Schwarze Heimkehr
für ihren Tod nicht herausfinden können. Aber er hatte die Umstände ihres Todes kennen müssen, um seine Macht in der Dienststelle zu konsolidieren.
Croaker hatte keine Möglichkeit, Darling zu kontaktieren, aber das war okay, da Darling ihm bei der ersten möglichen Gelegenheit auflauern würde. Und an einem stürmischen Nachmittag, eine Woche, nachdem Croaker und Bennie aus den Everglades zurückgekehrt waren, war es soweit gewesen. Sie hatten im Boneyard, dem Club an der Lincoln Road in South Beach, der Antonio und Heitor gehört hatte, gemeinsam Espresso getrunken. Croaker hatte Bennie erzählt, daß er den Club kennenlernen wolle, weil Rachel dort zusammengebrochen war. Aber als sie dann dort gewesen waren, hatte ihn ein seltsam nostalgisches Gefühl beschlichen, als wäre er Antonio dadurch näher gewesen.
Darlings Männer hatten sie dort aufgegriffen und mit einem schwarzen Lincoln in ein im Bau befindliches Parkhaus unter dem Stahlgerüstskelett eines zukünftigen Hotels an der Collins Avenue gebracht. Dort hatten sie Ross Darling getroffen. Die ACTF, die alles genau beobachtet hatte, hatte nur fünf Minuten benötigt, um das Parkhaus abzuriegeln und Darling und seine Agenten in Gewahrsam zu nehmen.
An diesem Tag war Croaker Spaulding Gunn, dem Direktor der ACTF, zum erstenmal persönlich begegnet. Er war ein Mann von bescheidener Statur mit grauen Haaren und Halbglatze. Durch die Nickelbrille und den ordentlich gestutzten Bart hatte er wie ein College-Professor gewirkt. Aber dieser Eindruck war sofort verschwunden, als er das Wort ergriffen hatte. Bei Gott, hatte er zu Croaker gesagt, es tut gut, Ihnen endlich die Hand schütteln zu können.
Während Croaker sich am Boot zu schaffen machte, warf er einen Blick auf das Dock.
»Lew«, rief Matty, »wann geht's los?«
Croaker sah, daß sie Bennie half, die Lebensmittel für das Mittagessen zu verstauen. Rachel hielt sich am anderen Ende des Bootes auf. Sie hatte noch keine zwei Worte mit ihrer Mutter gewechselt, seit sie Matty alles über Gideon erzählt hatte.
»Sobald ich hier fertig bin.« Er drehte sich um, während Jenny ihre Arme um seine Taille schlang.
»Woran hast du gerade gedacht?«
»An nichts.«
»Du wirkst so ernst.« Sie neigte skeptisch den Kopf. »Ging’s um Majeur? Eine Zeitlang stand es auf Messers Schneide, aber jetzt spricht er positiv auf die medizinische Behandlung an.«
»Ich habe über die Zeit nachgedacht, die ich für die Regierung der Vereinigten Staaten gearbeitet habe.«
»Komm schon, Lew.« Sie nahm ihn in die Arme. »Keine düsteren Gedanken. Das sollte doch eigentlich Rachels Coming-Out-Party werden.«
»Komisch, daß du das sagst.« Als er die schlanke Figur auf dem Dock wahrnahm, ergriff er Jennys Hand und geleitete sie zu der dem Kai zugewandten Seite des Bootes. »Ich möchte, daß du jemanden kennenlernst.«
Gideon kam mit ihrem wiegenden Gang auf sie zu. Ihr Haar glänzte blaßgolden im Sonnenschein. Sie trug abgeschnittene Jeans, die sie schwarz gefärbt hatte, und ein übergroßes Buffalo-Brand-T-Shirt, dessen Ärmel an den Schultern gekappt waren. Sie war barfuß und hatte eine akustische Gitarre auf dem Rücken, als wäre sie den Weg von Miami hierher auf dem Highway getrampt.
Sie bemerkte Croaker und winkte. Ihre Armbänder aus getriebenem Kupfer und Glasperlen klapperten glücklich. »Hi!« Sie rannte fast auf das Boot zu. »Danke, daß sie mich eingeladen haben. Das war sehr nett.« Als sie ihre Revo-Sonnenbrille abnahm, sah man ihre Kontaktlinsen, die ihre Augen wie die einer Katze wirken ließen.
Croaker lachte. »Das ist Jenny, Gideon.«
»Rachels Ärztin, ich erinnere mich.« Gideon streckte die Hand aus, und Ienny ergriff sie. »Schön, sie kennenzulernen.«
»Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite«, antwortete Jenny. »Rachie hat mir viel von Ihnen erzählt.«
Croaker hatte den Eindruck, daß Gideon errötete. Während sie ihr an Bord halfen, blickte Rachel zu ihnen hinüber und stand auf. Mit ihrer riesigen Sonnenbrille wirkte sie so dünn und bleich wie Kate Moss.
»Wie lange ist es jetzt her?« fragte Croaker.
»Ich habe seit über einem Monat nicht mal gekifft.« Croakers einzige Bedingung war gewesen, daß Gideon mit den Drogen Schluß machte, wenn sie Rachel weiterhin treffen wollte.
»Geht’s Ihnen gut?« fragte Jenny.
Gideon lachte. »Schauen sie nicht so besorgt, Doc. Es überrascht mich zwar, aber es hat eindeutig Vorteile, clean zu sein.«
Rachel schmolz in Gideons
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