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Schwarze Schiffe - Kommissar Ly ermittelt in Hanoi

Schwarze Schiffe - Kommissar Ly ermittelt in Hanoi

Titel: Schwarze Schiffe - Kommissar Ly ermittelt in Hanoi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Luttmer
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Kohleschuber und alte, mit Sand beladene Frachter. Dann entdeckte er das Schnellboot. Ihm fiel sofort die Ähnlichkeit mit dem Boot auf, das er vor derBarakudabar gesehen hatte. Zwar war es schwarz gewesen, und dieses hier war dunkelgrün, aber der Unterschied wäre im Dunkeln kaum auszumachen.
    Xuan sprang an Deck des Schnellboots und erklärte, dass dieser Bootstyp als Transportfahrzeug konzipiert sei, mit hoher Traglast und vielen Stauräumen. Er richtete den Strahl seiner Taschenlampe auf zwei weitere Boote, die Ly noch nicht bemerkt hatte. Sie lagen einige Meter entfernt. Das eine war auch ein Schnellboot, das andere war, wie Xuan ihm erklärte, ein Camper, eine kleine, aber hochseetaugliche Yacht.
    Auf den Schnellbooten fanden sie Angeln, Köder und anderes Angelzubehör. Alles war ordentlich unter Luken verstaut. Auch der Camper war penibel aufgeräumt, es wirkte so, als würde nie jemand darauf wohnen. »Nichts, nicht mal ein paar Haare in der Dusche«, sagte Xuan. Ly öffnete die Schränke. Bis auf zwei gewaschene und zusammengelegte Polohemden, eine Unterhose und ein Paar Shorts waren sie leer. In einer Schublade allerdings fand er einen Hammer, mehrere Zangen, Schraubenzieher, Folie und Klebeband. Er wühlte weiter in der Kiste und zog schließlich ein grünes Seil hervor. »Xuan, guck dir das an. Wurde nicht der Mann aus dem Fluss mit genau so einem Seil gefesselt?«
    *
    Ly wartete nicht mehr auf die Spurensicherung, sondern machte sich auf den Weg zurück in die Stadt. Er war müde und fröstelte.
    Die Sonne ging gerade auf. Aber anstatt sich einfachins Bett zu legen, weckte er zu Hause seine Tochter, wartete ungeduldig, bis sie sich angezogen hatte, und fuhr mit ihr ins Militärkrankenhaus 108. Er wollte nicht mehr länger warten. Sie sollte diesen Son identifizieren.
    *
    Es stank nach Blut, Eiter und Desinfektionsmitteln. Sie betraten das Krankenzimmer, und Ly öffnete zuallererst das vergitterte Fenster. Er brauchte frische Luft. Krankenhäuser konnte er nur schwer ertragen.
    Son saß in sich zusammengesunken auf seinem Bett. Er trug einen pastellgrünen Krankenhauskittel, der ihm viel zu groß war. Seine Hände presste er fest ineinander, auf den Innenseiten seiner Unterarme zeichneten sich die Sehnen ab. Son war nur wenig älter als seine Tochter, schlank, aber nicht dürr, mit zarten, fast femininen Gesichtszügen. Ly dachte an den Bibliotheksausweis, den er in seiner Tasche gefunden hatte. Was brachte so einen Jungen dazu, ihn und seine Familie zu bedrohen?
    »Ist er das?«, fragte Ly Huong.
    Sie nickte, wich dabei aber seinem Blick aus.
    Ly nahm sich einen Stuhl, stellte ihn vor Son und setzte sich.
    »Und nun erzähl mal, ganz der Reihe nach.«
    Son presste seine Lippen zusammen und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Nun red schon. Los.«
    Draußen schrie unablässig ein Hahn. Es war ein hohes, heiseres Krächzen, das Ly entsetzlich auf die Nerven ging.
    »Ich wollte mich nur mit ihr verabreden.« Mit demKinn wies der Junge zu Huong hinüber, die noch immer neben der Tür stand.
    »Und da hast du mich vorher schnell in die Baugrube gedrängt, um den Papa loszuwerden, ja?«
    »Sie spinnen sich da was zusammen.«
    »Und unser nettes Wettrennen vorgestern?«
    Son zog Luft durch die Nase ein, wie um sich Mut zu machen.
    »Wer ist dein Auftraggeber?«, fragte Ly.
    »Auftraggeber wofür?«
    »Komm mir nicht blöd.«
    »Es gibt keinen Auftraggeber. Ich fand Huong nett.«
    Ehe Son eine Chance hatte zu reagieren, hatte Ly ihn am Hemd gepackt, ihn hochgezogen und ihm ein Knie in den Unterleib gerammt. Son stöhnte auf. »Von meiner Tochter«, sagte Ly und drückte ihn an die Wand, die Hand fest über seiner Kehle. Der Junge rührte sich nicht unter seinem Griff. Es war eine billige Rache, doch das war Ly egal.
    »Was hast du dir dabei gedacht?« Ly schrie jetzt.
    Son stotterte unverständliche Wortbrocken, sein Kopf war mittlerweile dunkel angelaufen. Ly trat noch einmal zu und stieß ihn dann zurück aufs Bett.
    Son hustete, den Körper gekrümmt. »Ich hätte ihr nichts getan. Niemals.«
    Huong hatte keinen Ton von sich gegeben. Sie stand, den Mund offen, die Arme um die Schultern geschlungen, dicht an die Tür gedrückt. Ihr Blick traf den ihres Vaters für eine Sekunde, dann schaute sie weg. Ly kam sich erbärmlich vor. Er versuchte, sich wieder auf Son zu konzentrieren.
    »Ist dir eigentlich klar, worum es hier geht?« Ly zückteseinen Polizeiausweis und hielt ihn Son vor die Nase. »Ich

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