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Schwarze Piste

Schwarze Piste

Titel: Schwarze Piste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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Auftragnehmer nicht mit Wattebäuschchen arbeitete. Solange er nicht wusste, was Frank konkret anrichtete, konnte er sich einreden, dass alles nicht so schlimm war. »Ist auch egal«, sagte er schließlich. »Sind Sie sicher, dass die Frau sich die Nummer nicht gemerkt hat?«
    »Das kann ich so gut wie ausschließen.«
    »Was heißt ›so gut wie‹?«
    » 98 , 79  Prozent.«
    »Tut mir leid. Die Frage war … dumm. Wie geht es jetzt weiter?«
    Frank ersparte seinem Auftraggeber die Information, dass die Frau mit der Telefonnummer im Krankenhaus lag und irgendwann in der Lage sein würde, eine Aussage zu machen. »Ich bin immer noch auf der Suche nach dem Geld. Ich werde da jetzt etwas intensiver drangehen. Ach so, eins sollten Sie noch wissen …« Frank spielte mit dem Bierdeckel, auf dem sein Wasserglas gestanden hatte, und knickte ihn in zwei Hälften. Jetzt kam es auf die richtige Formulierung an. »Annette Schildbichler ist gestorben. Die dritte Frau.«
    »Oh. Bedauerlich.«
    »Sie wurde umgebracht. Auf die gleiche Art wie die beiden anderen Opfer. Sie werden es ohnehin in der Zeitung lesen.«
    »Okay. Dann weiß ich Bescheid. Das bedeutet … nun ja, eine gewisse Sicherheit, denke ich mal.«
    »Und ich denke, wir sollten nicht zu viel am Telefon quatschen. Ich melde mich, wenn es etwas Neues gibt.«
     
    Gegen neunzehn Uhr setzte sich Frank in seinen Wagen und fuhr am Alpenrand entlang nach Bad Tölz, von dort aus weiter Richtung Tegernsee. Von der Straße aus sah er weihnachtlich erleuchtete Nadelbäume in den verschneiten Gärten, und in den Fenstern funkelten Lichterketten. Er hatte Weihnachten immer gehasst. Jedes Jahr am dreiundzwanzigsten Dezember kamen Eltern oder irgendwelche Verwandte ins Heim und holten die anderen Kinder ab. Wenigstens zu Weihnachten! Da wurde jeder sentimental. Vielleicht hätte auch ihn jemand abgeholt, ein Onkel, die Großeltern. Aber das passierte nicht. Seine Mutter war in einer psychiatrischen Anstalt, und sein Vater erzählte jedem, er werde den Jungen Weihnachten nach Hause holen. Und während am dreiundzwanzigsten für die anderen Verwandte kamen, kam für Frank ein Anruf vom Vater, dass er es dieses Jahr nicht schaffen würde. Jedes Jahr mit einer dümmeren Ausrede. Jedes Jahr klang er betrunkener. Nein, Frank konnte beim besten Willen nicht nachvollziehen, was an Weihnachten schön sein sollte. Die Lichter in den Häusern erinnerten ihn an nächtliche Strände in der Karibik. Zumindest stellte er sich das so vor. Die Lichterketten würden da nicht an verschneiten Tannen hängen, sondern an Palmen. Und unter den Palmen braune Mädchen, die lächelten und sich von Papa Frank bunte Drinks mit Papierschirmchen spendieren ließen. So ließe sich Weihnachten ertragen.
    In dem kleinen, lichterkettenfunkelnden Ort Waakirchen ging es rechts nach Tegernsee. Frank fuhr geradeaus auf der B  472  Richtung Miesbach. Nach zwei Kilometern bog er rechts in einen Feldweg zwischen Kuhweiden. Die Höfe standen hier in großen Abständen voneinander. Der kleine Feldweg war geräumt, hatte aber eine feste Schneedecke. Links und rechts glitzerte es am Wegesrand im Scheinwerferlicht. Es hatte auf die Haufen geschneit, die der Schneepflug hinterlassen hatte. Und es war kalt. Minus vierzehn Grad.
    Im Stall brannte Licht. Frank stieg aus dem Wagen und ging hinein. Es rührte sich wenig dort. Hühnergeräusche, eine Katze huschte vorbei. Die Pferde und Esel kauten still ihr Heu und betrachteten den Ankömmling mit geringem Interesse. Da hörte Frank Danielas Stimme. »Leo?« Daniela tauchte aus einer Pferdebox auf und sah Frank überrascht an. »Hallo, Frank. Was machst du denn hier?«
    »Hi. Ich dachte, ich schau mal vorbei, ob die Wasserheizung funktioniert. Ist kalt heute Nacht.«
    »Sie funktioniert. Es ist nichts eingefroren. Das hast du super gemacht.«
    »Danke.« Frank sah sich im Stall um und überlegte seine nächsten Schritte, die er auf der Fahrt mehrfach im Kopf geprobt hatte. In seiner Vorstellung passierten die entscheidenden Dinge im Haus. Dort, wo die Papiere waren und der Computer. Dort, wo das viele Geld war oder, genauer gesagt, der Zugang dazu – und es konnte eigentlich nur noch hier sein. »Ich würde gern a paar Sachen mit dir besprechen. Können wir ins Haus gehen?«
    »Klar. Ich räum nur noch ein bisschen auf.«
    Frank sah sich um und konnte beim besten Willen nichts entdecken, was hätte aufgeräumt werden müssen. »Was willst du denn aufräumen?«
    »Die

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