Schwarze Piste
Kampfgewicht auf die Waage.
Als Frank im Bad war, stellte Tiffany ihre Taktik um und verschanzte sich hinter der offenen Tür, indem sie sie zu sich zog. Frank griff hinter die Tür und bekam Tiffanys Haare zu fassen. Sie schrie und kratzte. Frank zog sie unbarmherzig hinter der Tür hervor und drückte ihren Kopf zu Boden. In der Hektik hatte Frank das Messer fallen lassen. Es lag vor der Badezimmertür, außerhalb seiner Reichweite. Frank musste die Frau für einen Augenblick loslassen, um das Messer aufzuheben. In diesem Moment klingelte es an der Tür.
Mike drückte auf den Klingelknopf mit der Beschriftung »A. Plungauer«. Niemand meldete sich. »Vielleicht hat sie woanders übernachtet«, spekulierte Mike.
»Ja, vielleicht.« Wallner suchte die Straße ab, ob die junge Frau zufällig in dieser Minute nach Hause kam. Da hörte er etwas. Ein leises, aber hallendes Geräusch. Es klang wie ein Schrei. »Was war das?«
»Das kam aus dem Haus«, sagte Mike. Beide Kommissare lauschten. Ein Wagen fuhr vorbei und übertönte alles andere. Als der Wagen weg war, hörten sie erneut das Geräusch.
»Schreit da jemand?«
Mike nickte und drückte sämtliche Knöpfe auf dem Klingelbrett. Nach endlosen Sekunden meldete sich eine missmutig klingende Frauenstimme in der Gegensprechanlage. Mike sagte: »Post.« Der Türöffner summte, und die Kommissare gingen ins Treppenhaus. Hier waren die Schreie lauter. Die Quelle lag hinter einer Tür im Parterre. Darauf der Name Plungauer.
Mike und Wallner stürmten zur Tür, hämmerten auf sie ein und gaben sich als Polizisten zu erkennen. Die Frau hinter der Tür schrie weiter. Mike nahm Anlauf und warf sich gegen die Tür. Sie blieb verschlossen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht hielt sich Mike die Schulter. Wallner hatte keine Zeit für Mitleid. Die Schreie hatten aufgehört. Er zog seine Waffe und rief: »Gehen Sie hinter der Tür weg. Ich schieße jetzt auf das Schloss!« Er wartete einige Sekunden, und dann zielte er auf die Tür.
»Ist des wirklich a gute Idee?«, stöhnte Mike.
»Nein. Aber ich hab keine bessere.« Wallner rief noch lauter. »Ich schieße jetzt!«
In diesem Moment hörten sie das Geräusch eines sich im Schloss drehenden Schlüssels. Dann wurde die Türklinke nach unten gedrückt. Wallner zielte auf den Türspalt.
[home]
46
F rank rannte durch den Schnee und hinterließ Fußabdrücke. Ein Fehler mehr in dieser ganzen Scheiße, die er angerührt hatte. Er sprang auf einen Papiercontainer und von da aus über eine zwei Meter hohe Mauer in den Hinterhof eines Mietshauses, dessen Hausmeister offenbar weniger nachlässig war und ordentlich geräumt und Split gestreut hatte. Ein dünner Mann im Bademantel kam mit einem Müllsack aus dem Haus und starrte Frank an. Mit dem blutigen Messer in der Hand und dem gehetzten Blick sah er wenig vertrauenerweckend aus. Der dünne Mann machte auf der Stelle kehrt, um ins Haus zurückzulaufen, glitt auf einer glatten Stelle aus (ganz so gründlich war der Hausmeister wohl doch nicht gewesen) und schlug unter einigem Gezappel seiner schlacksigen Gliedmaßen der Länge nach hin. Es erstaunte Frank, dass der Mann seinen Müllsack nicht losließ, aber er hielt sich nicht lange bei dem Gedanken auf, sondern rannte durch die Toreinfahrt aus dem Hinterhof auf die angrenzende Straße.
Mit dem Schnee vom Bordsteinrand reinigte er hastig das Messer, steckte es ein und stieg auf der anderen Straßenseite in einen städtischen Bus, der gerade seine Türen schloss. Niemand im Bus sah Frank in die Augen. Er vermittelte wohl den Eindruck, dass er es nicht mochte, angesehen zu werden, und dass es Ärger geben könnte, wenn man diesen Wunsch nicht respektierte. Die meisten Menschen hatten ein feines Gespür dafür, ob jemand in der Lage war, einem mit voller Kraft ins Gesicht zu schlagen. Frank war immer stolz gewesen auf seinen Charles-Bronson-Blick. Momentan hätte er gern auf sein markantes Gesicht verzichtet.
Er griff in seine Jackentasche und holte den Bierdeckel hervor, betrachtete ihn und steckte ihn wieder weg. Die verfluchte Telefonnummer war in Sicherheit. Das würde seinem Auftraggeber zunächst den Arsch retten. Vermutlich nicht lange. Der Arsch von Baptist Krugger war Frank inzwischen aber herzlich egal. Er hatte ein sehr eigennütziges Interesse daran, dass Krugger möglichst lange unbehelligt blieb: So lange würde er der Polizei nichts von Frank erzählen.
Er stieg nach drei Stationen aus dem Bus und wanderte durch
Weitere Kostenlose Bücher