Schwarze Schilde
gleichgültig, wie mächtig und stark sie auch sein mochten. Hael war ein Shasinnkrieger gewesen, von dem sie vermutete, er habe den Segen der Götter genossen – und dennoch hatte sie ihn nach Belieben beeinflusst, wie jeden gewöhnlichen Mann auch. Sicher, damals war er kaum mehr als ein Knabe gewesen, aber inzwischen war sie ebenfalls älter und erfahrener geworden. Eine königliche Prinzessin und Priesterin sollte keine Schwierigkeiten haben, einen einfältigen Barbarenhäuptling ihren Wünschen gemäß zu lenken.
Der Marsch dauerte noch zwölf Tage an. Gegen Ende der ersten Woche hatten die Soldaten die schlimmste Erschöpfung überwunden und gewöhnten sich an die Strapazen der Reise. Schon bald rissen sie Witze über das schlechte Wetter und lachten ihre Kameraden aus, die sich noch immer nicht erholt hatten. Gegen Ende des Weges folgten sie den Standarten mit frohem Gesang, und ihre Umhänge flatterten im Wind, wenn es einmal nicht regnete.
Pashir bemerkte die Veränderung mit Befriedigung. Die Männer waren zwar nicht die harten Veteranen, für die sie sich hielten, aber von nun an wussten sie, dass sie Soldaten waren und würden ihren Offizieren gehorchen. Sie würden nicht beim bloßen Anblick des Feindes davonlaufen.
Ein schöner sonniger Tag dämmerte herauf, als sie sich nur noch zwei Tagesreisen von Floria entfernt befanden. Der Schlamm war getrocknet, und die Morgensonne schien auf eine wohlgeordnet marschierende Armee. Kleidung und Leder rochen nicht länger muffig, denn heute würde der dritte schöne Tag der Woche anbrechen. Der Grünspan war von den Waffen der Soldaten und den Rüstungen der Offiziere verschwanden. Natürlich sahen die Leute nicht so glanzvoll aus wie bei einer Parade, aber sie konnten sich sehen lassen, und Pashir war sehr zufrieden. Wie auch an den vorangegangenen Tagen waren sie zwei Stunden vor Sonnenaufgang aufgebrochen, um bei Tagesanbruch hellwach und aufmerksam zu sein. Vor langer Zeit hatte Pashir gelernt, dass die klügsten Gegner bei Sonnenaufgang angriffen, wenn die meisten zivilisierten Armeen gerade gähnend und mit verschlafenen Blicken erwachten und eine leichte Beute für abgehärtete Krieger waren.
Die Aufmerksamkeit des Königs wurde von einer kleinen Gruppe Berittener abgelenkt, die mit hoher Geschwindigkeit auf die Truppe zustürmten. Das waren die Späher, die jeder Armee vorauseilten, und sie kehrten zurück, als hätten sie Neuigkeiten von größter Wichtigkeit zu berichten. Er zwang sich, keinen Befehl zu rufen, da er versprochen hatte, General Krasha das Oberkommando zu überlassen. Schließlich würde es nicht gut aussehen, wenn sich der König anmerken ließe, wie sehr ihn dieses kleine Manöver aufregte, das weniger einem Krieg als einer Übung gleichkam.
Innerhalb weniger Sekunden erteilte General Krasha Anweisungen, dass sich die Offiziere für weitere Befehle bereithalten sollten, um nötigenfalls sofort von der Marschformation in Kampfaufstellung zu gehen. Dabei klang seine Stimme ein wenig gelangweilt und lässig, wie man es von einem Edelmann erwartete. Trompeten und Flöten erklangen, Trommeln wurden geschlagen, und heisere Stimmen brüllten Befehle. Der Vorwärtsdrang der Armee geriet ins Stocken, als sich die Männer in Reihen aufstellten. Rucksäcke fielen zu Boden, Tiere – bis auf die Cabos der Offiziere – wurden nach hinten geführt. Die kleine Truppe Berittener, bei denen es sich größtenteils um junge Edelmänner handelte, die ihren Wehrdienst versahen, begab sich von ihrer Stellung im Hintergrund nach vorn. Die Hörner ihrer Cabos glänzten frisch vergoldet, sie blieben vor ihren Offizieren stehen und baten darum, den Cabos die besten Schabracken anlegen zu dürfen. Da der Feind nirgendwo zu entdecken war, wurde es ihnen gestattet, und schon bald waren die Reittiere mit auffallenden Satteldecken und kunstvoll verziertem Zaumzeug angetan.
Der General ritt zu Pashir hinüber und verneigte sich tief im Sattel. »Wir sind bereit, Hoheit.«
»Wunderbar. Die Männer scheinen gut vorbereitet zu sein. Jetzt wollen wir hören, was die Späher zu berichten haben.«
Der Anführer der Späher kam näher und zügelte sein Cabo vor dem König. Vor lauter Aufregung begann er mit seinem Bericht, aber Pashirs strenge Miene erinnerte ihn daran, dass der König nur als Beobachter hier war, und er wendete das Cabo anmutig, um seinen Fehler zu verwischen. Dann erstattete er General Krasha Bericht und unterdrückte seine Aufregung mit der
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