Schwarze Sekunden: Roman (German Edition)
auf den grauen Papagei. Skarre sah sofort, daß der einen roten Schwanz hatte.
»Die Farbe ist ja nicht so toll«, sagte er. »Aber der Schwanz gefällt mir.«
»African Grey«, sagte Bjerke. »Einer der besten Redner. Sehr lebhaft. Aber Papageien sind nicht wie Hunde oder Katzen. Sie sind unberechenbar und eigen. Ich mag ja keine Hunde«, sagte er und ließ einen Wortschwall folgen, so glücklich war er über diesen interessierten Zuhörer. »Sie werden so abhängig von einem. Und man muß dauernd mit ihnen rausgehen. Papageien dagegen sind große Persönlichkeiten. Man kann sie übers ganze Wochenende allein lassen, sie kommen schon zurecht. Der Käfig läßt sich leicht sauberhalten, und sie bevorzugen einfache Kost. Ein paar Körner und einige Apfelscheiben. Vielleicht samstags abends Erdnüsse.«
»Erdnüsse?« fragte Skarre interessiert.
»Ja, ungesalzene«, sagte Bjerke. »Sie knacken sie mit dem Schnabel. Der kann ziemlich zupacken, davon habe ich mich im Laufe der Jahre einige Male überzeugen können.«
Das Untergefieder eines Vogels und Reste von Erdnußschalen, dachte Skarre. Er trat vor den grauen Papagei und sah sich den roten Schwanz genau an. Der Vogel war so groß wie eine Taube und wies schöne graue und blaue Nuancen auf. Um die Augen herum war er heller, fast von schwachem Rosa. Das Brustgefieder war klein und rund, wie Perlen, in allen Grautönen. Die Federn am Rücken waren dunkler, eher schiefergrau. Er kam näher an die Gitterstäbe und legte einladend den Kopf schräg. Dann flötete er melodisch. Skarre starrte in die blanken Augen. Sie verwirrten ihn. Zwei schwarze, ausdruckslose Knöpfe.
»Ich muß mit Ihnen über Papageien reden«, sagte er. »Diese Federn da, unten im Käfig, das ist Untergefieder, ja?«
»Richtig«, sagte Bjerke. »Das verlieren sie am laufenden Band, oder sie zupfen es sich mit dem Schnabel heraus. Es fliegt herum und bleibt überall kleben. Aber es ist eine saubere Abfallart, finde ich, nicht so wie Hundehaare oder so.«
»Sie verkaufen sicher nicht jede Woche so einen«, sagte Skarre. »Was kostet der?«
»So ungefähr sechstausend.«
»Führen Sie Buch über Ihre Verkäufe?«
»Natürlich.«
»Notieren Sie die Namen der Käufer?«
»Nein«, sagte Bjerke. »Das nicht. Warum sollte ich? Aber natürlich kann ich mich manchmal an sie erinnern. Das ist kein Verkauf, der aus einem Impuls heraus geschieht. Die Leute kommen immer wieder und wägen Vor- und Nachteile ab. Lesen Fachbücher und sprechen mit ihrer Familie. Sie wissen schon.«
»Gibt es einen Verein für Papageienbesitzer?«
»Ja. Aber der hat fast keine Mitglieder. Ich bin übrigens der Vorsitzende.«
»Wie praktisch«, sagte Skarre. »Wenn ich Sie frage, wie viele Vögel Sie in diesem Jahr schon verkauft haben, können Sie mir antworten, ohne in Ihren Büchern nachsehen zu müssen?«
Bjerke dachte kurz nach und zählte an den Fingern ab.
»Drei Stück, glaube ich.«
»Das sind aber nicht viele.«
»Von denen lebe ich auch nicht. Ich lebe davon, daß ich Tierfutter verkaufe, und Meerschweinchen, Goldfische und Kaninchen. Das wollen die Leute. Was schade ist, denn die überdauern ja nicht lange. Einen Papagei dagegen hat man fürs Leben.«
Skarre lächelte. »So alt werden die?«
»An die fünfzig Jahre. Es gibt auch Gerüchte über Papageien, die es auf hundertzwanzig gebracht haben.« Bjerke lachte. »Das muß aber nicht stimmen. Was ich sagen will, ist, daß es eine Verbindung fürs Leben sein kann. Und damit auch die sechstausend Kronen wert. Aber warum interessieren Sie sich so für Papageien?« fragte er plötzlich, er konnte seine Neugier nicht länger zügeln.
»Ich suche eine Person«, sagte Skarre. »Und diese Person hat einen Papagei. Wir haben Grund zu der Annahme, daß diese Person hier in der Gegend wohnt, und dann wäre es möglich, daß der Papagei bei Ihnen gekauft worden ist.«
»Ach so. Dann begreife ich«, sagte Bjerke.
»Was für Menschen kaufen Papageien?« fragte Skarre. »Läßt sich dazu ganz allgemein etwas sagen?«
»Ich glaube nicht. Papageien sind Tiere für Erwachsene, aber oft sind es die Kinder, die die Erwachsenen herschleifen. Dann sind sie enttäuscht, wenn sie nach Hause kommen und den Vogel nicht aus dem Käfig nehmen und streicheln können. Ein Papagei ist nicht gerade ein Schmusetier«, sagte er. »Manche haben aus purer Frustration schon so einen Kauf rückgängig machen wollen.«
»Gehen Sie darauf ein?« fragte Skarre überrascht.
»Natürlich.
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