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Schwarze Piste

Schwarze Piste

Titel: Schwarze Piste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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und kraulte Troll, die Norwegische Waldkatze, auf ihrem Schoß. »Der Kaspar war der Erste hier am Hof. Ein ganz lieber Kerl. Aber ihm geht’s gut.«
    »Im Pferdehimmel?«
    »Ich wünsch es ihm.« Daniela entfernte die kurz aufjaulende Katze von ihrem Schoß und ging zum Kühlschrank, um sich Essiggurken zu holen. »Magst du auch welche?«
    »Nein danke. Die gehen net mit dem Bier z’samm.«
    Daniela setzte sich mit dem Essiggurkenglas an den Tisch und biss in eine Gurke.
    »Vielleicht ist der Kaspar ja bei deiner Schwester. Könnt ich mir vorstellen, dass sie denen im Himmel gesagt hat: Sie – da unten gibt’s noch a Pferd, das hätt ich gern wieder. Und dann hat wer gesagt: Du, Boandlkramer, hol amal den schwarzen Gaul da, dass die Sophie eine Gesellschaft hat, bis die andern kommen.«
    Daniela lächelte, um die Augen unter ihren dünnen, weißblonden Haaren bildeten sich kleine Falten und wurden tief und dunkel. »Das stell ich mir auch manchmal vor. Und dass sie dann durch blühende Wiesen reiten und die Sonne scheint, und es ist immer Frühling und so.«
    »Frühling ist gut. Oder Sommer. Immer nur Winter wär nix fürs Paradies. Zwei Monate Winter, wenn sie hätten, ohne Herbst, des wär’s. Gleich vom Sommer – zapp – nei in’ Winter. Nix dazwischen. Heut dreißig Grad, morgen minus zehn. Und so was wie den Wallberg müsst es auch geben. Nachts schneit’s immer an Meter. Und am Tag is Sonne und Pulver. Und wenn’s nach zwei Monat fad wird – zapp –, dreißig Grad, und weiter geht’s mit dem Sommer.« Kreuthner holte sich noch ein Bier. Die Vorstellung vom Jenseits machte ihm Laune. »Also wenn’s a Paradies gibt, dann schaut des so aus. Da bin ich mir sicher.«
    »Gibt’s aber nicht«, sagte Daniela und biss auf eine Gurke.
    »Ah so?« Kreuthner sah Daniela mit einer gewissen Verwunderung an. »Ich denk, der Kaspar kommt in den Pferdehimmel?«
    »Der schon. Aber für Menschen gibt’s keinen Himmel.« Danielas dunkle Kinderaugen blickten ins Nichts.
    »Für Tiere gibt’s einen, aber nicht für Menschen?«
    »Was weiß ich. Aber mein Gefühl sagt mir, dass für uns Schluss ist, wenn Schluss ist. Da kommt nichts mehr.«
    »Mir is des ja wurscht, ob noch was kommt. Ich glaub’s eigentlich auch net. Aber wieso dann für Pferde?«
    Daniela zuckte mit den Schultern. »Tiere haben’s verdient, dass sie in den Himmel kommen. Die haben keinem was getan.«
    Kreuthner sog nachdenklich an seiner Bierflasche, setzte sie ab (Daniela schob ihm einen Bierdeckel unter) und schüttelte schließlich den Kopf. »Unsere Katze hat damals jeden Tag Mäuse umgebracht. Mehrere. Und einmal a junges Eichhörnchen. Kommen Katzen nicht in den Himmel?«
    Troll, der inzwischen wieder seinen Platz auf Danielas Schoß eingenommen hatte, räkelte sich, schnurrte und krallte sich kurz in der Tischdecke fest, um sich anschließend mit dem Tischbein zu befassen. »Wenn sie Möbel zerkratzen, nicht«, sagte Daniela und verwies den Kater des Schoßes. »Tiere haben noch nie einen Krieg angefangen.« Daniela füllte ihr Schnapsglas mit einer Geste nach, als sei dieser Satz die Erklärung für die letzte aller Fragen. »Ich sag’s dir: Wenn wer in den Himmel kommt, dann die Tiere. Wir Menschen sind doch nur ein hässlicher Ausrutscher der Schöpfung. So was wie uns will doch keiner aufheben. Am besten zum Abdecker und Seife draus machen. Im Jenseits, mein ich. Bildlich gesprochen, verstehst du?«
    »Schad. Ich hab gedacht, mein Onkel Simon schaut vom Himmel runter, ob ich auch alles so mach, wie er sich das vorgestellt hat.«
    Daniela nippte am Kirschwasser. »Du hast ihn sehr gemocht, deinen Onkel Simon?«
    »Schmarrn. Des war a alter Depp. Jedes Mal an blöden Spruch auf der Lippe, wenn er mich gesehen hat.« Kreuthner blickte ins Innere seiner Bierflasche. »Ja, gut. Manchmal geht er mir ab. Aber es geht mir auch ab, wenn sie ein Haus in der Nachbarschaft abreißen oder an Baum abschneiden. Ich mag das net, wenn sich was ändert. Wenn ich selber was änder, dann geht’s. Aber wenn
es
sich ändert, verstehst? Wenn irgendwer was ändert in meiner Welt, ohne mich zu fragen. Das kann ich auf’n Tod net ausstehen. Und je länger was da war, umso weniger magst es, wenn’s wegkommt. Wie der Kaspar. Der war zwanzig Jahre da. Klar, des gibt a Loch, wenn er jetzt nimmer da is. Und deine Schwester war noch viel länger da. Immer schon.«
    »Ja«, sagte Daniela und setzte sich zu Kreuthner auf die Bank. »Sie fehlt mir«, sagte

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