Schwarze Schiffe - Kommissar Ly ermittelt in Hanoi
Plastiktütchen füllte.
Doktor Song war jünger als Ly, strahlte aber eine Ruhe aus, die Ly sonst nur von sehr alten Leuten kannte. Sie tranken einen heißen Artischockentee, dann folgte Ly ihm eine Leiter hinauf auf einen Zwischenboden, der so niedrig war, dass er den Kopf einziehen musste. Ly zog Hemd und Hose aus. Doktor Song reichte ihm ein Handtuch, um sich abzutrocknen. Dann legte Ly sich auf diePritsche und genoss es, massiert zu werden. Es tat weh, aber auf eine wohltuende Art. Seine Gedanken schweiften ab. Würde die Aussage des Minskfahrers endlich zum Mörder führen? Konnte er Huong dann wieder beruhigt ihrer Wege gehen lassen? Schließlich döste er weg, bis Doktor Song ihn weckte. Er gab Ly eine zerbeulte Wasserflasche mit einem zähen violetten Inhalt. Ly sollte sich die Paste alle drei Stunden auf die schmerzenden Stellen reiben. Er kannte sich gut genug, um zu wissen, dass er das nicht regelmäßig schaffen würde, nahm dennoch dankend an und bezahlte einen Bruchteil von dem, was er in einem der staatlichen Krankenhäuser hätte hinlegen müssen.
*
Als Ly auf die Straße trat, war der Regen vorbei. Die Luft war dick wie in einem Dampfbad, und auf dem Asphalt stand das Wasser. So würde es jetzt die nächsten Wochen weitergehen. Kurze, aber heftige Monsunschauer am Nachmittag, danach klebrig schwüle Hitze.
*
Nach der Massage holte Ly seine Tochter bei Minh ab, und sie fuhren nach Hause. Im Hof fütterte seine Schwester Tam gerade Tante Thoa mit Reisbrei. Ly konnte Tam nicht in die Augen schauen. Es hatte ihn verletzt, dass sie ihn schuldig gesprochen hatte, und gleichzeitig hatte er ein schlechtes Gewissen. Mit knappem Gruß ging er an ihr vorbei.
Huong und er legten sich mit Chips, Wassermelone,Cola und Bier vor den Fernseher. Lys Schmerzen hatten nachgelassen, aber er fühlte sich immer noch angeschlagen. Sie hatten gerade die DVD »Die Rache des Shaolin-Meisters« eingelegt, als Xuan anrief. Er klang gehetzt.
»Wir sind hinter Hai Au her.«
Ly war verwirrt. »Was hast du mit Hai Aus Überwachung zu tun?«
»Wir haben übernommen. Er ist auf dem Fluss. Ein verflucht guter Steuermann, dieser Kerl.«
*
Als Xuan zum zweiten Mal anrief, war es fast Mitternacht. Lan hatte mittlerweile herausgefunden, dass Hai Au drei Boote besaß. Sie waren alle in einem kleinen Hafen am Duong-Fluss, einem Seitenarm des Roten Flusses, in Hanois Nachbarprovinz Bac Ninh registriert. Deshalb hatten sie es übersehen. Ly ärgerte sich, aber er wusste, dass es nicht wirklich Lans Schuld war. Die lokalen Behörden arbeiteten nie effektiv zusammen. Auskünfte gab es nur auf spezielle Anfrage. Man musste genau wissen, was man suchte. Und wie hätten sie das mit den Booten ahnen sollen?
»Hai Au hat in Sichtweite der Sampans Anker geworfen«, sagte Xuan.
»Was macht er da?«, fragte Ly.
»Angeln.«
»Angeln? Hat er Kontakt zu den Sampanschiffern aufgenommen?«
»Nein. Aber seine Anwesenheit schüchtert sie sicherlich schon genug ein.«
*
Erst gegen vier Uhr meldete Xuan sich wieder. »Hai Au hat angelegt, in diesem kleinen Hafen am Duong-Fluss, wie du gesagt hast.« Er sei bereits auf dem Weg zurück in die Stadt, und die Männer vom Überwachungsteam hätten wieder übernommen.
»Ich komme zum Hafen«, sagte Ly. Xuan mochte ein fauler Kerl sein, aber wenn man ihn brauchte, war er doch präsent. Sein Misstrauen ihm gegenüber tat Ly jetzt leid.
Bevor Ly losfuhr, schleppte er seine schlafende Tochter zu seinem Bruder hinunter. Er wollte Huong nicht allein lassen. Dieser Son war im Krankenhaus, aber das bedeutete nicht, dass sie in Sicherheit war.
Ly nahm den Weg über die Long-Bien-Brücke und die Deichstraße. Der Wind fegte erbarmungslos. Heftige Böen drückten ihn seitlich weg. Seine Augen brannten. Es gab keine Straßenbeleuchtung, und der kleine Scheinwerfer des Rollers kam nicht gegen die Finsternis an. Immer wieder wich er im letzten Moment tiefen Schlaglöchern aus. Bei jeder Unebenheit schmerzten seine wunden Körperstellen.
Bauern, die zu Fuß auf dem Weg zu den Feldern und Märkten waren, liefen mitten auf der Straße, mit Karren, Körben, Hacken, Spaten. In einer Kurve stieß Ly fast mit einem Mann zusammen, der einen störrischen Wasserbüffel vorantrieb. Er war heilfroh, als er endlich die Abzweigung zum Hafen sah. Der Weg fiel steil ab und mündete als Rampe in den Fluss.
Xuan hatte die Scheinwerfer seines Patrouillenboots eingeschaltet. Im Lichtkegel sah Ly zuerst nur schwarz verdreckte
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