Schwarze Herzen
Felswand zurückläufst. Drück dich ganz dicht an die Wand, und sobald du auch nur den kleinsten Schatten siehst, rufst du mich.“
„Nein, ich helfe dir, ich werde …“
„Genau das tun, was ich sage. Anderenfalls schlage ich nur noch diesen hier zurück und verschwinde. Verstanden?“ Sein Tonfall war bestimmt, er würde keine Kompromisse machen. Schon jetzt bereute er, sie überhaupt an diesen verfluchten Ort gebracht zu haben, ob die Barriere nun vor dem Einsturz bewahrt werden musste oder nicht. Ob Unschuldige gerettet werden mussten oder nicht.
Sie war ihm wichtiger.
Kadence stemmte die Hände in die Hüften, wagte aber keinen weiteren Widerspruch.
Ein schrilles „Meins, meins, meins!“ gellte über die schrundigen Hügel.
Das Wesen kam näher, immer schneller … gleich würde es … Es war da. Mit reißenden Klauen schlug der dämonische Lakainach Geryon, als er ihn beim Hals packte. Mehrere tiefe Kratzer öffneten sich auf seinem Gesicht, füllten sich mit warmem Blut. Wild fuchtelnde Arme, tückisch ausschlagende Beine.
Erst als Kadence die Hände von seinem Rücken nahm und nicht länger ein Teil seiner Aufmerksamkeit von der Verlockung ihrer Berührung gefesselt war, fing Geryon wirklich an zu kämpfen. Er schleuderte die Kreatur zu Boden, warf sich auf sie, rammte ihre Schultern mit den Knien in den Boden. Ein Schlag, zwei, drei.
Es bäumte sich auf, blindwütig, geifernd. Feucht und klebrig glänzte der giftige Speichel auf seinen nadelspitzen Zähnen, als es eine Reihe frenetischer Flüche ausstieß. Noch ein Haken. Und noch einer. Doch die Schläge schienen es nicht zum Aufgeben zwingen zu können.
„Wo ist Zweifel? Gewalt? Tod?“, brüllte Geryon. Wegen ihnen war er schließlich hier.
Die Gegenwehr ebbte nicht ab, im Gegenteil, das Ding wehrte sich immer heftiger, in seinen roten Augen flackerte Panik. Nicht aus Furcht vor dem, was Geryon mit ihm machen würde, das wusste er. Es war die nackte Angst vor der Rache seiner Brüder im bösen Geiste, sollten sie dahinterkommen, dass es sie verraten hatte.
Auch wenn Geryon die Vorstellung verabscheute, wie Kadence ihm beim Töten zusah, brutal, gnadenlos – wieder einmal – es ließ sich nicht vermeiden. Er erhob die Hand, fuhr seine messerscharfen, giftgetränkten Krallen aus und stach zu. Die tödliche Flüssigkeit war ein „Geschenk“ von Luzifer, das Geryon die Ausführung seiner Pflichten erleichtern sollte und augenblicklich wirkte, sich ohne Erbarmen durch den Körper seines Gegners fraß und ihn von innen heraus zersetzte.
Der Lakai kreischte und ächzte in seiner Qual, seine Gegenwehr verwandelte sich in unkontrollierte Zuckungen. Dann begannen seine Schuppen zu brennen. Als sie leise knisternd verglommen, ließen sie nichts als noch mehr dieser hässlichen Knochen zurück. Doch auch die zerfielen, und es dauerte nichtlange, bis eine Wolke schwarzer Asche aufstieg und sich in alle Richtungen zerstreute.
Mit zitternden Beinen erhob sich Geryon. „Ihr seid die Nächsten“, rief er den anderen zu.
Die suchten schleunigst das Weite.
Die Frage war nur, wann sie wiederkommen würden. Nicht ob .
Er sollte sich auf den Weg machen, die Hohen Herren finden. Stattdessen blieb er mit dem Rücken zu Kadence stehen. Minutenlang, wartend, hoffend – fürchtend –, dass sie etwas sagte. Was dachte sie jetzt von ihm? Würde sie sich noch immer so hingebungsvoll um ihn kümmern wie vorhin? Würde sie ihr Angebot zurückziehen, ihm einen Kuss zu erlauben?
Schließlich konnte er die Ungewissheit nicht mehr ertragen und drehte sich langsam zu ihr um.
Sie stand, genau wie er sie angewiesen hatte, eng an die Felsenwand gepresst. Ihre üppigen Locken umrahmten ihr ungläubiges Gesicht. In ihren Augen spiegelte sich … Bewunderung? Sicher nicht.
„Kadence.“
„Nein. Sag nichts. Komm zu mir“, raunte sie und lockte ihn mit dem Zeigefinger zu sich.
10. KAPITEL
K adence hatte die Worte nicht zurückhalten können. Wenige Meter entfernt stand Geryon da, erschöpft keuchend, die Wangen aufgeschnitten und blutend, und an den Händen tropfte ihm der Lebenssaft seines besiegten Gegners herab.
Seine dunklen Augen waren von mehr Schmerz erfüllt, als sie jemals zuvor bei ihm gesehen hatte.
„Komm zu mir“, sagte sie abermals, und abermals unterstrich sie ihre Worte mit der auffordernden Geste von eben.
Beim ersten Mal hatte er keinerlei Reaktion gezeigt. Als glaubte er, er hätte sich verhört. Nun blinzelte er. Schüttelte den
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