Schwarze Heimkehr
war los? Bennie behauptete, daß er Majeur nicht kenne, doch die Auskunft der Telefongesellschaft bewies, daß Majeurs Mobiltelefon unter Bennies Namen geführt wurde. Warum log Bennie? Und warum war diese mitternächtliche Tour so wichtig? So hatte er Bennie noch nie erlebt.
Croaker gab sich Mühe, sich daran zu erinnern, daß es in Bennies Leben viele Seiten gab, von denen er nichts wußte. So nah er ihm auch gekommen sein mochte - wie gut kannte er ihn wirklich? Täglich gab es neue Überraschungen. Die Möglichkeit, daß seine Freundschaft zu Bennie irgendeine dunkle, unheimliche, verborgene Seite haben konnte, schien die Welt plötzlich auf den Kopf zu stellen.
Er stieg aus dem Wagen und verstaute den Computer im Geheimfach des Kofferraums, aus dem er einige kleine Gegenstände aus Metall und Plastik nahm, die er sich in die Taschen stopfte. Er mußte sich jetzt zuerst um die naheliegenden Probleme kümmern und die Fragen zurückstellen, auf die er noch keine Antwort gefunden hatte.
Es war kurz nach sieben Uhr abends. Das Büro von Gold Coast Exotic Auto Rental hatte bereits geschlossen. Vondas Auskunft war richtig gewesen. Croaker spazierte in die kleine Seitengasse, wo die Waren angeliefert und die Abfälle abgeholt wurden. Er fand den Hintereingang des Autoverleihs und überprüfte die Lage. Eine nahegelegene Straßenlaterne würde zweifellos jeden in der unmittelbaren Umgebung verraten, aber er wußte Abhilfe. Er machte sich für drei oder vier Minuten am Fuß der Lampe zu schaffen, benutzte seine Fingernägel aus rostfreiem Stahl, um die Kabel zu kappen. Das Licht erlosch, und der vorher durch das grelle Licht erstickte Schatten breitete sich aus.
Die Hintertür war wie erwartet mit einer Alarmanlage gesichert, aber auch dagegen hatte Croaker ein Mittel. Nachdem er die Telefonverbindungsbuchse des Autoverleihs entdeckt hatte, brach er die Stahlklappe auf. Da sich bestätigte, daß die Alarmanlage an den Telefonanschluß gekoppelt war, schnitt er die Kabel durch.
Mit einem seiner künstlichen Fingernägel öffnete er das Schloß der Hintertür und schlich leise hinein. Das Büro des Autoverleihs war dunkel, die einzige Beleuchtung kam von den Straßenlaternen und den Scheinwerfern der vorbeifahrenden Fahrzeuge. Die feuchte Luft im Raum roch nach Moder und den Gerüchen elektronischer Geräte.
Croaker zog den Kopf ein und kroch hinter die Theke. In einem verstaubten Marmeladenglas fand er neben anderen, bunt durcheinandergewürfelten Souvenirs einen kleinen Wimpel der Miami Hurricanes, der vielleicht Vonda gehörte. Er sah einen alten mottenzerfressenen Damenpullover‚ der zusammengefaltet auf einem der unteren Regale lag, einen abgenutzten Nagellackpinsel, Fläschchen mit grellfarbenem Nagellack und einen dieser kleinen zusammenklappbaren Regenschirme.
Dann kam er zum Computerterminal. Er wollte das Gerät gerade einschalten, als ihm etwas auffiel. Aus dem hinteren Teil des Computers strömte schwach, aber durchaus wahrnehmbar, etwas Wärme aus. Er blickte auf die Uhr. Achtzehn Minuten nach sieben. Vonda hatte ihm erzählt, daß sie das Geschäft exakt um halb sieben schließen würde. Selbst wenn sie ein paar Minuten länger geblieben wäre, hätte der Computer mittlerweile abgekühlt sein müssen.
Er schaltete ihn ein und sah sofort, daß es ein Problem gab. Die Software des Unternehmens bewältigte den Boot-Prozeß zwar problemlos, aber, ob man es glaubte oder nicht, es gab keinerlei Dateien, Verzeichnisse oder Namenslisten. Die Software war so jungfräulich und datenleer wie am Tag der Installation. Irgend jemand hatte alle Daten auf der Festplatte gelöscht, und wenn man von der Wärme des Computers ausging, war das innerhalb der letzten Viertelstunde geschehen.
Er suchte die unmittelbare Umgebung nach einer Sicherungsdiskette oder anderen Datenträgern ab, auf denen die Vorgänge des Tages aufgezeichnet worden sein könnten, ahnte aber, daß er nichts finden würde. Jeder, der clever genug war, die Daten auf der Festplatte zu löschen, Würde auch alle anderen Aufzeichnungen mitnehmen oder zerstören.
Bei seiner Suche fand er Vonda - oder, um genauer zu sein, das, was noch von ihr übrig war. Ihr Kopf, genauso ordentlich und professionell von ihrem Körper abgeschnitten wie der Sonias‚ lag da und wartete auf ihn. Er war in Schatten eingehüllt und starrte ihn an, als wäre er eines ihrer Souvenirs. An der Kante des Regals sammelte sich das Blut, das eine Ritze suchte, wo es ablaufen
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