Schwarze Schmetterlinge
Fernsehsendung ›Leben und Gesundheit‹ hat er auf Zuschauerfragen geantwortet. In der letzten Sendung hat er über die einseitige Berichterstattung zu den positiven Effekten des Weins auf die Gesundheit geschimpft. Eine eigene Fernsehsendung sogar! So was könnte manche Fachkollegen sicher ganz schön neidisch machen. Hier sind übrigens die anderen Forscher aufgelistet, die für den Preis nominiert waren.«
»Du glaubst also, Neid könnte ein Motiv sein?«
»Einige Vermutungen gehen in diese Richtung«, sagte er. »Aber es muss nicht so sein. Hier steht auch, dass er Gutachter in Sorgerechtsverhandlungen war. Das könnte ein Motiv sein. Oder es war ganz einfach ein Verrückter. Dreizehn Messerstiche in den Rücken, einen tödlichen in die Brust – das würde durchaus dafür sprechen.«
»Es hat eine Reihe von Reaktionen auf die Glorifizierung des Professors durch die Medien gegeben«, fuhr Lena fort. »Die Ehefrau wird sicherlich noch weitere postume Ehrenbezeugungen für seinen Einsatz in der Alkoholforschung entgegennehmen dürfen. Es sind aber auch anonyme Beschwerden beim Preiskommittee eingegangen.«
»Das würde den Neid als Motiv bestätigen. Ein übergangener Kollege, dem nach Jahren verdienstvoller Arbeit die Anerkennung nicht zuteil wurde, die er verdient. Wer weiß? Die Frau von Frank Leander und seiner Tochter sind unten. Stensson wird sie verhören. Ich werde als Zeuge dabei sein.« Per warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Und zwar jetzt.«
Das Gesicht von Lovisa Leander war farblos. Mit dem grauen, welligen Haar und dem dunkelgrauen Wollkleid sah sie aus, als käme sie direkt aus der Unterwelt. Sie sprach extrem leise, und Stensson musste sie wieder und wieder bitten, das Gesagte zu wiederholen, während er die notwendigen Formalien aufnahm und das Aufnahmegerät startete.
»Wissen Sie, ob Ihr Mann irgendwelche Feinde hatte? Ob er irgendeiner Bedrohung ausgesetzt war?«
»Wer hätte Frank etwas Böses gewollt? Er war der Befürworter einer gesunden Lebensweise und ein wahrer Pionier der Wissenschaft. Die Gerichte hatten den größten Respekt vor seiner Erfahrung. Er hat sein Leben dem Bestreben gewidmet, Menschen in Schwierigkeiten und Krankheiten zu helfen. Er hat beispielsweise ein Kinderheim in Rumänien gegründet. Ich weiß nicht, wie ich diese Aufgabe jetzt weiterführen soll. Das war sein Lebenswerk. Er hat jede Gelegenheit genutzt, Geld dafür zu sammeln.« Die schmalen Hände von Lovisa machten sich ununterbrochen an der Armlehne zu schaffen. Ihre langen, silbern lackierten Fingernägel kratzten auf dem Holz. »Es muss ein Verrückter gewesen sein. Oder jemand, der ihn mit einer anderen Person verwechselt hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand einen Grund haben sollte …«
»Und Sie haben in der letzten Zeit auch keine Veränderung an ihm bemerkt? War er ängstlicher oder aufgekratzter oder schweigsamer als sonst?« Arvidsson stellte fest, dass Stenssons eigene Stimme und sein Sprechtempo sich der langsamen, wohlartikulierten Redeweise der Frau anpassten.
»Ich versichere Ihnen, wenn Frank über irgendetwas beunruhigt gewesen wäre, dann hätte er es nicht gezeigt. Es war ihm so viel daran gelegen, dass wir uns keine Sorgen machten, er war so fürsorglich. Wenn er bis spät arbeitete, dann schlief er im Arbeitszimmer, um meinen Schlaf nicht zu stören. Meine Gesundheit ist schon immer etwas angegriffen gewesen. Ich brauche meine zehn Stunden Schlaf, Frank hingegen konnte mit vier Stunden auskommen, wenn er viel zu tun hatte. Er ist einer der Menschen, die immer ein Projekt am Laufen haben müssen. Unermüdlich, immer aktiv, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Wie lange waren Sie verheiratet?« Arvidsson sah zu, wie Frau Leander den äußersten Zipfel ihres Taschentuchs nahm und ihn in einer fast theatralischen Geste zum Auge führte. Er schämte sich ein wenig über seine negative Betrachtungsweise.
»Weihnachten wären es dreißig Jahre gewesen. Wir hatten vorgehabt, nach Franks Pensionierung nach Florida zu reisen, um meine Schwester zu besuchen, Golf zu spielen und uns ein wenig zu entspannen. Frank wollte eine Woche bleiben, ich zwei. Danach wollte er nach Rumänien Weiterreisen. Eigentlich hatte ich ja gedacht, wir würden alles ein wenig ruhiger angehen lassen können, jetzt, da wir beide pensioniert sind. Das habe ich oft zu ihm gesagt.«
»Und Sie haben, soweit ich gehört habe, mit Musik gearbeitet?«
»Ich bin Opernsängerin. Nein, wahrscheinlich
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