Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Themse

Schwarze Themse

Titel: Schwarze Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
fragte sie leise.
    Es hatte keinen Sinn, die Angst, die sich bereits dumpf und lastend im Raum ausgebreitet hatte, noch zu vergrößern.
    Â»Ruth Clark ist tot«, sagte Hester und sah das Unverständnis in den Gesichtern. Für die anderen war es nur ein kleiner Verlust unter vielen. Die meisten hatten sie nicht gemocht. Hester atmete zitternd ein. »Sie ist nicht an Lungenentzündung gestorben … sondern an der Pest …« Sie beobachtete ihre Mienen. Einer von ihnen wusste, dass das eine Lüge war. Hatte diese Person überhaupt eine Vorstellung davon, wie viel schlimmer das war als ein Mord? Sie entdeckte in ihren Gesichtern nichts als das Bemühen, das unglaublich Entsetzliche zu begreifen.
    Â»Pest?«, sagte Claudine verwirrt. »Was für eine Art von Pest? Was soll das heißen?«
    Â»Was, zum Teufel, reden Sie da?«, wollte Squeaky wissen.
    Â»Beulenpest«, antwortete Hester. »In einigen Fällen fängt sie als Stauung in der Lunge an. Manche Menschen erholen sich, aber nicht viele. Einige sterben in diesem Stadium. Bei anderen entwickelt es sich zu Beulen – zu den Schwellungen in den Achselhöhlen und der Leistengegend, die dann schwarz werden. Man nennt die Krankheit auch den schwarzen Tod.«
    Flo stand mit offenem Mund reglos da.
    Squeaky wurde weiß wie eine Wand.
    Claudine fiel in Ohnmacht.
    Mercy fing sie auf, drückte ihr den Kopf zwischen die Knie und hielt sie so lange fest, bis sie keuchend und hustend wieder zu Bewusstsein kam.
    Â»Niemand darf das Haus verlassen, wenn wir die Krankheit
nicht von hier aus in ganz London verbreiten wollen«, fuhr Hester fort. »Wirklich niemand, zu keiner Zeit und aus keinem Grund. Sutton hat sich bereits darum gekümmert, dass Freunde von ihm mit Pitbullterriern draußen patrouillieren. Wenn jemand das Haus verlässt, hetzen sie die Hunde auf ihn. Bitte glauben Sie mir, dass es ihnen ernst ist. Was auch immer geschieht, wir dürfen nicht zulassen, dass sich die Krankheit ausbreitet. Im vierzehnten Jahrhundert hat sie in Europa fast die Hälfte der Bevölkerung dahingerafft, Männer, Frauen und Kinder. Sie hat die Welt verändert. Unsere wenigen Leben sind nichts dagegen, wenn wir verhindern können, dass das noch einmal geschieht.«
    Â»Wovon sollen wir leben?«, fragte Squeaky wütend, als wäre das ein Grund, das Ganze zu verleugnen.
    Â»Essen, Wasser und Kohle wird man uns bringen«, antwortete Hester. »Die Sachen werden draußen deponiert, und wir holen sie dann rein. Wir werden uns nicht begegnen. Wir haben ihnen gesagt, es sei Cholera, und sie dürfen nichts anderes glauben.«
    Mercy fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und strich sich das Haar zur Seite. »Wenn draußen jemand davon erfährt …«
    Â»â€¦ dann brennen sie das Haus nieder!«, beendete Flo den Satz. »Mrs. Monk hat Recht. Wir müssen es vor allen geheim halten. Es ist unsere einzige Chance – Gott steh uns bei!«
    Â»O Gott!«, sagte Bessie und schaukelte auf dem Stuhl vor und zurück. »O Gott!«
    Â»Ich habe noch nie gebetet«, sagte Claudine mit bitterem Sarkasmus, »aber ich nehme an, das ist das Einzige, was uns bleibt!«
    Hester schaute zu Sutton hinüber. Er war außer ihr – und noch jemandem – der Einzige, der wusste, dass unter ihnen ein Mörder war.

9
    Monk versuchte, zu Hause ein Feuer zu entzünden und dem Haus die Wärme wiederzugeben, die daraus entschwunden war, seit Hester so viel Zeit in der Klinik verbrachte. Ihre Abwesenheit beraubte ihn eines Großteils des Vergnügens, das er empfunden hätte, wenn er seinen Sieg mit ihr hätte teilen können. Er war außerordentlich erfolgreich gewesen. Er hatte eine Meisterleistung vollbracht, das Elfenbein wiederzufinden und es – direkt unter der Nase der Diebe und von Culpepper, in dessen Auftrag es gestohlen worden war, und sogar der Polizei  – Louvain wiederzugeben! Und Louvain hatte ihn ansehnlich bezahlt. Sein Ruf hätte im Augenblick nicht besser sein können, und daraus würden sich andere Aufträge ergeben!
    Seine Arbeit war noch nicht beendet. Er musste noch herausfinden, wer Hodge umgebracht hatte. Es war entweder Goulds Partner gewesen, was sehr wahrscheinlich war, wenn er nach Gould an Bord gegangen war, festgestellt hatte, dass Hodge sich regte, und ihn umgebracht hatte. Dann war es eine Panikreaktion

Weitere Kostenlose Bücher