Schwarze Sekunden: Roman (German Edition)
eifrig. »Was haben sie sonst noch gefunden?«
»Ziemlich viel sogar«, sagte Sejer. »Unter anderem Reste von Erdnußschalen. Einige Haare, die von Ida stammen, und allerlei noch nicht identifizierte Dinge. Sie sind noch an der Arbeit.«
»Die rote Feder, hast du die hier?« fragte Skarre.
Sejer öffnete die Schreibtischschublade und nahm den weißen Briefumschlag heraus.
»Zwei Blocks weiter ist ein Tiergeschäft«, sagte Skarre. »Mama Zoonas. Vielleicht werden da Papageien verkauft. Vielleicht stammt auch der Vogel, den Ida erwähnt, aus diesem Laden. Solche Vögel sind teuer, nicht alle können sich einen leisten. Vielleicht führen sie Buch über ihre Verkäufe. Und es gibt bestimmt auch irgendeinen Vogelverein, da könnte er doch Mitglied sein. Oder er kauft dort Dinge, die der Vogel braucht. Der braucht sicher nicht nur Futter. Solche Vögel wollen alles mögliche«, meinte Skarre. »Spielzeug, Vitamine. Sachen, die nicht im Supermarkt verkauft werden.«
»Himmel, was du so alles weißt«, sagte Sejer beeindruckt.
»Ich kann gleich mal vorbeischauen«, sagte Skarre und sprang auf. »Soll ich dir was mitbringen?«
Er stand schon an der Tür. »Eine mongolische Wüstenmaus vielleicht? Oder ein Paar Schleierschwänze?«
Sejer schüttelte erschrocken den Kopf. »Ich habe Snorrason angerufen«, sagte er dann. »Er sagt, Ida sei an inneren Verletzungen gestorben. Wie zieht man sich innere Verletzungen zu?«
»Tiefer Fall«, schlug Skarre vor. »Dabei kann das passieren.«
»Schläge oder Tritte«, sagte Sejer. »Oder man wird angefahren.«
»Aber das Fahrrad war unversehrt.«
»Vielleicht saß sie gerade nicht auf dem Rad.«
»Warum hätte sie vom Rad steigen sollen?«
»Herrgott, das weiß ich doch nicht. Aber es kommt doch vor, daß Leute vom Rad steigen«, sagte Sejer. In diesem Moment spürte er ein Jucken in der einen Kniekehle. Seine Schuppenflechte machte sich wieder bemerkbar.
Danach rieb er sich energisch und lange die Augen. Starrte den jüngeren Kollegen an, der noch immer in der Tür stand.
»Da hast du gleich mehrere Blutäderchen erledigt«, sagte Skarre.
Aufgrund des Namens Mama Zoonas hatte er sich vorgestellt, daß der Laden von einer üppigen Frau betrieben würde. Aber dann stellte sich ein Mann von vielleicht vierzig als Besitzer vor.
»Bjerke«, sagte er und reichte dem Besucher die Hand. Der spezielle Geruch von Tieren und Tierfutter, schwer, aber nicht unangenehm, füllte das ganze Geschäft. Es war warm, die Luftfeuchtigkeit war hoch.
»Sie verkaufen Vögel?« fragte Skarre und horchte zum Nebenraum hinüber. Bjerke nickte. Von hinten war schrilles Geschrei und übermütiges Gezwitscher zu hören.
Skarre ging weiter. Dann blieb er stehen. Vor sich sah er gelbe, grüne und blaue Wellensittiche. Kakadus. Aras, einen Raben, mehrere Nymphensittiche in verschiedenen Farben, kleine schwarze Beos mit gelben Schnäbeln und einen grauen und eher unansehnlichen Papagei, dessen Namen er nicht kannte. Das Eintreten der beiden Männer brachte die Tiere dazu, ihre Lautstärke zu steigern. Skarre starrte die beiden Aras an, denn sie waren rot. Aber die Farbe stimmte nicht. Der Ara wies ein starkes, warmes Rot auf. Idas Feder war matter und kühler getönt. Für einen Moment war er von dem Geschrei wie benommen.
»Die machen ja einen Höllenlärm«, sagte Skarre und schaute Bjerke an. »Sind die Leute sich darüber im klaren?«
»Nein«, lächelte Bjerke. »Aber sie sind nicht alle gleich schlimm. Und hier gibt es doch so viele. Die Kakadus sind die Schlimmsten«, gab er zu. »Ihr Geschrei ist einfach grauenhaft. Und sie sind auch nicht gerade besonders freundlich.«
»Aber Sie verkaufen welche?« fragte Skarre.
»Nein«, sagte Bjerke abwehrend.
»Aber hier sind doch welche? Goldköpfchen?«
»Das sind meine eigenen«, sagte Bjerke. »Die werden nicht verkauft. Nicht mal für hunderttausend.«
Skarre schüttelte den Kopf. »Soviel hab ich auch nicht. Sind sie so viel wert?«
»Für mich ja«, sagte Bjerke. »Für mich sind sie die schönsten Vögel auf der Welt.«
»Und was ist mit dem Ara?«
»Nichts gegen zu sagen«, meinte Bjerke. »Aber die Kakadus sind schöner.«
Skarre ging von Käfig zu Käfig und bewunderte die Vögel.
»Was würden Sie mir empfehlen, wenn ich einen Vogel kaufen wollte? Ich bin Anfänger.«
Die Möglichkeit, mit seinem Fachwissen zu brillieren, versetzte Bjerke in gute Laune.
»Einen Nymphensittich«, schlug er vor. »Oder so einen.« Er zeigte
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