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Schwarze Pest aus Indien

Schwarze Pest aus Indien

Titel: Schwarze Pest aus Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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sieben-Komma-vier-Zentimeter-Durchmesser, ein seltenes Clichy-Fabrikat mit
verbreitertem Fuß, durch den sich grüne und weiße Stäbchen ziehen — wobei ich
besonders auf die sechs Ringe aus Millifori-Canes im Zentrum hinweisen muß —
dieser Briefbeschwerer hat also kürzlich auf einer Auktion den Besitzer
gewechselt. Ratet mal, für wieviel Geld?“
    „Wahrscheinlich war der Käufer klüger
als ich“, meinte Klößchen. „Statt 18 Mark für eine halbe Minute Trickfilm
auszugeben, hat er ein Clichy-Fabrikat erstanden. Für mehr als 18 Mark?“
    „Für 48 070 Mark. Da staunt ihr, was?“
    „Viel Kohle für einen Klumpen Glas“,
nickte Klößchen. „Es kommt billiger, wenn man beim Briefeschreiben Zugluft
vermeidet.“
    Tim wälzte den Kaugummi in die andere
Backe und sagte durch den Mundwinkel: „Als wir ins C-Kino reinkamen, warst du
überzeugt davon, daß Knobel neben Claudia sitzt. Hoffentlich hast du in der
Lippstress-Straße genauer hingesehen.“
    „Da war er’s. Da habe ich ihn von vorn
gesehen, seitlich und noch mal von vorn. Total gleich sah er da aus wie der
Knobel auf dem Steckbrief. Eben habe ich mich ein bißchen geirrt —
verzeihlicherweise.“
    Sie warteten.
    Die Geschäfte und Boutiquen hatten
geöffnet. Käufer und Schaufensterbummler wandelten entlang. In dem Café mit dem
tollen Tiramisu trafen sich Kaffeetanten. Müßiggänger schlugen ein bißchen Zeit
tot. Die nächsten Kinobesucher latschten ins MOVIE.
    Ronnie, dem Stäublingskäfer, gelang es
offenbar, im Eilverfahren unter seinen Gegnern aufzuräumen. Oder die
Kassiererin hatte sich geirrt.
    Nur 20 Minuten waren vergangen, als die
beiden Tümmels das Kino verließen. Norbert lachte noch und schüttelte immer
wieder den Kopf, beeindruckt von der Größe des Filmkunstwerks. Claudia spähte
gleich nach ihrem Rad.
    Hoffentlich, dachte Tim, gehen sie
jetzt nicht ins Café. Zum Henker, wo gibt’s denn das, daß Geschwister so
aneinander kleben! Scheint ja eine total abartige Familie zu sein.
    Seine Befürchtung war unbegründet.
    Claudia verabschiedete sich von ihrem
Bruder. Der stieg auf sein Motorrad und fuhr ab ohne Helm.
    Das Mädchen ging zu der Telefonzelle —
drüben auf dem Gehsteig-Eck zwischen Möggenbrucknerstraße und dem
Sportklamottenshop ZWEITE HAUT.
    „Sie will telefonieren“, stellte Klößchen
fest.
    „Und wir dürfen zusehen!“ Tim knirschte
mit den Zähnen, was aber durch den dazwischen liegenden Kaugummi gemildert
wurde. „Jetzt schiebt sie Geld in den Schlitz. Jetzt wählt sie. Ich spüre
förmlich, daß sie Knobel anruft. Verdammt, wir müssen mithören.“
    Das war leichter gewünscht, als getan.
Denn die Telefonzelle bestand aus Glas, und die Küchenhelferin drehte sich -
mit dem Hörer am Ohr — mal in diese, mal in jene Richtung.
    „Ich pirsche mich an.“
    Als Claudia dem Hausdurchgang den
Rücken zuwandte, sprintete Tim über den Platz.
    Es war die längste Strecke hier,
nämlich die Diagonale über den Möggenbruckner.
    Auf die daher schleichenden Autos nahm
Tim keine Rücksicht.
    Ein älterer Mercedes mit einem noch
älteren Herrn am Lenkrad mußte seinetwegen halten, schaffte es aber nicht ganz,
weil der Opa offenbar die Füße verwechselte.
    Eine Hand auf den Kühler aufstützend,
flankte Tim hinüber, während der Motor aufheulte.
    Noch zehn Meter — jetzt war der
TKKG-Häuptling drüben: hinter der Seitenscheibe, an der Claudias Rückseite
lehnte. Das Mädchen ließ die linke, freie Hand baumeln und schnippte mit den
Fingern.
    Tim stoppte gerade noch rechtzeitig —
sonst wäre er durch die Telefonkabine gedonnert. Hinter Claudia duckte er sich
zusammen.
    Sie war schon mittendrin im Telefonat,
und der TKKG-Anführer hätte seine neuen Jeans hergegeben für die Kenntnis der
von ihr gewählten Nummer.
    Statt dessen hörte er die Stimme der
18jährigen aus dem Fernsprechaquarium, gedämpft zwar, jedoch vernehmlich.
    „...kannst es mir glauben, Deti, ich
weiß es genau. Er ist nicht da. Und seine Frau auch nicht. Wie? Ja. Dir auch.
Viel Glück! Schmatzebacke — dir auch! Wie? Wann die zurückkommen, kann ich
nicht sagen. Aber es wird sicherlich spät. Tschau-auuu!“
    Sie hängte ein.
    Als sie sich zur Tür wandte, huschte
Tim hinter die Zelle.
    Claudia trat in die herbstliche
Nachmittagsluft und ging hinüber zum MOVIE, wo ihre Tretmühle immer noch stand.
    Tim blieb versteckt, beobachtete, wie
das Mädchen abfuhr, spuckte den Kaugummi in einen Papierkorb und rannte zu
seinen Freunden

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