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Schwarze Heimkehr

Schwarze Heimkehr

Titel: Schwarze Heimkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric van Lustbader
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unverändert sei, und er fragte sich, ob das eine gute oder schlechte Nachricht war. Vielleicht von beidem ein bißchen. Wenn kein Wunder geschah, war es das Beste, auf das sie im Moment hoffen konnten.
    Rachel lag auf dem Rücken wie früher, als er sie verlassen hatte. Sie war bewußtlos und an so viele Schläuche angeschlossen, daß sie wie irgendeine mythische, postmoderne Kreatur wirkte, die halb Mensch und halb Maschine war. Schatten, so regungslos wie der Tod, hüllten sie wie Leichentücher ein, und Croaker spürte, wie sich ein frischer Schrei des Widerstandes in ihm erhob. Er durfte es nicht zulassen, daß sie in den Gefilden des Vergessens versank, und mußte einen Weg finden, ihr eine gesunde Niere zu besorgen.
    Als er sich neben sie setzte, stellte er fest, daß er zitterte. Er ergriff mit der Rechten ihre Hände und versuchte sie zu wärmen. Er hatte den Eindruck, daß sich seine kurzen, aber eindringlichen Erinnerungen an Sonia mit seiner Wahrnehmung Rachels vermischten, fast so, als teilten sich ihre Seelen auf einer anderen Ebene der Existenz einen Raum. Vielleicht entsprach diese Empfindung seiner Art, sich seiner Nichte, nach der er sich so lange gesehnt hatte, nah zu fühlen. Aber vielleicht war diese Nacht der Nächte auch etwas Besonderes gewesen, und seine Gefühle beruhten auf etwas tatsächlich Vorhandenem. Wie auch immer, er würde sich nicht über sich selbst lustig machen, weil er so seltsame und spirituelle Gedanken hatte.
    Croaker holte Bennies Zauberstein hervor. Das Neonlicht ließ die dunkelgrüne Farbe stumpf und gedämpft erscheinen. Er wendete ihn einige Male zwischen den Fingern. Der Stein sah für ihn genauso aus wie Tausende anderer vom Wasser geschliffener Steine, die man an einem Strand fand.
    Trotzdem legte er ihn vorsichtig zwischen Rachels Brüste. Der Stein lag dunkel und schwer da, beulte das Betttuch ein, mit dem sie zugedeckt war. Er blickte auf ihr Gesicht, wollte sie ins Leben zurückholen, aber natürlich passierte nichts.
    Er wartete, und die Zeit zog sich in die Länge, während die vielen Apparate piepten, die Flüssigkeit aus den Infusionsgeräten in ihren Körper tröpfelte und Rachel weiterhin tief im Koma lag.
    Schließlich streckte er die Hand aus, um den Zauberstein von ihrer Brust zu nehmen, und spürte eine Hitze, die ihm fast die Haut verbrannt hätte.
    »Wer ist da?«
    Croaker stutzte, als hätte ihn jemand mit einer Nadel gestochen. Er beugte sich über das Bett. »Rachel?«
    Jetzt, wo sie aufgewacht war, konnte er ihre eisblauen Augen, die so durchdringend wie fesselnd waren, sehen.
    »Wer sind Sie?«
    »Ich bin Lew, dein Onkel. Der Bruder deiner Mutter.« Er trat ins Licht, damit sie ihn besser in Augenschein nehmen konnte. »Sie wartet draußen. Ich werde sie holen.«
    »Nein!«
    Es war nur ein Flüstern, das ihn aber so erstarren ließ, als wäre es ein Schrei gewesen. Er fühlte, wie sie ihre verbliebenen Kräfte mobilisierte und seine Hand ergriff, um ihn an ihrer Seite zu halten.
    »Mein Gott, Onkel Lew. Ich habe Ich glaube, ich habe von dir geträumt.« Sie versuchte zu lächeln, aber es gelang ihr nicht. »Du bist auf einem weißen Pferd geritten, und deine Rüstung hat wie die Sonne geglänzt.«
    Er lächelte über die Vorstellung und weil er sie aufmuntern wollte. »Wir sind in Florida, Darling. Hier ist es für eine Rüstung viel zu heiß. Aber ich bin’s wirklich. Ich bin jetzt bei dir.«
    Sie drückte seine Hand. »Ich weiß, Onkel Lew.«
    »Rachel, Süße, ich werde deine Mutter holen. Sie macht sich große Sorgen um dich. Ich weiß, daß sie mit dir sprechen will.«
    »Ich aber nicht mit ihr.« Ihre Augen starrten ihn an.
    »Dann hol’ ich die Ärztin. Du hast ziemlich lange im Koma gelegen. Ich muß ihnen sagen, daß du wieder bei Bewußtsein bist.«
    »Bitte, Onkel Lew. Ich ertrage es nicht, hin- und hergestoßen zu werden. Du kannst sie gleich rufen. Aber bleib jetzt einfach nur bei mir.«
    Es war falsch, und er wußte es. Er hätte wenigstens Dr. Marsh benachrichtigen müssen. Aber er - oder genauer, seine Gefühle - schien plötzlich hilflos zu sein. Er war dazu verdammt, ihr zu gehorchen. Das war ihm längst klargewesen. Sie war seine einzige Nichte, und er würde sie bedingungslos akzeptieren. Wenn er aufrichtig war, mußte er zugeben, daß ihre große Sehnsucht, jetzt mit ihm zusammen zu sein, nur seinen größten Wunsch widerspiegelte. Er konnte sie nicht abweisen. Aber der Polizist in ihm suchte inbrünstig nach Antworten.

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