Schwarze Heimkehr
sagen.«
»Barbacena.«
Roubinnets Augen zeigten einen Anflug von bei ihm unbekannten Gefühlen. »Glaub mir, Lew, du solltest über diesen Mann besser nichts wissen wollen.«
»Tut mir leid, aber ich habe keine andere Wahl.«
»Ist das wahr?«
»Es tut mir verdammt leid, aber es ist so.«
Roubinnet wartete, während sich eine Gruppe von QTip-Wattestäbchen-Rentner mit weißem Haar und weißen Schuhen quälend langsam auf ihren Wagen zu bewegten. Plötzlich wurde er ungeduldig und zog Croaker in den Schatten einer Reihe von Bäumen, die in der Mitte des Parkplatzes standen. »Weißt du wirklich, was du da tust,
compadre
?«
Croaker hatte keine Lust, über Warnungen nachzudenken, selbst dann nicht, wenn sie von Roubinnet kamen. Das konnte er sich nicht leisten. Nicht jetzt, wo Rachel zwischen Leben und Tod schwebte. Wenn der Anschlag auf Juan Garcia Barbacena die einzige Möglichkeit war, Rachels Leben zu retten, mußte er es tun. Vielleicht würde Jenny Marsh ihm beim Abendessen eine andere Alternative präsentieren, vielleicht gelang es auch einem von Dr. Stanskys Kollegen, eine passende Niere aufzutreiben. Aber Croaker wußte, daß das gewagte Gedankenspiele ohne eine reale Chance auf Verwirklichung waren. Ob es ihm gefiel oder nicht, die Realität löste das Problem selbst, und es gab nur einen Weg: Falls Jenny Marsh ihm beim Abendessen bestätigte, daß Majeurs Unterlagen über die Niere in Ordnung waren, würde er den Anwalt anrufen und das Abkommen akzeptieren. Rachels Zeit lief ab.
»Rafe«, sagte er sanft, »tu mir einfach den Gefallen und erzähl mir, was du über diesen Mann weißt.«
Roubinnet blickte auf den strahlenden Sonnenschein, der den von Bäumen gesäumten Parkplatz überflutete. »Das macht mich nicht gerade glücklich, Lew. Und ich muß dir sagen, daß ich dir damit keinen Gefallen tue.«
»Akzeptiert und zur Kenntnis genommen.«
Roubinnet zog ihn weiter in den Schatten der Bäume. Jenseits von ihnen, im gleißenden Sonnenschein, fuhren die Autos auf den Zufahrtsstraßen auf und ab wie Haie, die um ein Riff kreisten. »Hör mir zu, Lew«‚ sagte Roubinnet leise. »Barbacena ist ein Teufel. Dieser Mann kontrolliert viele Geschäfte, und die Drogen sind nur eins davon.
Erinnerst du dich, daß ich dir erzählt habe, daß Heroin jetzt wieder die neue Modedroge ist? Das ist sein Glück. Er hat zu Opiumfabriken im Fernen Osten Beziehungen, die hochwertiges Heroin herstellen. Barbacena hält sich so im Hintergrund, daß er praktisch unsichtbar ist. Er gehört zu den wenigen Menschen, an die niemand herankommt.«
»Du meinst, er wird beschützt.«
»Genau.«
»Okay. Von wem?«
»Von Politikern. Von Regierungen. Sie benutzen ihn, um in Lateinamerika Rebellionen, Revolutionen und diesen ganzen Mist unter Kontrolle zu halten. Wenn irgend jemand da unten Waffen braucht, wendet er sich an Barbacena.«
»Scheint wirklich ein bedeutender Mann zu sein.«
»Lew, ich habe diesen Gesichtsausdruck bei dir bereits kennengelernt. Es ist derselbe, den du hattest, als du hinter diesen Gangstern her warst, die mich fertigmachen wollten. Zum Teufel, Mann, du mußt diese Sache ernst nehmen. Dieser Typ ist eine verdammt große Nummer.« Roubinnet senkte die Stimme. »Barbacena hat zu allen enge Beziehungen: den Rebellenführern, den Dissidentenbefehlshabern, all den Möchtegern-Herrschern, den Generälen und den erbärmlichen Diktatoren. Sie machen den Kotau vor ihm, weil er ihren Nachschub garantiert. Und was für Geheimnisse sie ihm gegenüber auch ausplaudern, was für Pläne sie auch haben mögen, er gibt die Informationen an seine Kontaktleute bei den lateinamerikanischen Regierungen weiter. Im Gegenzug schützen ihn die Regierungen bedingungslos. Er tut, was immer zum Teufel ihm gerade paßt, und sie drücken beide Augen zu. Hör zu. Sie verkaufen ihm sogar Waffen und kassieren im Gegenzug einen bestimmten Prozentsatz seines Profites. Und warum auch nicht? Sie machen sich gegenseitig sagenhaft reich. Das ist der Lauf der Welt.«
Croaker schwieg lange. Schweißtropfen rollten ihm das Genick herab. »Rafe‚ irgend jemand will, daß dieser Mann stirbt. Und zwar unbedingt.«
Roubinnet grunzte. »Das überrascht mich nicht. Nach dem, was ich gehört habe, hat Barbacena sich so viele Feinde gemacht, daß sie eine eigene Nation gründen könnten. Der ganze Machtrausch ist ihm zu Kopf gestiegen, und er glaubt an die Illusion seiner eigenen Unverwundbarkeit. Aber in unseren Tagen ist niemand
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