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Schwarze Themse

Schwarze Themse

Titel: Schwarze Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Er musste sofort in die Portpool Lane. Gould würde warten müssen. Er konnte ein paar Tage Verzögerung verkraften.
    Â»Setzen Sie sich, Mr. Monk«, sagte Sutton leise, aber deutlich. »Die Probleme haben nichts mit Mord zu tun. Sie sind viel schrecklicher. Und Sie müssen das Richtige tun, sonst
könnten Sie eine Katastrophe heraufbeschwören, wie die Welt sie in fünfhundert Jahren nicht erlebt hat.«
    Â»Wovon, zum Teufel, reden Sie?«, wollte Monk wissen. War der Mann verrückt? Er machte einen vollkommen normalen Eindruck, er verfügte über eine ehrliche Ernsthaftigkeit, anders als etliche Männer, welche die Geschicke von Wirtschaft und Gesellschaft lenkten. »Was ist es?«
    Â»Pest«, antwortete Sutton, die Augen fest auf Monk gerichtet. »Nicht Cholera oder Pocken oder eine der anderen Krankheiten, sondern die Katastrophe – der schwarze Tod.«
    Monk begriff nicht, was der Mann gesagt hatte. Es besaß keine Realität, es waren nur große Worte, zu groß, um irgendetwas zu bedeuten.
    Â»Deshalb wird niemand das Haus in der Portpool Lane betreten, und niemand wird es verlassen«, fuhr Sutton leise fort. »Es muss völlig abgeschottet sein, egal, was passiert.«
    Â»Sie waren drin!«, sagte Monk sofort.
    Â»Ich habe mich von Miss Hester und der Frau, die sich um die Kranke gekümmert hat, fern gehalten.«
    Â»Ich gehe trotzdem rein«, beharrte Monk. Hester war dort allein. Sie war mit etwas konfrontiert, was schlimmer war als alle menschlichen Albträume. Wie konnte er hier bleiben, in Sicherheit, und nichts tun? »Sie braucht Hilfe. Und wie wollen Sie die Leute überhaupt am Verlassen des Hauses hindern? Ich meine ganz praktisch? Sie müssen es den Behörden sagen! Ärzte hinzurufen …«
    Â»Gegen den schwarzen Tod kann der beste Arzt nichts ausrichten«, sagte Sutton fast reglos. Sein Gesicht erschien ungerührt, jenseits jeglicher Gefühle. Es war, als hätte der Schrecken jeglichen Lebensfunken in ihm ausgelöscht. »Wenn er einen holt, dann holt er einen, und wenn er einen verschont, dann verschont er einen. Hat keinen Sinn, es den Behörden zu melden. Die können auch nichts tun. Und was meinen Sie, was dann passiert, hä?«
    Allmählich dämmerte Monk, wie entsetzlich das Ganze war.
Er ahnte, auf was dieser merkwürdig gelassene Mann hinauswollte. »Wie hindern Sie die Leute daran, das Haus zu verlassen?«, fragte er.
    Â»Mit Hunden«, sagte Sutton mit einem leichten Schulterzucken. »Ich habe Freunde mit Pitbulls. Sie patrouillieren ums Haus. Ich hoffe, es läuft niemand weg, aber, so wahr mir Gott helfe, sollte es einer versuchen, werden sie ihm die Hunde auf den Hals hetzen. Besser, einer wird zu Tode gebissen, als dass sich die Pest im ganzen Land ausbreitet oder sogar in der ganzen Welt.«
    Â»Und wenn sie es herumerzählen?«
    Â»Wir haben ihnen gesagt, es sei Cholera, und sie kennen den Unterschied nicht.«
    Monk versuchte, nicht darüber nachzudenken, was seine Worte bedeuteten. »Ich muss trotzdem hingehen und ihr helfen. Ich kann sie da nicht allein lassen. Niemals.«
    Â»Sie müssen …«, setzte Sutton an.
    Â»Ich bleibe drin!«
    Suttons Züge wurden weicher. »Ich weiß. Und ich würde Sie auch nicht herauslassen, weder vorne, noch aus der Hintertür. Aber hier draußen können Sie mehr von Nutzen sein. Es gibt einiges zu erledigen.«
    Â»Essen, Kohle und Medikamente besorgen. Ich weiß. Das kann jeder …«
    Â»Natürlich«, stimmte Sutton ihm zu. »Dafür sorge ich. Aber haben Sie noch nicht darüber nachgedacht, wo die Pest herkommen könnte? Wo die arme Frau sich angesteckt hat?«
    Monk spürte, dass ihm am ganzen Körper der Schweiß ausbrach.
    Â»Das müssen wir rausfinden«, sagte Sutton müde. »Und es gibt niemanden, der das so gut könnte wie Sie, ohne ganz London in Angst und Schrecken zu versetzen. Die Frau ist von irgendwoher gekommen, das arme Geschöpf. Wo hat sie es sich eingefangen, hä? Wer hat sich noch angesteckt? Sie sind als Mann bekannt, der weiß, wie man Fragen stellt, und der Antworten
erhält, wo andere längst keine mehr bekommen. Miss Hester sagt, Sie seien der schlauste Mann, den sie je kennen gelernt hat, und der sturste obendrein. Hat sie Recht?«
    Monk vergrub den Kopf in den Händen, seine Gedanken überschlugen sich,

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