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Schwarze Schafe in Venedig

Schwarze Schafe in Venedig

Titel: Schwarze Schafe in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Ewan
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Sache nur noch schlimmer. Der eisigkalte Wind wehte um meine nackten Knöchel und pfiff in meine Hosenbeine.
    Auf der anderen Seite angekommen war nicht die leiseste Spur von Graziella zu sehen. Gut möglich, dass sie hier irgendwo nach links abgebogen und der Biegung des Canal Grande gefolgt war, vielleicht sogar vorbei an dem bacàro, in dem Victoria und ich am Abend zuvor gegessen hatten, aber ich setzte all meine Hoffnung auf den Kanal, der geradeaus weiterführte.
    Kluge Entscheidung. Ich entdeckte ihre rote Perücke, als sie gerade auf die Mitte des Campo Santo Stefano zueilte; der Platz war wie ein Meer aus Dunkelheit um sie herum, vom trüben Lichtschein einiger antiker Straßenlaternen abgesehen. Sie ging flott und blieb auch nicht stehen, um den nachdenklichen Marmormann auf dem weißen Sockel zu bestaunen, auf den sie zusteuerte. Ich ließ mich etwas zurückfallen und war froh über die Baustelle gleich am Eingang des Platzes, wo ein Bereich mit weißen Plastiknetzen abgehängt war.
    Doch allzu lange durfte ich nicht warten. Sobald sie auf der anderen Seite des Platzes war, hätte sie einen gewaltigen Vorsprung, genug, dass ich sie in diesem Durcheinander aus Gassen und kreuz und quer verlaufenden Sträßchen nur allzu leicht verlieren könnte. Also wartete ich, bis ich davon ausgehen konnte, dass sie außer Hörweite war, dann lief ich rasch am Rand des Platzes entlang und nutzte dabei aufgestapelte Café-Tische und –Stühle als Deckung. Eigentlich wollte ich auf Höhe der Statue sein, ehe sie den Platz verließ, aber sie ging schneller als erwartet, weshalb ich ihr gezwungenermaßen im Laufschritt folgen musste.
    An der Ecke der Kathedrale angekommen pochte mir das Blut in den Ohren. Die roten Haare flammten im Dämmerlicht vor mir auf und wippten mit ihrem Gang hin und her wie eine Laterne, die im Luftzug schwankte. Das rote Leuchten flackerte aufwärts, als sie über eine katzenbucklige Brücke lief.
    Ich war diesen Weg oft genug gegangen, um eine ungefähre Vorstellung davon zu haben, wo sie hinwollte. Zum Campo Manin vermutlich, und von dort konnte sie dann rechts zur Piazza San Marco abbiegen oder links zum Rialto. Sie marschierte schnurstracks geradeaus, genau wie ich es erwartet hatte, ich dagegen trabte schwungvoll nach links, bog dann rechts ab und joggte eine parallel verlaufende Gasse entlang, in der Hoffnung, so ein bisschen aufzuholen. Irgendwann trafen die Gassen auf ein Quersträßchen, und ich wartete ab und vergewisserte mich, dass die Luft rein war, ehe ich weitersprintete und vor der graziös geschwungenen Brücke am Ende des Durchgangs schliddernd zum Stehen kann.
    Dort lauerte ich ihr auf, die Hand vor dem Mund, damit mein Atem mich nicht verriet, und sah zu, wie sie auf den Platz kam. Graziella steuerte auf ein Bürogebäude zu, einen Klotz aus Beton und Glas, doch statt dann zu einer der abgelegenen Seiten des campo abzudrehen, erwischte sie mich auf dem falschen Fuß, weil sie knapp hinter dem geflügelten Löwen zu Füßen der Statue des Daniele Manin nach rechts abbog und in einen verborgenen Durchgang verschwand, der mir bisher noch nie aufgefallen war.
    Die unbekannte calle sah aus wie der Eingang zu einem Schützengraben. Schmuddelig und klamm verjüngte sie sich zu undurchdringlicher Dunkelheit, in der man nicht einmal erahnen konnte, wo sie hinführte. Mich leise verfluchend, die kleine Taschenlampe nicht mitgenommen zu haben, tastete ich mich, die Arme vor dem Gesicht ausgestreckt, an den vergitterten Fenstern eines Herrenausstatters und des daneben liegenden Cafés vorbei. Briefkästen, Türklingeln und Rohre tauchten aus der Finsternis auf und verrieten, dass jenseits der Mauern, die links und rechts über mir in den Himmel ragten, Menschen lebten.
    Ich sah weder die rote Perücke, noch hörte ich ihre Schritte. Möglich, dass sie in eins der Häuser verschwunden war, aber ich war mir ziemlich sicher, dann hätte ich eine Tür zuschlagen gehört. Es war auch durchaus möglich, dass sie mir irgendwo auflauerte, um mich aus dem Hinterhalt anzugreifen und zu Boden zu ringen. Viel hätte es dazu nicht gebraucht. Diese seltsame Gasse und die undurchdringliche Dunkelheit verunsicherten mich so sehr, dass es schon gereicht hätte, wäre irgendwo ein Kind aufgesprungen und hätte laut »Buh!« gerufen.
    Zentimeterweise durchs Dunkel tappend und langsam einen Fuß vor den anderen schiebend landete ich schließlich vor einem imposanten doppelflügeligen Eisentor. Das Tor war

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