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Schwarze Rose der Nacht - Amber, P: Schwarze Rose der Nacht

Schwarze Rose der Nacht - Amber, P: Schwarze Rose der Nacht

Titel: Schwarze Rose der Nacht - Amber, P: Schwarze Rose der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Amber
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unglücklich. Eine Stoffpuppe, die er mal hätschelte, mal quälte und sie dann in die Ecke warf.
    Als Mrs. Waterbrook ins Speisezimmer trat, um den Tisch abzudecken, fand sie Violet am Fenster stehend und mit trüber Miene in den noch trüberen Herbsttag starrend.
    „Es wird wohl vorläufig nichts mit dem Herd, wie?“, meinte die Köchin schmunzelnd.
    Violet fuhr herum.
    „Woher wissen Sie das? Haben Sie etwa – zugehört?“
    Die Köchin wehrte empört ab und versicherte, es sei keineswegs ihre Gewohnheit, ihr Ohr an die Türen zu halten. Mr. Marlow habe jedoch die Tür bereits geöffnet, daher habe sie das Gespräch zufällig mitgehört.
    „Nehmen Sie es nicht so tragisch, Miss Burke“, tröstete sie und stapelte das Geschirr auf ihrem Tablett. „Mr. Marlow ist ein guter Mensch – er wird sich schon irgendwann besinnen.“
    „So etwas Ähnliches haben Sie schon gestern gesagt“, seufzte Violet. „Aber ich bin mir nicht sicher, ob Mr. Marlow wirklich ein guter Mensch ist.“
    „Das ist er ganz gewiss“, sagte Mrs. Waterbrook mit solcher Entschiedenheit, dass Violet sie verblüfft ansah.
    „Vor zwei Jahren – aber das muss unter uns bleiben, Miss Burke – also vor zwei Jahren, da hat Charles heimlich eine Menge Geld auf der Rennbahn verspielt. Als er mir dann gestand, was für Schulden er gemacht hat, bin ich darüber krank geworden. Wir wussten nicht aus noch ein, Mrs. Burke, denn die Gläubiger kamen sogar hierher ins Haus, und das wäre für Mr. Marlow wohl ein Grund gewesen, uns beide zu entlassen. Aber was hat er getan? Er hat sich Charles vorgenommen, hat ihn ordentlich zusammengefaltet und dann hat er ihm Geld gegeben, damit wir die Schulden zahlen konnten.“
    Violet runzelte die Stirn und konnte es kaum glauben. Marlow als Wohltäter?
    „Dann arbeitet ihr beiden das Geld jetzt bei Marlow ab?“
    Mrs. Waterbrook schüttelte den Kopf.
    „Nein, Miss Burke. Es gibt keinen Schuldschein und gar nichts. Mr. Marlow zahlt uns den vollen Lohn. Das ist es, was ich meine: Er ist im Grunde seines Herzens ein guter Mensch.“
    „Unfassbar“, meinte Violet immer noch zweifelnd. „Aber wenn Sie es so erlebt haben, dann wird es wohl stimmen.“
    „Unbedingt, Miss Burke!“, gab Mrs. Waterbrook zurück, schob geschickt die Tür mit dem Fuß auf und trug ihr Tablett hinaus. Von hinten gesehen hatte sie Ähnlichkeit mit einem großen, wandelnden Kaffeewärmer.
    Gegen Mittag erschien die unvermeidliche Mrs. Murdstone, gefolgt von einem jungen Burschen, der mehrere Pakete vor sich hertrug. Violet empfing sie dieses Mal in der Halle, bat, die Sachen abzustellen und verzichtete auf die sofortige Anprobe, denn sie hatte wenig Lust auf das lästige Geschwätz der Schneiderin. Doch Mrs. Murdstone ließ sich nicht so leicht abwimmeln.
    „Nun, liebe Miss Burke – es ehrt mich, dass Sie so viel Vertrauen haben. Gewiss arbeiten meine Mädchen exakt nach den Maßen, die ich notiert habe. Einige von ihnen sind schon seit Jahren bei mir beschäftigt, es ist ja ein Segen für die armen Dinger, dass ich sie bei mir aufnehme – wer weiß, welches Schicksal ihnen sonst zuteilgeworden wäre.“
    „Gewiss, Mrs Murdstone. Ich werde alles in Ruhe anprobieren, und falls etwas zu ändern ist, lasse ich es Sie wissen.“
    Die Schneiderin war enttäuscht, denn sie hatte vorgehabt, Violet zu einer Pelerine und einem Hauskleid aus weichem Baumwollstoff zu überreden. Deshalb versuchte sie, das Gespräch in Gang zu halten, um es bei günstiger Gelegenheit geschickt auf das von ihr gewünschte Thema zu lenken.
    „Wenn ich an die armen Mädchen denke, die gezwungen sind, am späten Abend durch die Stadt zu laufen“, bemerkte sie und nickte dazu so heftig, dass ihre Löckchen zitterten. „Haben Sie es schon gehört?“
    Violet seufzte – nein, sie hatte nichts gehört.
    „Es stand doch heute früh in allen Zeitungen, Miss Burke“, ereiferte sich die Schneiderin. „Er hat wieder zugeschlagen.“
    Violet starrte die Frau erschrocken an.
    „Sie meinen – der Mörder von Whitechapel?“
    Mrs. Murdstone stellte vergnügt fest, dass sie im Begriff war, eine vollkommene Neuigkeit zu verkünden und machte sich daran, keine Einzelheiten auszulassen.
    „Genau der, Miss Burke. Nur dass er mittlerweile nicht mehr nur in Whitechapel umgeht. Das unglückliche Opfer ist in Holborn entdeckt worden, in einem Hauseingang. Der Milchjunge hat sie früh am Morgen gefunden, der arme Kerl musste sich auf der Stelle übergeben, so furchtbar war

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