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Schwarze Heimkehr

Schwarze Heimkehr

Titel: Schwarze Heimkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric van Lustbader
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hatte sein Unterbewußtsein ihren Geruch aufgesogen. Er hatte sie gesehen, wie sie vor dem Nierenversagen gewesen war. Er ging an ihrer Seite, schweigend wie ein Schatten, aber lebendig wie ein Geist. Croaker glaubte den Ärger zu spüren, der hinter ihrer wütenden Rebellion steckte. Er wurde von der Zurückweisung durch ihren Vater und der Notwendigkeit, sich von ihrer Mutter zu lösen, genährt. Es schien klar zu sein, daß Gideon bei diesem Aufstand irgendwie die Hand im Spiel hatte. Heute nacht würde er es herausfinden.
    Am anderen Ufer des Intracoastals angelangt, folgte Croaker der Olive Avenue drei Querstraßen lang auf die Eucalyptus Street zu. Ein Streifenwagen fuhr vorbei, und der Polizist bremste etwas ab und musterte ihn, bevor er wieder Gas gab. Das war nicht überraschend - Croaker sah keinen anderen Fußgänger. Am Ende der Straße betrat er den Parkplatz des Krankenhauses und überprüfte den Thunderbird, der wie durch ein Wunder unberührt geblieben war. Er wollte eben das Krankenhaus betreten, als er hörte, wie hinter ihm eine Autotür zuschlug. Schritte knirschten auf dem Kies, der den Asphalt des Parkplatzes bedeckte.
    »Mr. Croaker?«
    Er wandte sich um und sah einen großen, fast bis aufs Skelett abgemagerten Mann auf ihn zukommen. Der Mann schlenderte nicht, rannte aber auch nicht; trotzdem machte etwas an ihm Croaker stutzig. Er trug einen eleganten, leichten Anzug, der die Farbe von Milchkaffee hatte. Sein Haar war aus der breiten, glänzenden Stirn zurückgekämmt und hatte die Farbe eines frisch geölten Gewehrlaufes. Sein Gesicht bestand fast nur aus den Kinnbacken. Ansonsten sah man noch den Schlitz eines Mundes, eine dünne, knorrige Nase und unter den hervorspringenden Brauen kaffeebraune Augen. Das genügte, um ihn als einen Mann zu charakterisieren, der sowohl Selbstvertrauen als auch Geld besaß. Wie Croaker vor einiger Zeit festgestellt hatte, traf man beides zusammen nicht oft an, und er hatte gelernt, sich Männer zu merken, die beides hatten.
    Der Mann näherte sich ihm. Seine Haut hatte die Farbe von poliertem Teakholz, und seine Gesichtszüge wiesen einen leicht lateinamerikanischen Einschlag auf. Er trug eine Aktentasche, die so glatt und dünn war, daß sie äußerst unpraktisch wirkte. Seine schwarzen Slipper waren aus Straußenleder. Er hatte eine flache Patek-Philippe-Armbanduhr um das eine Handgelenk und eine schlichte Goldkette um das andere. Sehr elegant.
    »Sie sind Lew Croaker.« Er duftete schwach nach Sandelholz und Limonen.
    »Und wer sind Sie?«
    Der bis aufs Skelett abgemagerte Mann lächelte und entblößte dabei Zähne, die sich durch jahrelanges Rauchen gelb verfärbt hatten. »Marcellus Rojas Diego Majeur.« Er reichte Croaker seine Visitenkarte.
    Croaker überflog sie schnell. Mr. Marcellus Rojas Diego Majeur war Rechtsanwalt. Das paßte.
    Er blickte auf. »Mr. Majeur, was gibt's kurz nach sechs Uhr morgens zu besprechen?«
    Majeur winkelte den linken Arm ab und blickte auf seine Patek Philippe. »Um sieben Minuten nach sechs, um genau zu sein, Sir.«
    Croaker runzelte die Stirn. »Wie lange haben sie schon auf mich gewartet?« .
    »Seit drei Uhr.« Majeur sagte das, als wäre es für ihn Routine, die Nacht auf Parkplätzen zu verbringen.
    »Sie sehen so frisch wie ein Gänseblümchen aus.«
    »Danke.« Majeur verbeugte sich leicht. »Mr. Croaker, ich frage mich, ob sie mir nicht ein paar Augenblicke Ihrer kostbaren Zeit widmen können.«
    »Jetzt nicht«, antwortete Croaker. »Ich muß ins Krankenhaus.« .
    »Ja‚ ich verstehe.« Majeur nickte traurig und schnalzte mit der Zunge, was ein glucksendes Geräusch ergab. Fehlte nur noch, daß er wie ein geliebter, betagter Onkel ein »Oh, wie schade!« ausstieß.
    »Vielleicht ein anderes Mal.« Croaker nickte. »Rufen sie mich an. Ich stehe im Telefonbuch.«
    Majeurs Gesichtsausdruck verfinsterte sich. »Es tut mir leid, aber das geht nicht, Sir. Überhaupt nicht. Jetzt oder nie.«
    »Also nie.«
    Croaker wollte sich gerade abwenden, als er in Majeurs Hand eine kleine 25er schimmern sah, die auf Croakers Bauch zielte.
    »Nein«, sagte Majeur emotionslos. »Jetzt.«
    Croaker blickte von der Mündung der fast wie ein Spielzeug wirkenden Waffe zu Majeurs Gesicht hoch.
    »Erwarten sie wirklich, daß ich glaube, daß sie mich hier auf den Stufen des Krankenhauses abknallen?«
    Majeur zuckte die Achseln. »Auch das ist schon vorgekommen.« Wie ein Blitz bei einem nächtlichen Sturm erhellte ein flüchtiges

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