er sah nichts an und hörte alles, genau wie Stone Tree es ihn gelehrt hatte. »Erzähl mir über deine Verbindung zu Rafe«, sagte er endlich.
Bennie holte tief Luft, als hätte er bis zu Croakers Entscheidung den Atem angehalten. »Damals‚ als er noch Bürgermeister von Miami war, ließ sich Rafe auf Geschäfte mit einem Kolumbianer namens Gabriella ein. Gabriella war ein wirklich cleverer Kerl. Er hat ihn übertölpelt. Aber dann wanderte er in den Knast.«
»Was ist geschehen?« fragte Croaker.
»Nur Scheiße.« Bennie war offensichtlich angewidert. »Der Idiot entschloß sich, Rafes Geld in den Drogenhandel zu stecken. Warum auch nicht? Er träumte von Tonnen von Geld, dem Leben der oberen Zehntausend und jeder Menge Macht. Die ganze verdammte Sache stieg ihm zu Kopf.« Bennie schüttelte den Kopf. »Wie dem auch sei, er kaufte diesen großen deutschen Schäferhund und brachte ihn zu einem Jugendfreund, einem Tierarzt. Der Tierarzt schlitzte dem Hund vorsichtig den Bauch auf, und Gabriella gab ihm ein Dutzend Plastiktüten mit Kokain, die der Tierarzt in die Bauchhöhle des Tieres einnähte. Dann ließ Gabriella ihn in die Vereinigten Staaten verschiffen.«
»Okay. Und dann?«
»Gabriella war ein Neuling in diesem Geschäft, und der Tierarzt war nervös gewesen und hatte vergessen, die Plastiktüten zu sterilisieren. Der Schäferhund bekam eine Infektion, und die Zöllner entdeckten, daß das Tier krank war, und überstellten es den Tierärzten der
Weitere Kostenlose Bücher