Schwarze Rose der Nacht - Amber, P: Schwarze Rose der Nacht
konnte.
„Nehmen Sie den Leuchter mit“, sagte er in verbissenem Zorn, als sie fertig war. „Es ist dunkel oben.“
Violet wusste kaum, wie sie in ihr Zimmer gelangt war. Sie warf die Tür hinter sich zu, schloss ab und stellte den Leuchter auf die Kommode. Das flackernde Licht erinnerte sie schwach an die unheimlichen Vorgänge im Flur, doch angesichts dessen, was gerade mit ihr geschehen war, schien ihr dies alles jetzt nur eine lächerliche Einbildung gewesen zu sein.
Sie verkroch sich zitternd unter ihrer Bettdecke und glaubte, vor Unglück und Verzweiflung kein Auge schließen zu können. Doch gleich darauf erfasste sie eine ungeheure Mattigkeit und sie fiel in einen tiefen todesähnlichen Schlaf.
Maggy musste den Morgentee zweimal ankündigen, bevor die Hausdame ihr öffnete.
„Schließen Sie sich jede Nacht im Zimmer ein, Miss Burke?“, fragte sie verwundert, während sie ihr Tablett abstellte.
Violet hatte sich wieder auf ihr Bett gesetzt, sie war zu hastig aufgesprungen, um Maggy einzulassen und nun war ihr schwindelig.
„Es gibt hin und wieder sehr seltsame Geräusche auf dem Flur.“
Das Mädchen goss seelenruhig den Tee ein und bemerkte, dass auch sie schon manchmal ein komisches Knacken gehört habe.
„Charles hat gemeint, dies sei ein altes Haus und daher müsse es auch einen Hausgeist geben, der in den Nächten umherwandelt“, berichtete sie schmunzelnd.
„Offensichtlich bevorzugt er den zweiten Stock“, meinte Violet trocken. „Vielleicht wohnt er ja in der Rumpelkammer.“
„Bei diesen grauslichen Dingern, die dort herumstehen“, entfuhr es Maggy. „Das wäre kein Wunder.“
Sie rührte Sahne und Zucker in den Tee und richtete dabei ein Bad auf der Untertasse an.
„Woher stammt dieses Zeug eigentlich?“, forschte Violet.
„Das? Das bekam Mrs. Clarissa von irgendwoher geschickt. Aber Mr. Marlow mochte die Sachen nicht und daher verschwanden sie gleich in der Rumpelkammer.“
Violet staunte.
„Hat sie diese Sachen bestellt?“
„Aber nein“, sagte Maggy und reichte Violet die übervolle Teetasse. „Es war ein Geschenk. Ich glaube, dass Mr. Marlow auch deshalb so wütend geworden ist.“
Die Sachen waren wirklich scheußlich – fast konnte sie Marlow verstehen.
„Sie hatten einen furchtbaren Streit deshalb“, schwatzte Maggy daher, der es gefiel, sich vor der neuen Hausdame wichtig zu machen. „Aber eigentlich war das nichts Besonderes. Es gab viel Streit zwischen Mrs. Clarissa und Mr. Marlow. Mrs. Clarissa war immer etwas seltsam, sie hat sich oft eingeschlossen und geweint. Dann durfte niemand zu ihr – auch nicht Mr. Marlow.“
Violet nippte von dem heißen, süßen Tee und spürte, wie ihr Kreislauf langsam wieder in Gang kam.
„Dann war die Ehe wohl nicht sehr glücklich?“
Maggy schüttelte den Kopf und schob einige Löckchen unter die Haube zurück, die sich jedoch gleich wieder befreiten.
„Ich glaube nicht, Miss Burke“, meinte sie und presste mit naseweisem Ausdruck die Lippen zusammen. „Ich musste Mrs. Clarissas Bett immer hier in diesem Zimmer machen. Sogar …“
Sie beugte sich vertrauensselig zu Violet herunter und senkte die Stimme. „… sogar in der Hochzeitsnacht.“
Violet zuckte zusammen und spürte, dass ihr wieder schwindelig werden wollte. Von Hochzeitsnächten wollte sie momentan besser nichts wissen.
„Danke Maggy. Du kannst jetzt gehen.“
Violet blieb auf dem Bett sitzen und starrte auf die Teetasse in ihren Händen. Jetzt, da sie allein war, stürzten Scham und Entsetzen über das, was sie getan hatte, wieder über sie herein. Sie hatte sich ihm hingegeben und namenlose Lust dabei empfunden – damit hatte sie ihm den endgültigen Beweis dafür geliefert, dass seine Theorien über die angeborene Wollust der Frauen der Wahrheit entsprachen.
Waren wirklich alle Frauen so? Nein, dachte sie bitter. Es schaut ganz so aus, als ob Mrs. Clarissa aus anderem Holz geschnitzt war. Ganz offensichtlich hatte sie sich seinen schamlosen Begierden verweigert, so wie jede anständige Frau dies getan hätte. Violet hatte keine genaue Vorstellung von dem, was zwischen Ehepartnern in der Hochzeitsnacht geschah. Doch sie erinnerte sich daran, dass ihre Mutter einmal sagte, dass man es eben über sich ergehen lassen müsse, aber immer die Kleider dabei anbehielt.
Nun, dachte sie beklommen, ich bin nicht seine Ehefrau. Und vermutlich werde ich es niemals sein. Wieso kam ich auf die verrückte Idee, dass er mich liebt? Er hat gesagt,
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