Schwarze Heimkehr
diesem Netz, das sich immer weiter ausdehnte? Für Croaker war offensichtlich, daß Carlito mehr über Antonio und Heiter Bonita wußte, als er zugegeben hatte.
Eines war sicher: In dem Moment, da Carlito das Haus verlassen hatte, hatte Croaker das Gefühl gehabt, eine dunkle und gefährliche Wolke wäre vom Himmel verschwunden.
Er verließ den Highway am Atlantic Boulevard und fuhr in westlicher Richtung weiter. Ian & Dean sangen jetzt nicht mehr »Surf City«‚ sondern »New Girl In School«. Vor seiner Verabredung zum Abendessen mit Jenny Marsh mußte er in West Palm Beach noch einen Zwischenstop einlegen. Er bog vom Highway 441 in eine Seitenstraße ab und nahm die Kassette aus dem Rekorder.
Dann kramte er seinen Computer hervor und kontrollierte, ob seine Nachfrage bezüglich Majeurs privater Telefonnummer etwas ergeben hatte.
Die Datenbank hatte einige kurze Informationen ausgespuckt. Es war keine Überraschung, daß es sich um die Nummer eines Mobiltelefons handelte. Aber das Seltsame war, daß die Nummer nicht unter Majeurs Namen geführt wurde, sondern auf einen gewissen Benito Milagros registriert war.
Bennie und seine mysteriöse, geheime mitternächtliche Schiffstour, die morgen stattfinden sollte. War es ein Zufall, daß Juan Garcia Barbacena um Mitternacht am nächsten Tag in Miami eintreffen sollte?
Croaker saß eine lange Zeit da, während der Verkehr in beiden Richtungen an ihm vorbeirauschte. Vor dem indigofarbenen Himmel wiegten sich die dunklen Palmen im Wind. Die helle Straßenbeleuchtung über ihm betonte die Konturen der geparkten Autos überdeutlich. Abends reflektierten die mit schwarzen Stoffen ausgekleideten Fenster des Margate Gun & Racquet Clubs die Granitgrabsteine des benachbarten Geschäfts, auf die bis in alle Ewigkeit sentimentale Sprüche eingraviert waren.
Croaker fühlte sich unangenehm an sein Treffen mit Majeur auf dem Friedhof erinnert. Wieder dachte er daran, was er tun mußte, um Rachels Leben zu retten. Er wählte Bennies Nummer. »Hola!«
»Bennie, ich bin’s.«
»Was gibt's,
Amigo
? Irgendwelche Neuigkeiten über deine Nichte?«
»Alles beim alten.« Croaker bemerkte, daß er sein Handy etwas zu fest umklammerte. »Kennst du einen Anwalt namens Majeur, Bennie?«
»Nein.«
»Marcellus Rojas Diego Majeur.«
»Wenn ich kennen würde, würde ich mich an einen solchen Namen erinnern, Lewis. Aber das ist nicht der Fall.«
»Rafe hat von ihm gehört.«
»Roubinnet?« Hatte Croaker Vorsicht in Bennies Tonfall wahrgenommen? »Was macht ihr, wenn ihr zusammen rumhängt?«
»Ich habe ihn zufällig getroffen, das ist alles«‚ sagte Croaker. »Er hat mir erzählt, daß Majeur Beziehungen zu schwergewichtigen Drogenhändlern hat.«
»Dann wird's wohl stimmen.« Bennies Stimme klang plötzlich reserviert. »Wenn Roubinnet das sagt.«
»Habt ihr Ärger miteinander? Wolltest du ihn nicht für eine zweite Amtszeit als Bürgermeister unterstützen?«
»Das ist schon eine Weile her, Lewis. Die Zeiten ändern sich. Die Menschen auch.«
»Hör zu, Bennie ….«
»Ich muß weg. Tut mir leid. Die kolumbianische Delegation‚ die ich erwarte, steht schon vor der Tür. Später,
A
migo
. Und sei vorsichtig, mit wem du dich einläßt.«
»Bennie, ich weiß nicht, ob ich den Bootstrip mit dir machen kann, von dem wir gestern gesprochen haben.«
Am anderen Ende herrschte Schweigen, aber Bennie hatte das Gespräch nicht abgebrochen. »Hey, was ist los,
A
migo
?« Croaker bemerkte den gereizten Tonfall. »Ich zähle auf dich.«
»Ich weiß, Bennie. Aber es ist was dazwischengekommen, und ich ….«
»Hör zu. Du hast mir dein Wort gegeben, und die Sache ist verdammt wichtig. Was zum Teufel hat sich denn seit gestern geändert? Ich glaube Weißt du, was ich glaube,
A
migo
? Du hörst auf die bösen kleinen Bienen, die in deinen Ohren summen.«
»Meinst du Rafe damit?«
»Wir sollten unter vier Augen miteinander reden«‚ keifte Bennie. »Nur du und ich. Ich kann diese elenden Kolumbianer für ein paar Stunden loswerden. Sie scheinen sowieso nur daran interessiert zu sein, sich gegenseitig wie Köter anzukläffen.«
»Okay. Wir treffen uns in der Eingangshalle des Royal-Poinciana-Krankenhauses in Palm Beach.«
»Meinetwegen. Wie lange brauche ich, neunzig Minuten? Sprich in der Zwischenzeit mit niemand anderem.«
»Zum Beispiel Rafe?«
Aber Bennie hatte schon eingehängt.
Croaker legte das Handy aus der Hand. Gab es Spannungen zwischen Bennie und Rafe? Was zum Teufel
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