Schwarze Orchideen Kommissar Morry
mir übrigens noch etwas ein.“
„Nun?“
„Vor langer Zeit wurde in der Stadt mal gemunkelt, der damals fünfzigjährige Mr. Carson habe sich an einer minderjährigen Angestellten vergangen.“
„Und das sagen Sie erst jetzt, Sheriff?“ fragte Bulwer verblüfft und zugleich vorwurfsvoll.
„Es war doch nur Gerede.“
„Es ist nie zu einem Prozeß gekommen?“ fragte Ashley.
„Nicht, daß ich wüßte“, erwiderte Bill.
„Es wird viel geredet, aber meistens reden die Leute nicht ohne Grund“, meinte Bulwer. „Diese Geschichte beweist Carsons abartige Veranlagung oder etwa nicht?“ Er machte eine kurze Pause und fragte dann: „Weshalb ist er nicht bestraft worden?“
Bill hob die Schultern und ließ sie wieder sinken. „Warum? Dumme Frage! Carson war schon damals reich und mächtig. Vermutlich hat er das Mädchen und deren Eltern mit einer großen Summe abgefunden und sich auf diese Weise ihr Schweigen erkauft .Die Familie zog mit der Tochter kurz nach diesen Ereignissen aus Drumola weg. Carson hat vermutlich darauf bestanden.“
„Das gibt einen Skandal!“ sagte Bulwer nun schweratmend. „Den größten, den Drumola je hatte! Einer ihrer führenden Bürger, ein Mann, der gesellschaftlich den Ton angibt, entpuppt sich als Lustmörder!“
„Ich kann es noch nicht glauben“, murmelte Bill. „Aber natürlich geht es nicht um das, was ich glaube oder nicht glaube. Es geht um konkrete Beweise.“
„Die haben wir doch!“ rief Bulwer und wies auf das Benson- Jagdgewehr.
Bill schritt zur Tür. „Auf zu Carson!“ sagte er.
*
Carson trat uns in einem erstaunlich schäbig aussehenden Schlafrock gegenüber. Sein Haar war zerzaust und seine Tränensäcke machten einen leicht geschwollenen Eindruck. Er führte Bill, seinen Assistenten Bulwer, Ashley und mich in die Bibliothek.
„Nehmen Sie Platz, meine Herren — Sie befinden sich am Tatort! “
Wir blieben stehen. „Am Tatort?“ fragte Bill.
Carson wies auf einen Wandschrank. „Hier bewahre ich meine Gewehre auf. Von hier aus wurde das Benson-Special-Gewehr gestohlen.“
Bill trat an den Schrank. „Das Schloß ist nicht beschädigt“, stellte er fest.
„Es ist ein einfaches Schloß; man kann es mit einem Nachschlüssel mühelos öffnen“, sagte Carson.
„Woher wollen Sie das wissen?“ fragte Bulwer.
Carson grinste matt. „Ich habe es selber schon probiert, als ich den Schlüssel verlegt hatte.“
„Wann haben Sie den Schrank das letzte Mal geöffnet?“ erkundigte sich Bill.
„Etwa vor einer Woche.“
„Da war das Gewehr noch da?“
„Ganz bestimmt! Mir wäre sein Fehlen sofort aufgefallen.“
„Wo bewahren Sie den Schlüssel auf?“ fragte Bill.
„Hier oben“, meinte Carson und griff hinter eine Holzleiste, die den Abschluß des Wandschrankes bildete. „Da habe ich ihn stets zur Hand.“
„Aber da kann doch jeder ran!“ stellte Bill verblüfft fest.
„Vorausgesetzt, daß er das Versteck kennt“, schränkte Carson ein. „Ich jedenfalls habe niemals zu irgend jemand darüber gesprochen“, fügte er hinzu. „Zu keinem Menschen“, korrigierte Carson.
„Ihre Frau weiß also Bescheid?“
„Natürlich. Das gleiche gilt für Leslie, — Ja, und auch für John.“
„John?“ fragte Bill.
„Der Buttler“, sagte Carson und steckte den Schlüssel in das Schloß. „Sie kennen ihn. Er hat Sie eingelassen.“
„Wo waren Sie übrigens heute Abend?“
Carson blickte Bill an. „Heute Abend? Warum?“
„Es interessiert mich.“
Carson legte die Stirn in dicke Falten. „Ich kann mir nicht helfen, Sheriff — aber Ihre Fragen wollen mir nicht gefallen! Irgend jemand hat mein Gewehr geklaut, okay — aber woher nehmen Sie die Stirn, daraus das Recht abzuleiten, mich wie einen Gangster zu verhören?“
„Die Sache mit dem Gewehr hat einen kleinen Haken, Mr. Carson“, sagte Bill ernst. „Mit der Waffe wurde ein Mordversuch unternommen.“
Carson sah Bill verdutzt an. „Ein Mordversuch?“
„Man hat auf Janet Suffolk geschossen. Es ist sehr fraglich, ob sie durchkommen wird.“
„Auf Janet Suffolk geschossen“, wiederholte Carson stumpf. „Mit meinem Gewehr!“
„Ich hoffe, Sie begreifen, in welche prekäre Situation Sie das bringt, Mr. Carson. Wir haben auf der Waffe eine Reihe guter Fingerabdrücke gefunden.“
Carsons Augen begannen zu sprühen. „Zum Teufel, was soll das heißen? Natürlich sind las meine Fingerabdrücke! Oder glauben Sie, ich würde meine Gewehre mit Handschuhen
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