Schwarze Schmetterlinge
du hast immer noch nicht viel von dir erzählt.«
»Da gibt es nichts zu erzählen. Ich habe nur einen kleinen Bruder. Er sitzt im Rollstuhl. Wir sehen uns nicht oft. Ich bin viel herumgereist. Habe hier und da Freunde. Weißt du, was ich gedacht habe, als wir bei deinem Vater waren?«
»Es sah eigentlich mehr aus, als würdest du schlafen und nicht denken.«
»Der Schein kann trügen, ich habe gelauscht und meinte, das eine oder andere Kompliment zu vernehmen, und da habe ich die Augen noch ein wenig fester zugemacht, falls vielleicht noch mehr kämen.«
»Hört, hört. Und was hast du gedacht?«
»Meine Assistenzzeit auf der Notaufnahme in Örebro ist bald um. Mein ursprünglicher Plan war es, nach New York zu gehen. Ich habe ein Angebot erhalten, was ich meinte, nicht ausschlagen zu können. Gut bezahlt. Gute Arbeitszeiten. Gute Möglichkeiten zur Forschung. Die Alternative ist das, was die Personalleitung in Örebro mir vorgeschlagen hat. Ein gemischtes Aufgabengebiet, auf zwei Gesundheitszentralen verteilt, eine in Örebro und die andere in Lindesberg, und zwei Tage die Woche in einer Langzeitpflegeklinik in Nora. Ich muss mich bis spätestens Montag entschieden haben.«
Sie konnte einen Moment lang die Enttäuschung in seinem Gesicht sehen, eher er sich wieder fasste. »Ich will, dass du das tust, was das Beste für dich ist. Natürlich wird es einsam werden, wo ich mich doch gerade daran gewöhnt habe, dich in meiner Nähe zu haben, aber ich will nicht, dass du deine Entscheidung später bereust und denkst, du hättest etwas verpasst, was wichtig für dich gewesen wäre. Der Forschungsauftrag in New York wird ja wohl nicht für immer sein.«
»Ich habe aber beschlossen, hierzubleiben.«
»Ich liebe dich. Und das ändert sich nicht, wenn du eine Weile nach Amerika verschwindest. Ich gönne es dir. Aber natürlich kann ich nicht umhin, mich selbstsüchtig und kurzsichtig darüber zu freuen, wenn du bleibst. Ich kann mir nur schwer vorstellen, ohne dich aufzuwachen und einzuschlafen. Das ist schon zu einer Gewohnheit geworden.«
»Wer ist das?«, fragte Felicia plötzlich. »Da steht ein Mann an der Tür. Ich glaube, er grüßt dich.«
»Das sind Hartman und Ek. Der mit der umgedrehten Kappe auf dem Kopf ist Himberg. Meine Kollegen aus meinem früheren Leben in Kronviken.«
»Und wer ist die blonde Frau? Sie starrt uns an.« Felicia ließ Per Arvidssons Hand los und wartete auf eine Antwort. »Wer ist sie, Per?«
»Maria Wern.«
Da stand sie an der Tür. Ungeschminkt und blass, das lange, blonde Haar zu einem straffen Pferdeschwanz gebunden. Jetzt lächelte sie ihm zu. Jeglicher Verstand wich aus seinem Kopf, und er starrte sie nur noch an. Wie schön sie war und gleichzeitig so elend. Am liebsten hätte er sie in den Arm genommen. Sie beschützt vor … ja, wovor denn? Sie kannten einander schon lange, und er hatte sie nie so erschöpft gesehen. Es musste etwas geschehen sein. Ob sie ernstlich krank war?
»Wer ist sie für dich?« Felicias Gegenwart wurde ihm wieder bewusst, als sie ihre Hand in seine schob. Er sah die Frage in ihren Augen brennen. In diesem Moment wünschte er sie weit weg.
»Ich werde es dir später erzählen.«
Maria kam auf sie zu und stellte sich direkt vor ihn. Er sah das Funkeln in ihrem Blick. Ein Lächeln zuckte in ihrem Mundwinkel. Sie strich sich fast unbewusst mit der Hand übers Haar.
»Maria Wern.« Sie gab Felicia die Hand. »Arvidsson und ich waren Kollegen. Dann ging er in den Kosovo. Und den Rest kennen Sie sicher besser als ich.«
Felicia stellte sich kurz vor. Sie setzten sich gemeinsam mit den anderen Kollegen an den Tisch. Redeten über alles und nichts. Hartman legte seinen großen Arm um Arvidssons Schultern und erzählte die eine oder andere Anekdote aus der gemeinsamen Zeit, um Felicia zu erheitern, die ihm gegenüber neben Maria saß. Maria lachte, vielleicht ein wenig zu laut, ein wenig zu unvermittelt.
Per mied ihren Anblick. Jetzt musste er sich wirklich mal zusammenreißen. Er war schließlich mit Felicia hier, der Frau seiner Träume. Und doch fühlte es sich belastend an, dass sie jetzt gerade dabei war. Es störte ihn, dass es keine Gelegenheit gegeben hatte, Maria unter vier Augen von den Veränderungen in seinem Leben zu erzählen, ehe er sie in einer Gruppe wiedersah. Er hätte ihr schreiben oder sie anrufen können, um ihr zu sagen, dass er jemanden kennengelernt hatte. Wenn es sie überhaupt interessierte.
»Dann darf man ja wohl
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