Schwarze Heimkehr
Leitungswasser war keinesfalls eiskalt - was in Florida nie der Fall war -, aber Matty reagierte trotzdem. Sie schrie nicht mehr und trat nicht mehr nach ihm, aber er fühlte, wie ihr Ellenbogen schmerzhaft gegen seine Rippen stieß. Er grunzte und drückte ihr Gesicht tiefer in das Waschbecken.
Sie versuchte etwas zu sagen, und Croaker beugte sich über sie. »Was gibt’s?«
Er hörte einen weiteren Wortschwall und verminderte den Druck, so daß sie ihren Kopf seitlich wenden konnte.
»Ich kriege keine Luft, du Bastard«‚ keuchte sie.
»Na, da haben wir ein vertrautes Kosewort.« Er griff nach einer Rolle mit Papierhandtüchern, die auf einem leeren Seifenspender aus Stahl stand. Dann ließ er sie los. Matty hustete und spuckte.
Er wickelte die Papierhandtücher ab und reichte sie ihr. Sie starrte ihn an, als wüßte sie nicht, was sie da vor sich sah. Dann stöhnte sie auf und begann zu schluchzen.
»Mein Gott, Lew! O Gott!«
Er nahm sie in die Arme, drückte sie fest an sich und strich ihr über das feuchte, zerzauste Haar. Er fühlte, wie die spasmischen Zuckungen sie schüttelten und die Kräfte sie verließen, und dachte an den Moment, da er so etwas schon einmal erlebt hatte. Er war vorn schmelzenden Schneeregen durchnäßt gewesen, und das Blut seines Vater hatte an seiner Kleidung geklebt. Er hatte seine Mutter umarmt, die sich voller Kummer und Verzweiflung an ihn gedrückt hatte, und in diesem Moment des Todes hatte er für sie das Leben bedeutet. Donald Duke war gestorben, aber Matty hatte immer noch ihre Tochter. »Matty litt an Schüttelfrost und bekam ihr Zittern nicht unter Kontrolle. Verängstigt blickte sie ihn an, und die Tränen strömten ihr über die Wangen. »Lew«, flüsterte sie heiser, »es hört nicht auf« Ihre Zähne klapperten. »Was ist nur mit mir los?«
»Das ist der Schock«, sagte Croaker. »Der Schock und die Erschöpfung, Darling.« Er legte ihr die Hand auf die Stirn und strich ihr die feuchten Haarsträhnen zurück» »Ich werde dich jetzt nach Hause bringen.«
Ihre Augen hatten den verängstigten, gejagten Ein druck eines Rehs, das plötzlich in die Scheinwerfer eine Autos blickte. »Aber mein Kind Was wird mit Rachel?«
Ihr Gesichtsausdruck verriet ihm, daß sie, wenn es schlechte Nachrichten geben sollte, nicht in der Verfassung wäre, damit fertig zu werden.
Er führte sie in die Toilette und setzte sie auf den Klodeckel. »Warte hier«, sagte er. »Ich bin gleich zurück.«
In den Räumen der Dialyse-Intensivstation, die immer still waren, schien jetzt eine übernatürliche Ruhe zu herrschen. Sein Herz wurde von Angst gepackt, als er an dem Schwesternzimmer vorbeieilte. Er sah Jenny Marsh mit ein paar Krankenschwestern vor dem zugezogenen Vorhang von Rachels Abteil stehen. Sie waren in ein Gespräch vertieft. Er versuchte seine hastigen Schritte zu bremsen und verschnaufte für einen Augenblick vor dem verwaisten Schwesternzimmer.
»Im Augenblick ist alles okay«‚ sagte Dr. Marsh, als er auf sie zukam. Sie kritzelte etwas in Rachels Patientenakte. »Dr. Cortinez ist bei ihr.«
»Was zum Teufel ist passiert?«
»Ich hatte gehofft, daß sie mir das erzählen könnten. Wenn ich es richtig verstanden habe, waren sie bei ihr, als sie aus dem Koma aufgewacht ist.« Ihr Tonfall klang ein wenig tadelnd. Sie reichte die Patientenakte einer der Schwestern, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder Croaker widmete. »Sie hätten eine Schwester rufen sollen, Mr. Croaker.«
»Ich wollte es tun, aber Rachel war unerbittlich. Sie wollte nicht, daß ich sie allein ließ. Es tut mir leid. Ich weiß, daß es ein Fehler wahr, aber ich hatte keine andere Wahl.«
Jenny Marsh taxierte ihn kühl. »Rachel wacht aus dem Koma auf, was, wenn man ihren Zustand in Betracht zieht, jeder medizinischen Logik widerspricht. Wie dem auch sei, ich zweifle daran, daß sie bei klarem Verstand war, von Unerbittlichkeit ganz zu schweigen.«
»Da irren sie sich, Doc. Sie war völlig klar, und wir haben uns unterhalten.« Croaker hatte sich entschieden, den Zauberstein nicht zu erwähnen, und er wußte, daß er dabei bleiben mußte. Dr. Marshs Ausbildung hätte es ihr nie gestattet, so geheimnisvolle Erklärungen zu akzeptieren. Croaker wußte ja selbst kaum, ob er sie akzeptierte; vielleicht hatte es sich nur um einen Zufall gehandelt. Das Problem bestand nur darin, daß er nicht an Zufälle glaubte.
Jenny Marsh blickte ihn an, als wären ihm gerade Flügel gewachsen. »Meine ursprüngliche
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