Schwarze Schilde
abzubauen.
»Vater, darf ich dich begleiten, wenn du nach Floria ziehst? Du hast mich noch nie mit in den Krieg genommen!«
»Der Krieg ist kein Ort für eine Frau«, entgegnete er barsch.
Sie lachte und zupfte ihn am Bart. »Sei nicht albern, Vater. Kriege fallen dauernd über die Frauen her. Was ist mit den Frauen in Floria? Wenn der Krieg nichts für sie ist, warum tragen sie dann Ketten und werden in diesem Augenblick von den Barbaren vergewaltigt?«
Pashir knurrte, wusste aber, dass er seiner Tochter nachgeben würde, wie er es immer tat. Vielleicht würde es ihr auch gar nicht schaden, dachte er. Die Anstrengungen einer Reise in den Regenfällen des Herbstes würden sie mit beiden Beinen auf den harten Boden der Tatsachen zurückbringen. Das war bestimmt nicht verkehrt. Schließlich konnte ihr inmitten der königlichen Truppen nichts zustoßen. Die Vorhut würde vermutlich den größten Teil des Kampfes bestreiten, während der Haupttrupp nur noch vereinzelte Feinde zu beseitigen hatte. So war es jedenfalls sonst, wenn man gegen Barbaren vorging.
»Versprichst du, mir sofort und augenblicklich ohne Widerrede zu gehorchen, wenn ich so töricht sein sollte, dir zu erlauben, uns zu begleiten?«
Sie umarmte ihn. »Gehorche ich dir nicht immer, Vater?«
»Nein.« Er befreite sich aus ihren Armen. »Du hättest nichts weniger Beruhigendes sagen können. Es ist mir ernst, Tochter. In der Sekunde, in der ich es dir befehle, reitest du auf deinem schnellsten Cabo in die Hauptstadt zurück.«
»Ich verspreche es dir«, antwortete Shazad und drückte ihn erneut an sich.
Später, als sie in ihren prunkvollen Gemächern weilte, die einen ganzen Flügel des Palastes einnahmen, vollzog Shazad Rituale, die ihre Sicherheit und den Erfolg des bevorstehenden Feldzuges gewährleisten sollten. Ihre persönlichen Priester und Diener standen mit den entsprechenden Instrumenten bereit. Das flackernde Licht der Kerzen erhellte den Raum, und leiser Gesang ertönte.
Noch nass von ihrem Kräuterbad, und nur mit Zeremonienschmuck angetan, stand Shazad inmitten eines komplizierten geometrischen Musters, das als vielfarbiges Mosaik in den Fußboden eingefügt war. Die Diener, die ihr später bei den Ritualen behilflich sein würden, waren nackt an Pfähle gebunden, die im Raum verteilt waren wo sie der Läuterung durch Geißelung harrten. Hinter jedem Pfahl wartete ein Priester mit einer neunschwänzigen Katze. Winzige spitze Knochen waren an jedem der neun Riemen befestigt.
Der Kult, dessen Hohepriesterin Shazad war, war nur eine von vielen bekannten Religionen. Allerdings gehörte er zu einer Handvoll Kulte, die in Neva gesetzlich verboten waren. Die Zeremonien gingen weit über die annehmbaren Grenzen orgiastischer Rituale und Opfer hinaus, wurden aber wegen der Macht ihrer Zaubersprüche überall abgehalten. Im Raum waren Edelleute, Bürger und Sklaven versammelt. Shazads hohe Stellung bewahrte sie vor der Strafverfolgung.
Ein Novize reichte ihr ein Keramikgefäß, das viele kleine Öffnungen besaß. Singend schwang sie es an Ketten hin und her. Betäubende Düfte drangen ihr in die Nase, und das Klatschen der Peitschen begleitete ihren Gesang. Das Stöhnen und Wimmern der Gezüchtigten lenkte Shazad nicht ab. Als Hohepriesterin bedurfte sie zur Läuterung für die bevorstehenden Rituale noch härterer Geißelung. Ein Priester trat hinter sie, und die ersten Schläge trafen ihren Rücken. Als sich die spitzen Knochen in ihr Fleisch gruben, blieb ihre Stimme fest. Der Geweihte würde nicht aufhören, bis Blut aus den Wunden strömte. Außerhalb des Kreises der Gezüchtigten wurden die übrigen Teilnehmer des Rituals, Menschen und Tiere, vorbereitet. Der Rest der Zeremonie würde bedeutend angenehmer verlaufen.
KAPITEL VIER
M it kritischen Blicken und leichtem Lächeln betrachtete Pashir seine Armee. Der Marsch erwies sich als so anstrengend, wie er vorausgesehen hatte. Die Sturmzeit hatte mit wilder Kraft Einzug gehalten, und die Marschierenden wurden von eisigem Regen überfallen, der selbst die besten Straßen in Schlammwüsten verwandelte, in denen sandalenbewehrte Füße versanken und das Vorankommen auf ein anstrengendes Dahinschleichen verlangsamte.
Der König saß auf dem Rücken seines Cabos unter dem Baldachin, der von zwanzig Sklaven getragen wurde und beobachtete, wie sich seine Armee quälte. Neben ihm ritt Shazad auf einem etwas kleineren Tier. Ihr schien das Wetter nichts auszumachen. Während der
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