Schwarze Schiffe - Kommissar Ly ermittelt in Hanoi
paar Leute durch Phuc Tan. Irgendjemand muss die Toten und diese Hoa doch zumindest mal gesehen haben.«
»Du weißt, wie die da unten sind. Sie wollen keine Probleme«, wandte Lan ein.
»Mach den Leuten klar, dass Zeugen anonym bleiben. Rede ihnen ins Gewissen. Es geht uns allein um Informationen zu den Toten und vor allem um den Aufenthaltsort dieses Mädchens.«
Lan machte sich Notizen in ein Buch, das auf ihren nackten Beinen lag. Ihr gelber Rock war weit hochgerutscht. Sogar der alte Parteikommissar schielte verstohlen auf ihre Beine.
»Xuan, du kümmerst dich um die Sampanfahrer«, sagte Ly. »Ich will wissen, welche der Sampans in letzter Zeit Erdnüsse gefahren haben.« Obwohl er ihn direkt ansprach, verharrte Xuan in seiner halbliegenden Haltung im Sessel und verzog nur sein Gesicht zu etwas, das wohl Skepsis ausdrücken sollte. »Erdnussstaub wirst du auf allen Booten finden«, sagte Xuan. »Zu den Erntezeiten fahren die meisten Sampans kleine Fuhren Nüsse. Das ist eines der wenigen Geschäfte, die ihnen geblieben sind. Außerdem gehören Erdnüsse zu ihrer Standardmahlzeit. Nahrhaft und billig.«
»Schaut euch trotzdem auf den Booten um. Vielleichtfällt euch irgendetwas auf, an das wir nicht gedacht haben.«
Xuan registrierte Lys Auftrag mit einem müden Nicken.
»Es gibt da einen Schiffer mit auffallend hellen Augen. Er soll Thinh heißen«, sagte Ly.
»Was ist mit ihm?« Jetzt sah Xuan Ly zumindest einmal an.
»Er hat mich neulich auf der Long-Bien-Brücke angesprochen. Vielleicht weiß er etwas. Ich will mit ihm reden. Er hat einen Sampan mit blauem Wellblechdach. Und sucht nach dem Mädchen.«
»Du meinst, sie könnte auf einem dieser Boote sein?«
»Wir müssen jede Möglichkeit in Betracht ziehen.«
Ly ordnete weiter an, eine Fahndungsmeldung nach Hoa an alle Streifen rauszugeben. Außerdem sollte ihr Foto an alle Straßenwarte, Nachbarschaftskomitees, Stadtteilkomitees, Polizeistationen und vor allem an die Presse geschickt werden.
»Halt! Stopp!« Parteikommissar Hung hob gebieterisch die Hand und räusperte sich. »Die Öffentlichkeit darf nicht noch mehr Details erfahren.«
Ly hatte es geahnt. Der Alte mischte sich wieder ein und boykottierte jede vernünftige Arbeit. »Wir brauchen die Mithilfe der Bevölkerung«, verteidigte Ly sein Vorhaben.
»Die Hanoier sind schon so beunruhigt genug. Was meinen Sie, Genosse, was los ist, wenn sie hören, dass ein verrückter Serienmörder umgeht? Und denken Sie an die Touristen, wir würden sie verschrecken.«
Ly war entsetzt. Was war das für ein verlogener Mist? »Wir haben es hier nicht mit jemandem zu tun, der durchdie Gegend rennt und wahllos irgendwelche Leute umbringt. Das ist jemand, der ganz gezielt mordet.« Ly wurde mit jedem Wort lauter. »Die Ermordeten könnten sich einem Geschäft in den Weg gestellt haben. Vielleicht war ihr Tod eine Warnung für andere. Oder sie sind für den Mörder zu einer Gefahr geworden. Ich denke, wir sollten auch organisierte Kriminalität nicht ausschließen. Der Mörder ist ein berechnender Killer, kein Verrückter. Touristen sind sicher nicht in Gefahr.«
Die Augen des Parteikommissars funkelten durch die zentimeterdicken Brillengläser. »Kein Aufsehen. Haben wir uns verstanden?«
Lys Atem ging schnell. Er war kurz davor, die Kontrolle über sich zu verlieren. Doch bevor er noch etwas Dummes sagen konnte, mischte Lan sich ein. »Werter Genosse Parteikommissar! Sie wissen, dass Sie sich auf uns alle verlassen können. Wir würden nie etwas tun, das ein schlechtes Bild auf die geliebte Hauptstadt unseres teuren Heimatlands wirft«, sagte sie und verfiel in ihrer Wortwahl in das Vokabular des Parteikommissars.
Ly atmete auf, dankbar für ihren Einsatz.
Der Parteikommissar machte eine abfällige Kinnbewegung in Lys Richtung, die wohl bedeutete, er solle fortfahren. Ly zündete sich erst mal eine Zigarette an. Was hatte er eigentlich sagen wollen? Er war völlig aus dem Konzept geraten.
Es klopfte, und die Telefonistin der Zentrale öffnete die Tür.
»Kommissar Pham Van Ly, Ihre Tochter ist am Apparat.«
»Sie sehen doch, dass ich keine Zeit habe. Sagen Sie ihr, dass ich später zurückrufe.«
»Bitte, es scheint wichtig zu sein.«
Ly seufzte, entschuldigte sich kurz und folgte ihr in das kleine Büro neben der Pförtnerloge im Erdgeschoss.
*
»Papa, Papa.« Er erkannte Huongs Stimme kaum. Sie hatte ihre Lebendigkeit verloren.
»Schatz, was ist?« Er hörte, wie sie japste und die Nase
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