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Schwarze Rose der Nacht - Amber, P: Schwarze Rose der Nacht

Schwarze Rose der Nacht - Amber, P: Schwarze Rose der Nacht

Titel: Schwarze Rose der Nacht - Amber, P: Schwarze Rose der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Amber
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summen. In jedem der Räume, an denen sie vorüberging, herrschte hektische Betriebsamkeit. Kurze, harte Befehle wurden ausgeteilt, junge Kellner in eng sitzenden Jacken trugen Tabletts voller blitzender Kristallgläser oder bunter Köstlichkeiten, sowie silberne Kübel mit Eisstückchen darin. Violet schob sich eng an die Seite, um ja nicht mit einem dieser eiligen Pinguine zusammenzustoßen und am Ende gar für den Verlust einiger kostbarer Gläser oder Schüsseln verantwortlich gemacht zu werden.
    Der Speisesaal war ein lang gestreckter hoher Raum, der von drei Kaminen beheizt wurde. Zwischen der dunklen Holztäfelung hatte man die Wände mit roter Tapete bespannt und verschiedene Gemälde oder gerahmte Stiche aufgehängt, schwere Brokatgardinen umrahmten die hohen Fenster. Die Tische waren mit weißen Damasttüchern bedeckt, Gläser funkelten darauf, goldverzierte Salzstreuer und Gestecke aus Seidenblumen. Alles wirkte auf Violet dumpf und schwer, sie blickte besorgt auf die vielen Teppiche, die den Boden bedeckten, und ihr war klar, dass von ihrem Klavierspiel vermutlich nicht viel zu hören sein würde.
    Das Instrument war ein hoher, brauner Kasten, mit schönen Schnitzereien verziert, die Pedale glänzten goldfarbig, waren jedoch ziemlich abgeschliffen. Gleich neben dem Instrument befand sich ein Kübel, in dem eine Palme gedieh, die ihre Zweige sehnsüchtig zur Decke reckte, als suche sie dort oben Sonne und Licht.
    Violet klappte den Deckel auf, rückte sich den Schemel zurecht und schlug einige Töne an. Es klang grauenhaft.
    „Sie sollen nicht klimpern, sondern Klavier spielen, Miss“, sagte jemand. „Es sind bereits Gäste eingetroffen.“
    Ein blonder Kellner stand neben ihr, das Haar sorgfältig mit Frisiercreme nach hinten gekämmt, die hochgezogenen Augenbrauen drückten Geringschätzung aus.
    „Ich habe nur einige Akkorde zur Probe gespielt“, sagte Violet, die jetzt ihren Mut wiederfand. „Das Instrument ist verstimmt.“
    „Ach ja?“, näselte er. „Dann spielen Sie eben so, dass es nicht auffällt. Fangen Sie endlich an.“
    „Es fällt in jedem Fall auf“, gab sie verärgert zurück. „Wenn die Heizperiode beginnt, sollte man immer damit rechnen, dass ein Instrument die Stimmung nicht hält. Ein musikalischer Mensch hört die unreinen Töne sofort.“
    Er glotzte sie an, offensichtlich war ihm solche Unverfrorenheit noch nie vorgekommen. Dieses Mädchen wagte es, an dem Klavier, das dem Hotel gehörte, herumzunörgeln, anstatt froh und dankbar dafür zu sein, dass man ihr erlaubte, darauf zu spielen.
    „Falls der berühmte Mr. Paderewski einmal bei uns vorbeikommen sollte, um ein Konzert zu geben, werden wir das Instrument gewiss vorher stimmen lassen“, sagte er hochnäsig. „Für Sie, Miss, muss es auch so ausreichen!“
    Er warf ihr einen verachtungsvollen Blick zu und bewegte sich dann in Richtung der Fenster, wo die bereits eingetroffenen Gäste Platz genommen hatten. Violet sah zu, wie er dienstfertig Aufstellung bezog, die Nase in die Luft reckte, während er die Bestellung aufnahm und sich dann in tadelloser Haltung völlig geräuschlos entfernte, als sei er eine Pappfigur auf Rädern.
    Es half nichts, sie würde auf diesem grauenhaften Instrument spielen müssen, schließlich ging es um eine Menge Geld. Sie suchte sich einige Noten heraus, stellte sie auf und begann ihre Arbeit zu tun. Es klang fürchterlich, innerlich leistete sie jedem einzelnen Komponisten, den sie spielte, reuevolle Abbitte, doch letztlich tröstete sie sich damit, dass der Klang des Instruments durch die vielen Stoffe und Teppiche im Raum kaum hörbar war.
    Der Speisesaal füllte sich, und der Geräuschpegel stieg an, Gläser klirrten, Menschen lachten und redeten, Geschirr klapperte. Hin und wieder wagte sie es, einen Blick über die Schulter zu werfen und die Gäste neugierig zu betrachten. Damen in schönen Roben, nach der neuesten Mode geschnitten, saßen mit geraden Rücken auf den Stühlen, denn ihre Korsagen waren so eng geschnürt, dass sie sich kaum bewegen konnten. Ältere Herren mit gepflegten Backenbärten sprachen eifrig den Getränken zu, die Gesichter gerötet, die Jacken halb geöffnet. Wenn sie lachten, tanzten die goldenen Uhrketten auf ihren Westen. Hin und wieder entdeckte sie auch Kinder, wie kostbare Püppchen gekleidet saßen sie wohlerzogen auf ihren Plätzen und handhabten Messer und Gabel wie Erwachsene.
    Sie stellte sich die Noten einer Diabelli-Sonate zurecht und wollte

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