Schwarze Schmetterlinge
daran, dass Bella jetzt im Jenseits war, in der Geisterwelt? Vielleicht war ihre Kraft dort stärker als in der Wirklichkeit?
Pyret beeilte sich, nach Hause zu kommen, um in der Dunkelheit Schutz zu suchen, dort, wo kein Blick sie fand und keine Stimmen ihre eigenen Gedanken verdrängen konnten.
22
Als Per an seinen Arbeitsplatz kam, lag das Blatt Papier, das er unter die Schreibtischschublade geschoben hatte, auf dem Fußboden. Er hatte Stensson aufgesucht, um über die Sache reden zu können, doch der war mit wichtigeren Dingen beschäftigt gewesen. Man sollte das Ganze vielleicht nicht überbewerten, doch Arvidsson störte der Gedanke, dass seine Sachen nicht in Ruhe gelassen wurden. Andererseits war es nichts, worüber er lange streiten wollte. Er hatte noch eine Schicht im Außendienst abzuleisten, dann würde er seinen Platz bei den Ermittlern einnehmen. Nach dem Brand im Conventum war seine Erfahrung im Erstellen einer Zeitachse gefragt. Die wenigen Kollegen, die darin Routine hatten, waren mit dem Krankenhausbrand beschäftigt. Es wurde auch schon davon gesprochen, Verstärkung vom Landeskriminalamt einzufordern. Lena würde eine weibliche Auszubildende an die Seite gestellt bekommen, und sie schien auch nicht unzufrieden mit dieser Aufgabe.
Während er darauf wartete, dass Stensson Zeit hätte, ließ Per sich im Aufenthaltsraum nieder, wo Lena bereits mit ihrem täglichen Stapel von Abendzeitungen saß. Per schnappte sich eine. Die Hälfte der ersten Seite war mit einem Portrait von Frank Leander ausgefüllt. Das Foto zeigte einen ernsten Mann mit schwarzem Brillengestell, dünner Nase, zweigeteiltem Kinn und einem Kranz grauer Haare. »67-jähriger Professor Opfer eines Mordbrandes«, lautete die Schlagzeile. Ganz unten auf der Seite war eine Fotoserie vom Brand im Conventum zu sehen. Man konnte den mit Rauch gefüllten Korridor erkennen, den ausgebrannten Gruppenraum, wo der Tote gefunden worden war, und den Volksauflauf vor dem Haus mit den Feuerwehrautos im Vordergrund. Dann folgte eine lange Liste der Verdienste von Frank Leander, mit Ehrbezeugungen von Kollegen und Freunden gespickt. Die nächsten Angehörigen waren eine Frau und eine Tochter. Das Bild von der Frau wirkte, nach Frisur und Kleidung zu urteilen, als stamme es aus einer längst vergangenen Zeit.
»Stensson wird die Ermittlungen leiten.« Lena verzog das Gesicht und angelte nach der Zeitung, die Arvidsson auf den Tisch gelegt hatte, um sich noch einen Kaffee zu holen.
»Hast du noch was gehört?«, fragte er.
»Noch nicht. Oder doch, heute Morgen hat mir der Techniker etwas Seltsames erzählt. Leander hatte in seiner Brieftasche zwei Tarotkarten, die die Gerechtigkeit und den Tod symbolisieren.« Lena breitete die Zeitung auf dem Tisch aus. »Das Detail mit den Tarotkarten ist noch nicht bis zur Presse durchgesickert, obwohl es sicher nur noch eine Frage der Zeit ist, bis irgendeine Zeitschrift ein Interview mit dem Ermittlungsleiter machen will, der Verbrechen mithilfe der Geisterwelt aufklärt. Ich glaube, Stensson geht zu weit, wenn er ein Medium in diesen Fall einschaltet.«
»Da steht, Leander sei mit einem Messer niedergestochen worden. Haben die diese Informationen von uns?« Arvidsson zeigte auf die aufgeschlagene Zeitung.
»Weiß nicht. Ein Messerstich in die Brust. Dreizehn in den Rücken. In wilder Raserei zugestochen – so lautet die erste Einschätzung der Gerichtsmedizin. Die Techniker sind dabei, die Gespräche von Leanders Handy durchzugehen. Der letzte Anruf kam vom Sprecher des Ärzteverbandes. Ein Glückwunsch.«
»Leander wollte einen mit hunderttausend Kronen dotierten Preis entgegennehmen, der ihm für seine Forschungen über das fetale Alkoholsyndrom verliehen werden sollte. Dabei geht es um Schäden, die das Neugeborene erleidet, wenn die Mutter während der Schwangerschaft zu viel Alkohol getrunken hat, steht hier.« Per las im Stillen weiter und fasste dann laut zusammen: »Leander hat dieses Phänomen als einer der ersten Ärzte beschrieben. 1968 veröffentlichte er das Ergebnis seiner ersten Studie. Seither werden seine Artikel in medizinischen Zeitschriften vom Fachpublikum in aller Welt gelesen. Der jüngste Artikel handelt vom Zusammenhang zwischen der schädlichen Wirkung von Äthanol und einer verminderten Menge Zink im Blut des Fötus. Zink ist für die Produktion von Insulin und die Bildung der DNA von Bedeutung. Zu wenig Zink kann eine Wachstumshemmung bei solchen Kindern erklären. In seiner
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