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Schwarze Seide, roter Samt

Titel: Schwarze Seide, roter Samt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Carlott Fontana
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auf dem Bett. Neben dem Bett, auf einem Korbsessel,
lagen Corinnas Kleider.
    Marion starrte darauf und versuchte zu begreifen, was sie sah.
Warum lagen Corinnas Kleider hier herum? Wo war die Freundin?
Wenn ihr Zeitgefühl sie nicht völlig verlassen hatte, war es
jetzt mitten am Tag. Bedeutete das, daß sich Corinna ebenfalls
noch an Bord der Maria Lima befand? Aber wieso ohne Kleider?
Sollte sie das als gutes Zeichen werten oder nicht? Sie stand da
und überlegte, und während sie noch überlegte, ging die Tür auf.
    Leon Askew, in seinen Kreisen besser als L. A. bekannt, hatte
Angst. In seinem ganzen ereignisreichen Leben hatte er noch nie
solche Angst gehabt, dabei war er wirklich schon in manch
brenzliger Situation gewesen.
     
    Die Männer hatten völlig korrekt an der Haustür geklingelt, zu
einer an sich nicht unangemessenen Zeit, nämlich um vier Uhr
nachmittags. L. A. fühlte sich trotzdem sehr gestört, denn er
hatte gerade Besuch von einem reizenden Mädchen, und sie
waren eben damit beschäftigt, sich in den blauen Fluten des
Swimmingpools zu lieben, als die Glocke anschlug. Isabell, das
Mädchen mit den honigbraunen Augen und den größten Brüsten,
die L. A. jemals gesehen hatte, löste sich von ihm und
schwamm an den Rand des Beckens zurück. »Mach nicht auf«,
sagte sie quengelig, »es war gerade so schön!«
    L. A. dessen Atem noch heftig ging und der Mühe hatte, in
seine Badehose hineinzukommen, dachte kurz darauf – es waren
die letzten Minuten seines Lebens –, daß er vielleicht auf Isabell
hätte hören sollen, obwohl seine Feinde sonst wahrscheinlich auf
einem anderen Weg in den Garten eingedrungen wären; im
allgemeinen erwiesen sie sich stets als recht findig im Beseitigen
von Hindernissen. L. A. warf der nackten Isabell ein Handtuch
zu, damit sie sich darin einhüllen konnte, und ging zur Haustür.
    Die Männer, drei an der Zahl, trugen schwarze Sonnenbrillen
und Anzüge aus gebleichtem Jeansstoff. Sie waren höflich und
kalt, aber sie drängten sich mit einiger Entschlossenheit sofort ins
Haus hinein und schlossen die Tür hinter sich. »Leon Askew?«
fragte der eine. L. A. merkte, wie er am ganzen Körper eine
Gänsehaut bekam. Er hatte sofort begriffen – das waren Talebs
Leute. Und sie kamen nicht in guter Absicht zu ihm, auch das
war ihm klar. »Ich habe gerade Besuch«, sagte er nervös. Er
konnte förmlich spüren, daß er jetzt »an der Reihe« war. Oft
genug hatte er Szenen wie diese erlebt, nur hatte er da bisher
immer auf der anderen Seite gestanden. In seinem Beruf wußte
im Grunde jeder von sich, daß er irgendwann einmal auf der
Abschußliste stehen würde, aber alle hofften heimlich auf das
Wunder, das gerade sie retten konnte.
    L. A. begriff, daß auch er immer darauf gehofft hatte, daß aber
seine Hoffnung vergeblich gewesen war. Er wußte, warum die
Schergen Talebs gerade jetzt zu ihm kamen. Er war zu einem
Risiko geworden. Die Polizei war ihm auf der Spur, es gab genügend
Hinweise dafür, und deshalb hatte er es ja auch so eilig
gehabt, das Heroin abzustoßen.
    »Hört mal zu«, sagte er hastig. »Ich weiß, warum ihr hier seid.
Ich kann euch sagen, wenn ich geschnappt werde, packe ich mit
Sicherheit nicht aus. Ich werde doch Taleb nicht verraten. Nicht
nach all den Dingern, die wir schon miteinander gedreht haben…
« Er lachte etwas hysterisch und wußte dabei, daß alles
keinen Zweck hatte. Auf den Gesichtern der Männer zeigte sich
nicht die leiseste Regung.
    »Wir gehen vielleicht besser hinauf«, sagte einer der Männer,
»dort sind wir ungestörter!« L. A. machte einen letzten verzweifelten
Versuch. »Ich kann euch zu reichen Männern machen!
    Schaut euch um! Das Haus, alles, es gehört euch, wenn ihr
wollt!«
    »Gehen Sie jetzt bitte die Treppe hinauf«, kam es gelangweilt
zurück.
    Im gleichen Augenblick betrat die arglos vor sich hinsummende
Isabell das Haus. Als sie die drei Fremden sah, blieb sie überrascht
stehen und zog das Handtuch fester um den Körper.
    »Oh…«, sagte sie und spitzte ihr Mündchen. Zu ihrem Erstaunen
richtete sich plötzlich eine Pistole auf sie. »Madame… dürfen wir
auch Sie die Treppe hinaufbitten?«
    Leon ging vorne weg, Isabell folgte ihm. »Leon«, flüsterte sie.
»Was hat das zu bedeuten?« Er antwortete nicht. Seine Knie
fühlten sich weich an, er merkte, wie ihm am ganzen Körper der
Schweiß ausbrach. Würden die Kerle auch Isabell ermorden?
Wahrscheinlich.

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