Schwarze Herzen
Körper, ein vollendetes Meisterwerk aus Muskeln und Fell. So sehr hatte sie sich gewünscht, er würde sie in seine Arme ziehen. Ihr die Kleider vom Leib reißen und sie nehmen. Sie in Besitz nehmen, voll und ganz.
Doch Geryon hatte sich von ihr abgewendet, genau wie die Männer vor ihm.
Bin ich so schrecklich? Dass ich sie alle verscheuche?
Dabei wollte sie, viel mehr als bei den anderen, dass GeryonGlück mit ihr fand. Denn er bedeutete ihr mehr. Bei ihm hatte sie das Gefühl, jemand zu sein. In seiner Gegenwart fühlte sie sich wohl. Wertvoll. Besonders. Und doch hatte sie ihn … abgestoßen? In die Flucht geschlagen? Jämmerlich darin versagt, auch nur den leisesten Funken Leidenschaft in ihm zu entzünden?
„Bleib hinter mir“, flüsterte er ihr zu, als er die Schwingtüren der Taverne aufstieß. Es waren die ersten Worte, die er seit ihrem Aufbruch sprach. „Und behalt die Kapuze auf. Nur zur Sicherheit. Wobei … Beherrschst du die Kunst der Täuschung?“
Seine Stimme war tief und rau und ließ jeden ihrer alarmbereiten Sinne erschaudern. Nein, bestimmt fand er sie nicht abstoßend. Und sie hatte ihn auch nicht in die Flucht geschlagen. Sicher, sie hatte gespürt, wie er sich während des Kusses zurückhielt, und er hatte ihn abrupt abgebrochen. Doch wenn er sie ansah, gab er ihr das Gefühl, die einzige Frau auf der Welt zu sein. Die schönste, die begehrenswerteste.
Er blieb im Eingang stehen. „Kadence?“ Ein Räuspern. „Göttin?“
„Ja. Ich werde ihren Sinnen vorgaukeln, ich wäre nur ein Lakai, und hinter dir bleiben“, antwortete sie. Innerlich aber hätte sie ihn am liebsten geschüttelt und gefragt: Warum stößt du mich ständig von dir weg? Sie wollte ihm doch einfach nur nah sein.
Anders als er offensichtlich. Er nickte und ging hinein. Sie hielt sich im Hintergrund, wie abgesprochen, und ließ durch die Kraft ihres Geistes eine Illusion aus Knochen und Schuppen um sich herum entstehen. Jeder, der in ihre Richtung blickte, würde glauben, er sähe einen von ihnen. Sie konnte nur hoffen, dass den Dämonen ihre Furcht ebenso gut verborgen blieb wie ihre wahre Gestalt. Beim kleinsten Anzeichen von Schwäche würden sie nicht davor zurückschrecken, auch ihresgleichen zu fressen.
Grausames Lachen und gequälte Schreie dröhnten in ihren Ohren, sobald sie eintrat. Schluckend blickte sie sich um. So viele Dämonen … jeglicher Art und Größe. Einige sahen aus wie das Trugbild, das sie ihnen vorspiegelte, knochig und mitSchuppen bedeckt. Andere waren halb Mensch, halb Stier. Wieder andere hatten Flügel wie Drachen und mit gewaltigen Zähnen bewehrte Schnauzen. Und sie alle drängten sich um eine steinerne Platte. Die sich bewegte?
Nein, nicht die Platte bewegte sich. Die grausame Erkenntnis schnürte ihr die Kehle zu. Sich windende menschliche Seelen lagen darauf. Und die Dämonen rissen sie auseinander, fraßen ihre Eingeweide. Allmächtige Götter.
Unglücklicherweise war den Verdammten niemals Frieden vergönnt. Für sie gab es nur endlose Qualen.
„Abscheulich“, flüsterte sie hinter vorgehaltener Hand. „Wie sollen wir uns gegen ein ganzes Heer von denen verteidigen?“
„Uns bleibt nur, unser Bestes zu geben.“
Ja. Bedauerlicherweise gab es keine Garantie, dass sie auch erfolgreich sein würden. Aber ich habe ihm versprochen, ihn zu beschützen, und das werde ich auch tun .
„Komm.“ Er zog sie mit sich in eine Ecke, damit sie das Geschehen beobachten konnten, ohne Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. „Die Kreaturen, die du hier siehst, sind nur die kleinen Fische. Diener und Soldaten. Nicht das, womit wir es zu tun bekommen werden.“
Richtig, dachte sie, und ein eisiges Gefühl breitete sich in ihrem Magen aus. Gewalt, Tod und deren Kumpane waren Hohe Herren. Während ihre Untergebenen das Leid ihrer Beute zwar genossen, galt ihr Hauptinteresse der Befriedigung eines einzigen Grundbedürfnisses: fressen.
Die Hohen Herren dagegen interessierten sich ausschließlich für das Leid. Es zu verlängern und ins Unerträgliche zu steigern, bis zum Wahnsinn und darüber hinaus, das war ihr Lebenselixier. Und je mehr Schmerz sie ihren Opfern zufügten, je mehr Schreie sie ihnen entlockten, desto stärker und mächtiger wurden sie.
Oh ja. Sie waren tausendmal gefährlicher als alles, was sich in dieser Taverne tummelte.
Nie und nimmer würde sie Geryon beschützen können.
14. KAPITEL
R iecht gut, nach Angssst“, zischte plötzlich etwas neben Kadence. „Mmmh,
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