Schwarze Madonna
auftauchte. Draußen stand Bob, und Justus fiel beinahe auf ihn drauf. »Just! Was –«
»Weg hier!«, schrie Justus. »Wo ist Peter?«
»Hält das Tor offen!« Sie rannten los. In der Durchfahrt stemmte sich Peter mit ganzer Kraft gegen das elektrische Tor, um es am Zufahren zu hindern. Der MG stand mit laufendem Motor daneben. Bob und Justus warfen sich in den engen Wagen und Peter gab sofort Gas. Mit kreischenden Reifen schleuderte der MG aus der Einfahrt auf die Straße und schoss davon, gerade als in der Ferne die ersten Polizeisirenen zu hören waren.
Um halb sieben wurde Justus verhaftet. Um halb neun stand der Artikel mit Foto in sämtlichen Zeitungen; Mr Pentecost hatte offenbar alle seine Kontakte mobilisiert. Um drei Uhr bezahlten Tante Mathilda und Onkel Titus die Kaution und holten Justus aus dem Polizeirevier ab.
Entgegen Justus’ Vorstellungen sagte Tante Mathilda auf der schier endlosen Fahrt nach Hause nicht viel und Onkel Titus sagte gar nichts. Erst als sie auf den Hof des Schrottplatzes rollten, drehte sich Tante Mathilda zu Justus um. »Du hast Hausarrest. Beim nächsten Schrotttransport fliegt dieser alte Wohnwagen raus. Du kannst noch rausholen, was du brauchst, aber mit dem Detektivspielen ist Schluss. Ein für alle Mal. Hast du mich verstanden?«
»Aber Tante Mathil…«
»Ich sagte, hast du mich verstanden, Justus?« Es kam selten vor, dass Tante Mathilda in diesem Ton sprach, aber wenn sie es tat, lief es Justus kalt den Rücken herunter.
»Ja, Tante.«
»Raus mit dir.«
Justus kletterte aus dem Transporter und blieb mit hängendem Kopf stehen. »Muss ich sofort ins Haus?«
»Hausarrest heißt Haus und Hof. Schließlich brauchen wir dich hier zum Helfen. Aber du setzt keinen Fuß vor das Tor!«
Onkel Titus hatte noch immer kein Wort gesagt. Er tat es auch jetzt nicht. Er wartete, bis seine Frau ebenfalls ausgestiegen war, dann fuhr er den Transporter auf seinen Parkplatz, stieg aus und ging in sein Büro. Tante Mathilda ging ins Haus und Justus schlich in die Zentrale.
Drinnen schaute er sich in dem gemütlichen Chaos um, das in den vergangenen Jahren mehr sein Zuhause gewesen war als sein Zimmer drüben im Wohnhaus.
Wie viele Fälle hatten hier ihren Anfang genommen! Wie oft hatten er, Peter und Bob hier gesessen und die verrücktesten Ideen besprochen, Pläne geschmiedet und an technischem Kram herumgetüftelt … und das sollte jetzt vorbei sein? Weder Peter noch Bob hatte angerufen, und Justus vermutete, dass ihre Eltern ihnen den Umgang mit dem »Einbrecher« verboten hatten. Dabei war er so sicher gewesen, dass er den Fall gelöst hatte – nein, er war noch immer sicher. Aber die Polizisten in Los Angeles waren nicht im Geringsten daran interessiert gewesen, was Justus ihnen über Mr Pentecost erzählt hatte. Da er die letzten endgültigen Beweise noch nicht hatte, war das auch nicht viel gewesen. Mr Pentecost hatte seine Aussage gemacht und war hohnlachend als freier Mann durch die Tür gegangen, während Justus wie ein Verbrecher abgeführt wurde.
Die Worte des Polizisten klangen ihm noch in den Ohren. »Mr Pentecost ist ein hoch angesehener Mann in Los Angeles. Man sollte dich gleich noch wegen Verleumdung anklagen!«
Auch Inspektor Cotta hatte ihm nicht helfen können. »Tut mir Leid, aber das hast du dir selbst eingebrockt. Einbrecher wird man nicht durch gute oder schlechte Absichten. Einbrecher wird man dadurch, dass man irgendwo einbricht.«
Und Justus wusste, dass er Recht hatte. Dass sie alle Recht hatten.
Aber trotzdem …
Er setzte sich auf den Stuhl am Schreibtisch. Dort lagen noch Bobs Fotos vom Carino Beach Glitter & Dust Festival. Er schob sie beiseite und zog die Computertastatur zu sich heran. Wenigstens seine E-Mails wollte er abrufen, bevor er hier alles abbaute.
Es dauerte wieder endlos lange, bis der Computer hochgefahren war. Justus öffnete das E-Mail-Programm und die Nachrichten wurden abgerufen. Werbung, Werbung, Werbung, Santanda, Werbung –
Santanda!
Plötzlich saß Justus kerzengerade. Hastig klickte er die Nachricht an.
Ich bin’s, José Santanda. Bin untergetaucht. Ruft mich mal zurück – 323/357-5523. Bin sonst aufgeschmissen.
Ganz automatisch wanderte Justus’ Blick nach oben zur Decke, wo ein riesiger Stadtplan von Los Angeles klebte. 323 war die Vorwahl von Hollywood. Gar nicht so weit weg. Ebenso automatisch griff er nach dem Telefonhörer und hatte die ersten beiden Zahlen schon gewählt, bevor er stoppte.
Lange
Weitere Kostenlose Bücher