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Schwarze Schmetterlinge

Schwarze Schmetterlinge

Titel: Schwarze Schmetterlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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Vater ähnlich sind. Wenn wir sie am Wochenende hier haben, dann ist es doch gut, wenn ich schon mal weiß, wie sie aussehen.« Felicia lachte so, dass die weißen Zähne in der Dämmerung des Flures leuchteten. Kicherte, als hätte jemand sie gekitzelt. »Wie wäre es mit einem Happy Meal bei McDonald’s am Samstag, und danach gehen wir mit ihnen ins Abenteuerbad in Gustavsvik? Aber ich muss jetzt wirklich zur Arbeit. Wir sehen uns im Pizza-Planet.« Sie küsste ihn, ein Kuss, aus dem sie sich herauswinden musste, damit sie die Kleider am Leib behalten und rechtzeitig zur Arbeit kommen konnte.
    »Ich liebe dich, Felicia«, rief er ihr im Treppenhaus nach, aber sie war bereits im Fahrstuhl verschwunden.
    Als sie gegangen war, warf sich Per Arvidsson aufs Bett und starrte an die Decke. In der Küche lief das Radio. Er schaffte es nicht, aufzustehen und es auszuschalten. Der Reporter spekulierte über Brandursachen, der Pressesprecher der Polizei wurde interviewt, Politiker äußerten Vermutungen, und auch die Allgemeinheit durfte ihre Meinung über die Bedrohung, die über Örebro lag, kundtun. Alle anderen gesellschaftlichen Fragen wurden von der ersten Seite gekickt und verkümmerten zu kleinen Notizen auf den Innenseiten.
    Beim Gedanken daran, was Bella wohl alles ausspucken würde, wenn man sie zum Gegenstand der Aufmerksamkeit der Medien machte, drehte sich Per der Magen um. Hätte er seinen Kollegen davon berichten und die ganze Misere offenlegen sollen? Aber schon die Vorstellung, Lena erzählen zu müssen, wie die Dinge wirklich lagen, ließ ihn innerlich aufstöhnen. Um zu beweisen, dass Bella Svanberg keine glaubwürdige Zeugin war, würde er gezwungen sein zu berichten, wie man sie gemeinsam aus dem Lokal geworfen hatte, welche Szene über seine angebliche Vaterschaft sie am Telefon vorgespielt hatte, und womöglich auch noch, wie er die Nacht in ihrer rosa Hölle verbracht hatte. Und das auf einer neuen Stelle. Unmöglich.
    In den Stunden, die er eigentlich darauf hätte verwenden sollen, sich auszuruhen und neue Kräfte für die nächste Schicht zu sammeln, wanderte Arvidsson in seiner Wohnung auf und ab, setzte Kaffee auf, der dann kalt wurde. Duschte, schwitzte wieder, musste noch einmal duschen. Las die Zeitung, ohne irgendwelche Zusammenhänge herstellen zu können. Als es auf ein Uhr zuging, war er nicht hungrig, aber doch als Erster im Restaurant. Normalerweise konnte er locker und ohne mit der Wimper zu zucken eine große Pizza essen. Jetzt starrte die Pizza ihn mit ihren Olivenaugen an und verzog ihre Muschelmünder, und er blieb am Tisch sitzen und wartete.
    Vom Fenster aus konnte er den Olof-Palmes-Torg und den Eingang zum Conventum überschauen. Die Absperrungen waren entfernt worden. Die Flaggen tanzten im Wind, als sei nichts geschehen. Die Menschen drängten sich an den Bushaltestellen, schützten sich vor dem Wind, der an allem, was ihm in den Weg kam, zerrte und riss.
    Bella war nicht zu sehen. Er hatte Angst gehabt, dass sie als Erste kommen würde. Dass sie schon dasitzen und mit ihrer Blaubeermütze auf ihn warten würde, beleidigt oder siegesgewiss. Er wusste nicht, was schlimmer wäre. Punkt ein Uhr sah er Felicia quer über die Straße kommen, nachdem sie ihr Fahrrad abgestellt hatte. Die Haare wirbelten im Wind, wurden zur Seite geworfen und fielen dann über ihre Schultern. Sie winkte, und das Gefühl der Zusammengehörigkeit floss durch den Raum auf ihn zu.
    Als sie ihm dann gegenübersaß, wünschte er sich, dass sie allein wären und unter ein dickes Daunenpolster kriechen könnten, um einander wieder und wieder zu entdecken, jedes Muttermal, jede kleine Narbe. Die Lust machte ihn träge im Kopf und schwindelig. Er strich mit dem Zeigefinger über ihren Mund, über die Narbe unter der Nase. Sie hielt die Hand vor ihren Mund, sprach aber weiter von der Arbeit, von den Patienten, die dem Rauch ausgesetzt gewesen waren, jetzt aber außer Gefahr waren. Sie erzählte, dass im Krankenhaus eine erstaunliche Ruhe herrschte, eine ungewöhnliche Einigkeit und ein Gemeinschaftsgefühl. Alle redeten mit allen über das Schreckliche, das geschehen war. Leute, die einander sonst kaum gegrüßt hatten, gingen jetzt zusammen in die Kantine und sprachen miteinander, als würden sie sich schon ewig kennen. Nachts halfen sich die Stationen untereinander aus, um die Mitarbeiter zu verteilen, damit niemand eine Schicht allein machen musste. Die Bewachung des Krankenhauses durch die Wachgesellschaft

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