Schwarze Piste
ihrer Schwester?«
»Frag ihn am besten selber.«
»Das hört sich doch wieder nach irgendeinem Scheiß an. Der Kerl macht mich noch wahnsinnig. Ist wenigstens sicher, dass wir da zuständig sind?«
»Der Kreuthner hat gemeint, das wär kein Unfall. Die Tote ist auf einer Bank gesessen, und unter dem Schnee war überall Blut.«
Sie waren auf der Lichtung angekommen. Beamte der Spurensicherung in weißen Schutzanzügen arbeiteten im Schnee, eingetaucht in weißes Licht. Ein Generator brummte. Wallner ließ die Szenerie auf sich wirken.
»Wieso bringt man jemanden hier um?«
Janette zuckte die Schultern.
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10
D ie Frau blickte in den nächtlichen Himmel. Oliver fotografierte sie von allen Seiten. Inzwischen war die Leiche vollständig vom Schnee befreit worden. Auf Gesicht und Händen war eine Eiskruste, denn der herabfallende Schnee war zunächst geschmolzen und dann wieder gefroren, als die Körpertemperatur auf das Umgebungsniveau gefallen war. Um die Bank herum hatten die Spezialisten der Spurensicherung ein großes Areal abgesteckt, das von niemandem betreten werden durfte, der dort nichts zu suchen hatte. Dazu zählten auch Wallner, Janette und Kreuthner. Oliver und Tina vom K 3 , der Abteilung für Spurensicherung, suchten, unterstützt von anderen Beamten, nach Spuren unter dem Schnee, was äußerst mühsam war.
»Gefunden hab natürlich ich die Leiche«, sagte Kreuthner. »Das war eher Zufall, dass die Schwester von ihr auch dabei war.«
»Wieso spaziert die mit dir nachts durch den Wald?«
»Wir sind zusammen abgefahren.«
Wallner sah auf seine Uhr. »Wann?«
»So um halb fünf.«
»Aber da war’s doch schon dunkel.«
»Deswegen hamma uns ja verfahren. Sonst hätt ma die Tote gar net gefunden.«
Die Kälte kroch von unten in Wallners Daunenjacke. Er zog an den Bändern, mit denen man den Bund enger machen konnte, und steckte dann schnell seine Hände in die Taschen. »Hat Daniela Kramm eine Idee, warum ihre Schwester ausgerechnet hier gefunden wurde?«
»Wollt vielleicht auf den Wallberg gehen.«
»Wer geht denn durch den Tiefschnee zu Fuß auf den Wallberg?«
»Wie das passiert ist, hat’s noch net geschneit gehabt. Da war net viel Schnee.«
»Und wer sagt, dass sie ermordet worden ist?«
»Das ist doch klar. Da ist überall Blut.«
Tina näherte sich der Gruppe. »Servus, Tina. Wie schaut’s aus?«, sprach Wallner sie an.
Tina hielt eine durchsichtige Plastiktüte hoch, in der sich ein Teppichmesser befand. Am Boden des Beutelchens hatte sich hellrote Flüssigkeit gesammelt, von der Wallner vermutete, dass es sich um Schmelzwasser handelte, das von dem Messer abgetaut war. »Das haben wir unter der Bank gefunden.« Tina gab die Tüte Wallner, der sie an Janette weiterreichte, weil er erst seine Brille putzen musste.
»Die Tatwaffe?«
»Ja.« Tina nahm den Beutel wieder entgegen. »Fingerabdrücke werden wir nicht mehr drauf finden. Aber die Sache scheint klar zu sein. Sie hat sich die Pulsadern aufgeschnitten und ist verblutet.«
»Das macht doch keinen Sinn«, wandte Kreuthner ein. »Wer geht hier am Berg hoch, hockt sich auf a Bank und schlitzt sich die Pulsadern auf?«
»Das ist gar nicht so selten.« Tina steckte die Tüte mit dem Messer in eine größere Plastiktüte, in der sich weitere Asservate befanden. »Viele Selbstmörder wollen im Augenblick des Todes auf das schauen, was sie zurücklassen.«
»Für mich macht das keinen Sinn«, gab Kreuthner zurück, ohne seine Einschätzung näher zu begründen.
»Hat die Schwester irgendwas dazu gesagt?«, wollte Wallner noch einmal von Kreuthner wissen.
»Die hat überhaupt nix g’sagt. Die war total fertig.«
»Wat will er denn hier?«, hörte man Olivers schneidende Stimme in bester Friedrichshainer Färbung. Er kam durch den Schnee auf sie zu. »Soll der nich nach Hause fahren und sich um seine Kleene kümmern, oder hatte ick da wat falsch verstanden?«
»Es ist alles in bester Ordnung. Die Kleine ist bei Onkel Mike und hat Spaß.«
»Ja, ja. Aber so ’n Kind braucht ja nich nur Spaß, sondern auch Schlaf. Nich dit ick dir in irgendwat reinreden will.«
Wallner blickte auf die Uhr. »Das Kind kommt um sieben ins Bett, wie jeden Abend. Dann schläft es genau bis eine halbe Stunde, nachdem ich eingeschlafen bin, und fängt an zu schreien.«
Auch Oliver sah auf seine Uhr. »Dann biste ja in längstens zwanzig Minuten weg.«
»Scheint ja sowieso nichts vorzuliegen, wofür ich hierbleiben müsste.«
»Sieht
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