Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Schmetterlinge

Schwarze Schmetterlinge

Titel: Schwarze Schmetterlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
Vom Netzwerk:
nackten, im Licht dargebotenen Haut im Berberitzengestrüpp lag. Sie beugte sich über den Körper und lauschte. Die Frau atmete schwach und stöhnte. Neben dem Körper lagen ein geblümter Rock und ein Gürtel. Sie berührte die Gegenstände, und wieder flossen die Zeiten damals und heute zusammen. Die Wut wuchs zu Stärke und Handlungskraft. Die primitivste aller Lösungen trieb sie stolpernd davon, weg von dem Ort. Mit dem Kleidungsstück und dem Gürtel in der Hand rannte sie, rannte, bis alle Luft aus den Lungen war. Bis der Körper sie zwang, zu atmen oder zusammenzubrechen. Weg, weg von dem, was sie gesehen hatte, und den Erinnerungen, die zum Leben erweckt wurden. Als ob es nicht geschehen wäre. Wenn sie Kleidungsstück und Gürtel verbrannte, die Beweise dafür, dass das, was geschehen war, zur Wirklichkeit gehörte, dann würde es nicht geschehen sein. Sie rannte am Fluss entlang, in entgegengesetzter Richtung des Weges, auf dem der Mann verschwunden war. Stolperte auf die Straßen mit dem Geschmack von Blut auf der Zunge, über den Parkplatz, wo ihr Auto stand. Die Hände zitterten, als Pyret in der Brieftasche nach einer Telefonkarte suchte und sich in die Zelle zwängte. Über den Boden verstreut lagen Glassplitter wie Eiskristalle, wie reiner, weißer Schnee. Sie wählte die Notrufnummer. Das war ihre Pflicht. Dann lief sie schnell zu ihrem Auto, in die schützende Höhle aus Blech, und schloss die Welt aus.
     
     
    Um 23.54 Uhr erreichte der Notruf die Zentrale. Eine aufgeregte Frauenstimme redete von einem geblümten Rock, einem Gürtel und Männern, die aus der Dunkelheit kamen, bösen, grauen Wesen. Man brauchte Strenge und viel Geduld, um sie dazu zu bringen, den Ort genauer zu beschreiben, und zu begreifen, was dort geschehen war. Ihren Namen wollte sie nicht sagen. Wahrscheinlich stand sie unter Drogen. Acht Minuten später war die Streife vor Ort. Arvidsson und zwei Hundeführer drangen bis zu dem beschriebenen Gebüsch an dem grünen Schuppen vor, wo eine misshandelte und bewusstlose Frau liegen sollte. Im Schein ihrer Taschenlampen suchten sie, ohne irgendetwas zu finden. Das Gras war runtergetreten, jemand hatte ein Feuerzeug weggeworfen oder verloren. Ansonsten nichts. Vielleicht hatte das Opfer beschlossen zu verschwinden, vielleicht war sie aber auch auf dem Weg zum Krankenhaus. Vielleicht handelte es sich um das, was man in der Notrufzentrale von Anfang an vermutet hatte, nämlich die Wahnvorstellungen eines unter Drogen stehenden Menschen.
     
    Arvidsson berichtete dem Diensthabenden und fuhr weiter nach Brickbacken, von wo man gerade die Nachricht von einem Einbruch erhalten hatte.
     
     
    8
     
    Es war Nacht in der Lungenklinik des Universitätskrankenhauses. Im schwachen Licht der Nachtbeleuchtung ging Schwester Elinor über den Gang, um nach dem Patienten in Zimmer 11 zu sehen. Er vergaß immer, wo er sich befand, und wurde dann unruhig. Vorige Nacht hatte er seine Frau zu Hause angerufen und sie um Hilfe gebeten, denn er würde ohne Essen und Trinken gefangen gehalten, und in der Nacht davor hatte er es geschafft, die Nummer der Polizei zu wählen.
     
    Die Beatmungsgeräte summten eintönig. Die Sauerstoffgeräte brummten, und jemand murmelte laut im Schlaf. Im Vorbeigehen schaute Elinor noch kurz ins Zimmer 15, wo der Patient lag, der an diesem Abend akut eingeliefert worden war. Die Sauerstoffmaske saß korrekt. Der Tropf lief im richtigen Takt. Wie angeordnet stand der Sauerstoffmesser auf zehn Liter, und die Sauerstoffkonzentration war zufriedenstellend. Der Mann schnarchte ein wenig und drehte sich mit Elinors Hilfe auf die Seite.
     
    »Haben Sie Schmerzen?«, fragte sie. Er schüttelte den Kopf und bedeutete ihr mit der Hand, dass er keine weitere Hilfe benötige.
     
    Im Flur traf sie auf Loffe, der in seinem Rollstuhl auf dem Weg zu einer letzten nächtlichen Zigarette war. Das Hemd hing lose um den Körper. Mit seinen mageren Händen schob er die Räder vorwärts. Es war beeindruckend, dass er genug Kraft aufbrachte, um das Bett zu verlassen. Und so wahnsinnig viele Zigaretten würde es für ihn auch nicht mehr geben. Die Behandlung mit Zytostatika war wegen des Wachstums des Tumors abgebrochen worden.
     
    »Können Sie mich zum Eingang fahren?«, fragte er.
     
    »Ich kann die Station nicht verlassen. Warten Sie kurz, dann bitte ich Cathrin, dass sie mit Ihnen geht.« Sie spürte seine Enttäuschung, als er sich weiter Richtung Ausgang vorarbeitete. Elinor hörte,

Weitere Kostenlose Bücher