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Schwarze Schiffe - Kommissar Ly ermittelt in Hanoi

Schwarze Schiffe - Kommissar Ly ermittelt in Hanoi

Titel: Schwarze Schiffe - Kommissar Ly ermittelt in Hanoi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Luttmer
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ermittele in einem Doppelmordfall.«
    Der Kopf des Jungen schnellte hoch, sämtliche Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. Er schüttelte den Kopf und sagte: »Ich sollte sie einschüchtern. Das war alles.«
    »Und gestern, was war das mit dem Messer?«
    »Ich bin kein Mörder.«
    »Wer hat dich bezahlt?«
    »Mich hat so ein Typ angesprochen, im Fitnessstudio. Er hat gut gezahlt. Ich brauchte das Geld.« Son starrte jetzt auf den Boden. »Ich habe ihn nur zweimal gesehen. Seinen Namen hat er nie genannt.«
    »Wie sah er aus?«
    Son überlegte. »Groß, nein, eher nicht so groß. Vielleicht 40 Jahre oder auch älter. Breit. Ich weiß nicht genau.« Ly sah, dass Son kurz davor war loszuweinen. Doch er konnte kein Mitleid aufbringen. Wieder und wieder ließ er ihn erzählen, wann und wo er seinen Auftraggeber getroffen hatte. Son berichtete jetzt bereitwillig, ab und an unterbrach Ly ihn mit kurzen Fragen, doch es führte zu nichts. Son war nichts als ein Handlanger, der keine Ahnung gehabt hatte, worauf er sich da einließ.
    *
    Ly und Huong traten aus dem Krankenhaus. Die Hitze schlug ihnen wie eine Wand entgegen. Ly hatte seiner Tochter den Arm um die Schulter gelegt. Keiner sagte ein Wort. Ly fühlte sich wie ein Versager.
    *
    Sie waren noch nicht zu Hause, als jemand von der Spurensicherung Ly auf dem Handy anrief. In der Verbindung knirschte es. Die Worte waren nur schwer zu verstehen, doch das, was bei Ly ankam, reichte ihm. Die Enden des grünen Seils von Hai Aus Boot und die vom Tatort passten haargenau zusammen. Ly schlug sich die Faust in die offene Hand. Er brachte Huong zu Minh und fuhr sofort ins Präsidium, um Hai Aus Festnahme zu veranlassen.
    *
    »Ich sagte, Sie sollen sich setzen, Genosse«, wies Parteikommissar Hung Ly an, der im Büro seines Chefs saß und nicht wusste, wohin mit sich. Der Parteikommissar schenkte grünen Tee in fingerhutgroße Tassen. Ly hatte alles andere als Lust auf Tee. Aber die Etikette verbot es, ihm abzulehnen. Widerwillig murmelte er ein »Lade zum Trinken«, ohne das man vor einem Älteren niemals die Tasse hob. Ly nippte nur an seinem Tässchen. Das Gebräu musste ewig gestanden haben, es schmeckte furchtbar bitter. »Parteikommissar Hung, Sie sagen, ich soll den Fall schleifen lassen?«, fragte Ly. »Das meinen Sie doch nicht ernst.«
    »Ihr Ton gefällt mir nicht«, entgegnete der Parteikommissar.
    »Aber …«, setzte Ly erneut an.
    »Habe ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt? Hai Au wird nicht vorgeladen, geschweige denn verhaftet. Und von Ihnen erwarte ich, dass Sie die Sache auf sich beruhen lassen.«
    Ohne dass er es direkt aussprach, verstand Ly, dass dieAnweisung von ganz oben kam. Er spürte Schweiß auf der Stirn und unter den Achseln. Wie gelähmt schaute er auf seine Schuhe. Er müsste sie auch mal wieder putzen lassen.
    »Unser Gespräch ist beendet, Genosse Ly.« Der Parteikommissar sah Ly ungerührt an und wartete, dass er ging.
    Doch Ly blieb sitzen, würgte seinen Tee hinunter und nahm all seinen Mut zusammen: »Wir haben alle Gründe zu glauben, dass Hai Au in Verbindung zu den Morden steht. Es gibt Beweise.«
    »Beweise? Sie haben ein altes Seil gefunden. Das kann jeder auf das Boot gelegt haben. Das sind keine Beweise.«
    Fast hätte Ly laut aufgelacht. Wer würde es wagen, Hai Au Beweise unterzuschieben? Nur ein Lebensmüder. Man hatte ja gesehen, was mit der Casino Lady aus Haiphong passiert war. Am helllichten Tag und auf offener Straße war sie erschossen worden. Und die Tatsache, dass Hai Au hier ganz offensichtlich seine besten Beziehungen spielen ließ, um sich freizuboxen, kam einem Schuldeingeständnis gleich.
    *
    Wütend trat Ly auf den Kickstarter seiner Vespa ein. Diese Untätigkeit, zu der der Parteikommissar ihn zwang, machte ihn wahnsinnig. Er fuhr kreuz und quer durch die Stadt. Der Fahrtwind tat gut. Am Westsee gab er Gas und fuhr einmal ganz um den See herum. Auf dem Rückweg in die Stadt war die Straße am Mausoleum gesperrt. An jedem zweiten Laternenmast steckte eine vietnamesische Flagge, zwischen den Bäumen waren rote Spruchbanner gespannt. Es gab wieder einmal einen dieser überflüssigen Staatsempfänge.Er wich in die Seitenstraßen aus. An der Promenade des kleinen B-52-Sees hielt er an und bestellte an einer der mobilen Garküchen eine pho bo . Die Köchin, eine dicke Frau mittleren Alters, legte frische Reisnudeln in eine große Schale, bestreute sie mit Frühlingszwiebeln, Sojasprossen und noch kleinen Blättern von

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