Schwarze Themse
Radierung vom Himmel ab. Nur in der Ferne über der Stadt lag eine dünne Dunstglocke.
Durban war nicht in der Polizeiwache. Der Sergeant erklärte Monk, dass er bereits drauÃen auf dem Wasser sei, vielleicht im Süden, er wisse es nicht genau.
Monk dankte ihm und ging gleich wieder hinaus. Er konnte nur eines tun, sich ein Boot suchen und nach ihm Ausschau halten. Zu warten konnte er sich nicht erlauben.
Wenige Minuten später war er wieder unten am Wasser und suchte eilig nach einem Fährmann, der ihm bei seiner Suche behilflich sein würde. Zuerst hörte er die Stimme kaum, die
nach ihm rief, und erst als jemand ihn am Ãrmel packte, drehte er sich um.
»Alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte Scuff betont beifällig, aber er kniff die Augen zusammen, und in seiner Stimme schwang ein Hauch Angst mit.
Monk zwang sich, freundlicher zu sein, als ihm zumute war. »Ja. Der Mann mit dem Elfenbein ist sehr zufrieden.«
»Schon bezahlt worden?«, fragte Scuff nach dem wahren Maà des Erfolgs.
»O ja.«
»Warum machen Sie dann ein Gesicht, als hätten Sie Ihr Geld noch nicht bekommen?« Jetzt drückte seine Miene echte Besorgnis aus.
»Das hat nichts mit Geld zu tun. Jemand ist vielleicht krank. Kennst du Mr. Durban von der Wasserpolizei?«, fragte Monk.
»Der mit dem grauen Haar, der einen Gang hat wie ein Matrose? Klar kenne ich den. Warum?«
»Ich müsste dringend mit ihm sprechen.«
»Ich such ihn für Sie.« Scuff steckte zwei Finger in den Mund und stieà einen schrillen Pfiff aus, dann trat er an den Rand des Kais und pfiff erneut. Innerhalb von zwei Minuten lag ein Boot an der Treppe. Nach einem kurzen Wortwechsel kletterte Scuff hinein und winkte Monk, ihm zu folgen.
Monk wollte den Jungen nicht bei sich haben. Was er tun musste, war unerfreulich, möglicherweise sogar gefährlich. Und er konnte nicht zulassen, dass Scuff erfuhr, um was es ging.
»Jetzt kommen Sie doch!«, sagte Scuff scharf, das Gesicht verwirrt in Falten gezogen. »Wenn Sie da stehen bleiben, finden Sie ihn nie!«
Monk stieg ins Boot. »Danke«, sagte er höflich, aber seine Stimme war rau, als würde er zittern. »Du brauchst nicht mitzukommen. Geh wieder an deine Arbeit.« Er war unsicher, ob er ihm Geld anbieten sollte oder nicht, womöglich betrachtete Scuff es als Beleidigung ihrer Freundschaft.
Der verzog das Gesicht. »Falls Sie das noch nicht bemerkt haben, wir haben Hochwasser. Ich habâs ja schon mal gesagt, Sie sollten sich nicht allein hier rumtreiben, dazu taugen Sie nicht!« Er setzte sich ins Heck, ein selbst ernannter Wächter für jemanden, der seiner Meinung nach dringend eines Wächters bedurfte.
»Ich habe gehört, er sei runter nach Debtford Creek Way«, sagte der Fährmann freundlich. »Da unten gabâs gestern ein bisschen Ãrger. Möchten Sie jetzt dorthin oder nicht?«
Monk nahm das Angebot an. Wenn er Scuff gegen dessen Willen an Land setzte, würde er den Respekt des Fährmanns verlieren, möglicherweise sogar seine Hilfsbereitschaft. »Ja. So schnell Sie können, bitte.«
Sie scherten in den Hauptverkehrsstrom ein und fuhren südwärts an Limehouse Reach vorbei, schlängelten sich zwischen Barkassen hindurch, Schiffen, die vor Anker lagen und aufs Löschen der Ladung warteten, sowie einigen wenigen, die noch nach einem Ankerplatz suchten.
Sie brauchten fast eine Dreiviertelstunde, aber schlieÃlich erkannte Monk Durbans Gestalt auf dem Kai oberhalb einer Treppe in der Nähe von Debtford Creek. Dann sah er darunter auf dem Wasser das Polizeiboot mit zwei Männern an den Riemen und Orme, der im Heck stand.
»Da drüben!«, sagte er zu seinem Fährmann. Sein rauer Tonfall verlieh seinen Worten die notwendige Dringlichkeit. »Wie viel?«
»Einen Schilling«, antwortete der Fährmann augenblicklich.
Monk angelte einen Schilling und ein Threepencestück aus seiner Tasche, und sobald sie an der Treppe anlangten, reichte er dem Mann das Geld und stand auf. Scuff erhob sich ebenfalls. »Nein!« Monk drehte sich schwungvoll um und verlor beinahe das Gleichgewicht. »Jetzt komme ich alleine klar.«
»Vielleicht brauchen Sie mich ja noch!«, sagte Scuff. »Ich kann alles Mögliche.«
Es war weder Zeit für Erklärungen noch für Höflichkeit.
»Ich weiÃ. Ich suche dich, wenn ich einen Auftrag für
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