Schwarze Piste
Beamte. Haben sie dir das nicht gesagt bei der Einstellung?«
Kreuthner schwieg.
»So. Und jetzt hätt ich gern gewusst, was du da zu recherchieren hattest. Der Name Krugger ist nämlich noch überhaupt nicht aufgetaucht bei unseren Ermittlungen.«
»Ah geh! Das willst dann doch wissen.«
»Ja, das will ich wissen. Die Chancen stehen fifty-fifty, dass es tatsächlich von Interesse ist. So viel gestehe ich dir zu.«
»Ich bin gleich wieder da«, sagte Kreuthner und verließ Wallners Büro. Nach drei Minuten kam er wieder und hatte eine Straßenkarte dabei, die er auf Wallners Schreibtisch ausbreitete.
»Was ist das?«
»Eine Straßenkarte vom Landkreis. Die hat Jörg Immerknecht gehört.«
»Und wie kommst du an die Karte?«
»Die is im Zimmer von der Tochter gehängt. Da hab ich sie gesehen und mitgenommen.«
Wallner vermochte seiner Fassungslosigkeit keinen adäquaten Gesichtsausdruck zu verleihen. Er sah Kreuthner nur mit offenem Mund an. »Die hast du geklaut?«
»Sichergestellt. Des is a Beweismittel.«
»Gut, dann nennen wir es: Beweismittel unterschlagen.«
»Des is a Schmarrn. Weil die Spurensicherung hätt des Teil nie mitgenommen. Erstens is es, wie gesagt, im Zimmer von der Tochter gehängt. Und zweitens – hättst du des mitgenommen? Schau’s dir an.«
Wallner betrachtete die Karte. »Glaub nicht. Vielleicht, weil da eine Strecke eingezeichnet ist. Kann sein, dass ich zumindest mal nachgefragt hätte. Na gut. Wahrscheinlich hätt ich sie hängen lassen.«
»Eben«, sagte Kreuthner. »Eben!«
»Ja und? Klär mich auf. Was hat die Karte mit den Morden zu tun?«
»Der eingezeichnete Weg führt vom Haus der Kruggers in Miesbach zu am andern Haus am Taubenberg. Und das Haus, des hab ich recherchiert, gehört dem jungen Krugger. Baptist heißt der.«
Wallner sah Kreuthner ratlos an.
»Jetzt pass auf: Der alte Krugger hat gar net gewusst, dass der junge a eigenes Haus hat.«
»Irgendwie menschlich interessant. Aber noch mal: Was hat das mit unserem Fall zu tun?«
»Jetzt frag ich dich: Wieso hängt im Haus von dem Immerknecht a Straßenkarte, wo der Weg vom einen Haus Krugger zu dem anderen eingezeichnet is?«
»Das ist in der Tat eine interessante Frage. Die Tochter hast du nicht zufällig gefragt?«
»Doch. Ich hab die angerufen. Die sitzt immer noch in Haar. Die hat das Teil aus dem Altpapier und weiß auch net, wieso der Weg eingetragen is. Jetzt bist du dran.«
»Moment. Deine Intuition in Ehren. Aber wenn ich an der Wand eines Kinderzimmers so eine Karte sehe, und da ist diese Strecke eingezeichnet, und ich hab keine Ahnung, was der Anfangs- und der Endpunkt ist – so war’s ja wohl, oder?«
Kreuthner nickte.
»Ich mein, da denk ich mir doch erst mal gar nichts. Oder denke bestenfalls, da hat jemand einen Weg eingezeichnet, der irgendeine Bedeutung für ihn hat. Ich komm aber im Leben nicht drauf, dass die Karte etwas mit dem Mord an dem Betreffenden zu tun hat. Und du auch nicht. Also?«
»Also was?«
»Du hast mir noch nicht alles gesagt?«
Kreuthner überlegte ein bisschen, ob er Wallner einweihen sollte. Letztlich musste er ihm wohl mehr gestehen – wenn auch nicht alles. »Na gut. Ich hab mal eine Straßenkontrolle gemacht. Und zwar genau an der Stelle, wo das Kreuz eingezeichnet ist.« Kreuthner deutete auf die entsprechende Stelle auf der Karte. »Da war eine Ampel im Wald, und da sind zwei Autos davorgestanden.«
»Eine Baustellenampel?«
»Hat so ausgeschaut. Aber die ist ewig nicht auf Grün gesprungen. Und überhaupt war da irgendwas faul an der Geschichte.«
»Ist das nur so ein unbestimmtes Bauchgefühl oder steckt da mehr dahinter?«
»Du kennst das vielleicht: Wenn so Sachen net z’sammpassen. Der Fahrer passt net zum Wagen. Die Klamotten net zu de Leut. Da war einiges, was einfach net passt hat. Natürlich, letztlich a Gefühl. Deswegen hab ich auch nix unternehmen können.« Die Sache mit dem Geld befand Kreuthner als zu nebensächlich, um sie in den Bericht aufzunehmen.
Wallner dachte nach, schien aber nicht so recht zu wissen, was er davon halten sollte.
»Ich hab dir noch net gesagt, wann das war.« Auf Kreuthners Gesicht zeigte sich ein Lächeln, wie es nur die Gewissheit eines nahen Triumphs hervorbringen kann. »Das war der vierundzwanzigste September 2008 .«
Wallner war das erste Mal ernsthaft beeindruckt. »Aha«, sagte er. »Aus der Zeit könnte das Foto mit der Toten stammen. Verstehe.« Wallner sah Kreuthner mit einem Mal argwöhnisch
Weitere Kostenlose Bücher