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Schwarze Pest aus Indien

Schwarze Pest aus Indien

Titel: Schwarze Pest aus Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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auch Oma Neumeier ins traute Heim zurück.
    Sorgfältig verriegelte sie die Tür.
    Wenn sich draußen ein Massenmörder
herum trieb, war es besser, sich einzuschl... O Gott! Das Verandafenster!
    Es lag rückseitig, wies hinaus auf den
dunklen Garten.
    Beate öffnete es abends mindestens eine
Stunde, um das ganze Haus zu durchlüften.
    Harry mochte das nicht. Er haßte
frische Luft und war in den letzten Jahren immer verschrobener geworden. Beates
Herz hing an ihm, aber er war schon ein komischer Kauz. Wenn er doch wenigstens
auf seinen Sarg verzichtet hätte!
    Das war ein Tick besonderer Art, und
Beate hatte es bis heute niemandem — aber auch wirklich niemandem — erzählt.
    Stand doch der Sarg seit nunmehr 19
Jahren in Harrys Zimmer: ein teures Stück aus bestem Eichenholz, mit
Messinggriffen und weicher Innenpolsterung.
    „Liebste Beate“, hatte Harry damals
gesagt, „ich kaufe diesen Sarg, um dich eines — hoffentlich fernen — Tages von
der Aufgabe zu entbinden, ein letztes Behältnis für mich auszusuchen. Ich weiß,
wie dich das nerven würde. Da ich 14 Jahre älter bin als du, werde ich
voraussichtlich vor dir das Zeitliche segnen. Dieser Sarg entspricht meinem
Geschmack. Außerdem zwingt er mich, auf die Figur zu achten. Wenn ich dicker
werde, passe ich nicht mehr hinein. Somit schlage ich zwei Fliegen mit einer
Klatsche.“
    Beates anfängliches Entsetzen hatte
sich gelegt. Sie gewöhnte sich an den Sarg in Harrys Arbeitszimmer. Bald wurde
er behandelt wie jedes andere Möbelstück, wurde vom Staub befreit und mit
Politur eingerieben.
    Harry benutzte ihn, um Akten und
Schriftstücke darauf abzulegen. Beate stellte dort hin und wieder das
Teetablett ab. Einmal hatte sie den Sarg mit einer Spitzendecke verschönt. Aber
gerade da machte Harry sein halbjährliches Probeliegen, und die Decke wurde als
störend empfunden.
    Armer Harry!
    Beate seufzte, während sie das
Verandafenster schloß.
    Vor einer Stunde hatte sie im
Krankenhaus angerufen.
    Daß es ihm etwas besser ginge, sagte
die Schwester. Außerdem wisse man inzwischen, daß es sich um eine
Lebensmittelvergiftung handele. Freilich sei noch ungeklärt, ob man die
angeblich frischen Austern, das Pilzgericht, die gebratene Kalbsleber oder den
chinesischen Eintopf als Ursache ansehen müsse.
    Harry — der ein starker Esser war, aber
trotzdem wie ein Gerippe aussah — hatte dies alles gestern im Laufe des Tages
zu sich genommen: mittags bei einem Geschäftsessen und dann bei einem
Abendessen mit seinen Freunden vom Motorsportverein. Darunter etliche
Achtziger, die noch gefährliche Rallyes mitfuhren und zum Teil auch ins Ziel
gelangen — ohne ernsthafte Verletzungen.
    Er ist so verfressen, dachte Beate. Hat
sich gestern noch spätabends in der Speisekammer den Bauch vollgeschlagen. Und
das dicke Ende kam dann auch bald. Andere in seinem Alter fasten. Vielleicht
hat Harry einen Bandwurm. O Gott!
    Der Gedanke entsetzte sie, weshalb sie
im Wintergarten zur Beruhigung ein Gläschen Pfefferminzlikör trank.
    Dann ging sie in die Küche und holte das
Tablett mit ihrem Abendtee, einer Mischung von abgewogener Stärke. Sie reichte
aus, um Beate bis 23.30 Uhr wachzuhalten — selbst beim langweiligsten
Fernsehprogramm.
    Mit dem Tablett stieg sie die Treppe
hinauf.
    Die frische Abendluft füllte das Haus.
    Lediglich Harrys Zimmer hatte nichts
abgekriegt.
    Beate öffnete die Tür.
    Nein! dachte die 66jährige. Bin ich
beschwipst? Das ist doch unmöglich!
    Das Silbertablett fiel ihr aus der
Hand.
    Beate verharrte auf der Schwelle.
    Ein Duft von Lavendelparfum stieg aus ihrem
gepunkteten Seidenkleid, und der Likör brannte angenehm in dem — sooft
erkälteten — Hals.
    Der Sarg stand zwischen Tisch und
zweisitzigem Sofa. Und der Deckel bewegte sich.
    Beates Herz begann zu hämmern. Aber sie
schrie nicht.
    Jetzt lag der Sargdeckel am Boden, war
auf den Teppich gefallen mit dumpfem Geräusch. Im Sarg richtete sich eine
Gestalt auf.
    Über die halbe Länge des Zimmers
starrten sie sich an, während die Nacht ans Fenster drückte.
    „Wenn du schreist“, sagte Detlef Knobel,
„passiert was, Oma. Ich bin gewalttätig.“
    Beate schluckte. „Ich schreie nicht.“
    „Gut.“ Stöhnend stieg er aus dem
Totenschrein. „Sind Bullen draußen?“
    „Zwei müssen notgeschlachtet werden.“
    „Was? Ach so. Ich meine Polizisten.“
    „Ja, die sind da. Und sie suchen nach
Ihnen, Herr Knobelbecher.“
    „Mein Name ist Knobel. Ich bin durch
das Fenster unten

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