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Schwarze Heimkehr

Schwarze Heimkehr

Titel: Schwarze Heimkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric van Lustbader
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Menschlichkeit in ihnen entdeckt hätte, und sie haben ihn umgebracht. Begehen sie nicht denselben Fehler.«
    Sie ging zu Nestor hinüber, der schlaff und bleich auf seiner Pritsche lag, und weckte ihn sanft. Croaker hielt seinen Oberkörper aufrecht, während sie ihm das Gefäß an die Lippen führte, damit er trinken konnte. Aber weder der sorgfältig zubereitete Arzneitrank noch
Humaitá
Zauberstein, den Croaker ihm gegen die knochige Brust preßte, konnten gegen die Gefräßigkeit des rücksichtslosen Virus ankämpfen, der ihn bei lebendigem Leibe auffraß.

8
    Als Croaker wieder bei Sonias Haus ankam, wartete ein Mann auf der Veranda vor der Eingangstüre auf ihn. »Sind sie ihr Freund?« Der Mann war attraktiv, nicht älter als dreißig und hatte glatte, sanfte Gesichtszüge. Sein vom Gel feuchtes Haar war zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden und besaß die Farbe von Kandiszucker. Er war schlank und beweglich, was in Croakers Augen athletisch hieß, trug einen teuren, champignonfarbenen Seidenanzug und Sandalen, die nicht dazu paßten. Unter dem Anzug hatte er ein perfekt gebügeltes Hemd von Versace mit zwei großen goldschwarzen Emailleknöpfen an. Er war eine beeindruckende Erscheinung und machte den Eindruck, als würde er sich Hals über Kopf auf jedes Problem stürzen, mit dem ihn das Leben konfrontierte. Am auffälligsten an ihm waren seine bernsteinfarbenen Augen.
    »Wer will das wissen?« fragte Croaker, als er die Veranda erreicht hatte.
    Der Schlag des schlanken Mannes traf ihn so hart und so schnell, daß er schon zurücktaumelte, bevor er den Hieb spürte. In seinen Ohren klingelte es, während er nach dem Geländer der Veranda griff, und er spürte eine schnell zunehmende Taubheit an der linken Seite seines Kiefers.
    »Beim nächstenmal stehen sie nicht mehr auf.«
    Croaker bemerkte, daß der Mann mit den bernsteinfarbenen Augen gleichzeitig überrascht und angewidert war, weil der Hieb ihn nicht niedergestreckt hatte.
    »Die Fragen stelle ich. Dies ist das Haus meiner Schwester.«
    »Sie sind Sonias Bruder?«
    »Carlito.« Die nackte Feindseligkeit, die er ausstrahlte‚ erinnerte an eine Giftschlange. »Sie haben ja nicht lange gebraucht, um hier einzuziehen, Anglo.«
    Croaker löste sich von dem Geländer der Veranda, als wäre es das oberste Seil um einen Boxring. »Ich heiße Lew Croaker. Im Augenblick schien mir dies der angemessenste Ort zu sein, wo ich bleiben könnte.« Sollte er dem Mann von Sonias schrecklichem Tod erzählen? Soweit Croaker wußte, kannten nur er, Bennie und Maria die Wahrheit. »Vielleicht sollten wir drinnen weiterreden.«
    Der schlanke Mann hatte den räuberischen Gesichtsausdruck eines Fuchses. »
Madre de mentiras
, was könnten wir schon zu besprechen haben?«
    Croaker zuckte die Achseln, während er die Tür aufschloß. »Kommen sie rein«, sagte er.
    Der Mann mit den bernsteinfarbenen Augen bewegte sich mit einem Minimum an Anstrengung, ähnlich wie ein erfahrener Taucher im Wasser. Im Haus legte er den Kopf in den Nacken. »Ist meine Schwester da?«
    Croaker schloß die Tür. »Wann haben sie Sonia zum letztenmal gesehen, Carlito?«
    Die bernsteinfarbenen Augen des schlanken Mannes starrten ihn an. Er strahlte eine unheimliche Ruhe aus.
    »Oder mit ihr telefoniert?«
    »Ist das hier die Spanische lnquisition? Sie haben kein Recht, mir Fragen zu stellen.«
    Croaker zeigte auf eines der beiden Sofas, deren Baumwollbezüge in tropischen Farben leuchteten. »Warum setzen sie sich nicht?«
    Carlitos bernsteinfarbene Augen glühten wie das letzte Nachmittagslicht. »Was zum Teufel ist los?«
    »Es tut mir leid, aber Ihre Schwester ist tot«, sagte Croaker, der einsah, daß es bei diesem Gespräch keinen leichten Einstieg geben würde.
    Der Mann schien in sich zusammenzufallen, bis er, nach vorne gebeugt und auf die Arme gestützt, auf dem Sofa saß. »Wann ist das passiert?«
    »Irgendwann gestern nachmittag.« Croaker atmete tief durch. »Sie wurde ermordet.«
    Carlitos schönes Gesicht fuhr hoch. »Ermordet? -
Madre de mentiras!
Wie? Und wer hat das getan?«
    »Man hat sie enthauptet. Von wem, weiß ich noch nicht.«
    »Sind sie ein Cop?«
    »Allerdings.« Croaker zeigte ihm eine seiner offiziellen Polizeimarken.
    Carlito nickte, und in seinen bernsteinfarbenen Augen glänzten Tränen. »Was ist mit ihrem Körper passiert?«
    Croaker dachte an den weißen Kleinlaster mit dem Symbol auf der Rückseite und an die parallelen Spuren, die ihm neben dem Haus

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