Schwarze Piste
abwarten. Könnten Sie den bulligen Mann beschreiben? Ich meine, für ein Phantombild?«
»Schon. Aber der Zeichner müsst schon herkommen. Sie sehen ja, was mit mir los ist.«
»Das wird am Computer gemacht. Aber wir bezahlen Ihnen ein Taxi nach Fürstenfeldbruck.«
[home]
50
E s war kurz vor sechs, als Wallner Bernd Hauser vom Verfassungsschutz erreichte.
»Herr Wallner, was kann ich für Sie tun?«
»Annette Schildbichler wurde heute ermordet. Mit ziemlicher Sicherheit vom gleichen Täter.«
»Das tut mir leid. Und Sie wollen jetzt was?«
»Den Namen des V-Mannes und ein aktuelles Foto.«
Am anderen Ende der Leitung herrschte ein paar Sekunden Stille. »Steht er unter Mordverdacht?«
»Theoretisch ja. Praktisch müssen wir herausfinden, ob er potenzieller Täter ist oder ein wichtiger Zeuge oder das nächste Opfer. Ich bin mir sicher: Irgendwas davon ist er.«
»Ich schau, was sich machen lässt. Es ist natürlich schon etwas spät.«
»Herr Hauser – Sie sind der Geheimdienst. James Bond macht auch nicht um fünf Feierabend.«
»Oh, mal ein James-Bond-Scherz über uns.«
»Entschuldigen Sie meinen provinziellen Humor. Was ich sagen will, ist: Der Täter hat in den letzten Tagen drei Menschen umgebracht und möglicherweise eine Frau schwer verletzt. Sie hatte Glück, dass wir rechtzeitig gekommen sind.
Es eilt!
«
»Geben Sie mir eine Mail-Adresse.«
Wenige Minuten später hatte Wallner das Foto einer Frau namens Josepha Leberecht nebst einigen persönlichen Daten auf seinem Laptop – der V-Mann, der die WG von Immerknecht, Kramm und Schildbichler ausspioniert hatte, war eine Frau. Das Foto wurde Herrn Kohl gezeigt wie auch anderen Hausbewohnern. Aber niemand konnte sich erinnern, die Frau gesehen zu haben. Wallner rief Hauser erneut an.
»Herr Hauser, vielen Dank für die prompte Lieferung. Hier am Tatort hat Frau Leberecht anscheinend niemand gesehen. Wir würden trotzdem gern mit ihr reden.«
»Warum rufen Sie sie nicht an?«
»Das habe ich schon. Es war nur die Box dran. Ich dachte, vielleicht haben Sie noch eine andere Nummer – für den Dienstgebrauch sozusagen.«
»Ich versuch mal auf anderem Weg, Kontakt mit Leberecht aufzunehmen. Kann sie Sie privat anrufen?«
»Ja. Ich geb Ihnen die Handynummer.« Als Wallner sein Gespräch beendet hatte, rief ihn Janette an.
»Wir haben ein Schreiben in der Wohnung gefunden. Die Sache wird langsam interessant«, sagte sie.
Die Polizeiinspektion in Herrsching stellte zwei Räume zur Verfügung, in denen die Mordermittler arbeiten konnten. Man kam überein, das Verbrechen an Annette Schildbichler von der Miesbacher Sonderkommission bearbeiten zu lassen. Denn es bestand kaum ein Zweifel, dass die drei Morde entweder vom gleichen Täter verübt worden waren oder es zumindest einen engen Zusammenhang zwischen den Taten gab. Janette saß mit anderen Beamten an einem längeren Tisch und tippte etwas in einen Computer. Neben ihr lag ein Handy sowie ein schnurloser Festnetzapparat.
»Was treibst du?«, fragte Wallner, der Janette einen Becher Kaffee hinstellte und sich den vakanten Plastikstuhl von einem benachbarten Tisch heranzog.
»Danke«, sagte Janette mit Blick auf den Kaffee. »Ich mache eine Liste der gespeicherten Nummern. Sämtliche Gespräche, die Annette Schildbichler vor ihrem Tod geführt hat, Handy wie Festnetz. Und auch die Anrufe, die sie nicht entgegengenommen hat.«
»Ist was Interessantes dabei?«
»Ein Anruf von einer öffentlichen Telefonzelle in München. Keine zehn Minuten, nachdem deine Stripperin überfallen wurde.«
»In der Nähe ihrer Wohnung?«
»Nicht direkt. Wart mal …« Sie rief Tiffanys Wohnungsadresse bei Google Maps auf. Dann vergrößerte sie den Ausschnitt und zeigte auf den Standort der Telefonzelle. »Da war das.«
»Wie weit ist das?«
Janette aktivierte den Entfernungsmesser und maß die Strecke ab. Es waren 1 , 7 Kilometer Luftlinie. »Ein bisschen weit zum Laufen. Der Anruf kam genau acht Minuten, nachdem ihr in die Wohnung gegangen seid.«
»Das liegt aber beides an der gleichen Buslinie. Das weiß ich noch von meiner Münchner Zeit.«
»Ja. Vielleicht hat er den Bus genommen. Allerdings müssten wir erst mal rauskriegen, wer das war.«
»Mike sitzt dran«, sagte Wallner. »Du wolltest mir aber eigentlich was anderes zeigen.«
Janette suchte aus einem Papierstapel eine Klarsichthülle heraus. In der Hülle steckte der Ausdruck eines Schreibens. Sie legte es vor Wallner. Es enthielt
Weitere Kostenlose Bücher