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Schwarze Themse

Schwarze Themse

Titel: Schwarze Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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eben antworten, er habe nie unter derartigen Beschwerden gelitten, als ihm der Hintersinn ihrer Worte aufging. Sie sprach nicht von sich selbst, ebenso wenig wie von der Langweiligkeit der vielen Frauen, die damit geplagt waren. Sie sagte ihm auf ihre Weise, dass Margaret aus einem guten Stall kam und nicht nur von Natur aus gesund war, sondern auch dazu erzogen, sich nicht irgendwelchen eingebildeten Krankheiten hinzugeben.
    Er verbiss sich die Bemerkung, die ihm auf der Zunge lag. »Ja«, stimmte er ihr zu. »Man sollte dankbar sein, wenn man so gesund ist. Unglücklicherweise genießen nicht alle dieses Glück. Aber ich freue mich sehr für Sie.«
    Â»Wie großzügig Sie stets sind«, sagte sie, ohne zu zögern. »Ich finde Grobheit sehr wenig anziehend, meinen Sie nicht auch? Ich denke immer, es verrät einen selbstsüchtigen Charakter.
Bitte setzen Sie sich doch, Sir Oliver.« Sie wies auf den Sessel nahe am Feuer mit bestickten Armlehnen und Sofaschonern über der Rückenlehne, um ihn vor dem Haaröl der Gentlemen zu schützen. »Margaret kommt in ein paar Minuten. Sie sind erfreulich pünktlich.« Sie breitete ihre weiten Röcke aus Seide und Spitze um sich herum aus.
    Es wäre unhöflich gewesen abzulehnen. Er saß ihr gegenüber und war bereit, so lange zu plaudern, bis Margaret auftauchte. Er war daran gewöhnt, auf der Hut zu sein, und sagte selten etwas, ohne vorher nachzudenken. Schließlich bestand sein Beruf, deren befähigtester Vertreter seiner Generation er war, darin, die Sache derjenigen zu vertreten, die eines Verbrechens angeklagt worden waren und gegen die es ausreichende Beweise gab, um sie vor Gericht zu bringen. Von einer Dame der Gesellschaft würde er sich weder in Verlegenheit bringen noch austricksen lassen.
    Â»Margaret hat mir erzählt, es sei ein äußerst bezauberndes Ereignis, zu dem Sie sie heute Abend eingeladen haben«, bemerkte Mrs. Ballinger. »Musik ist zivilisiert und spricht doch zugleich unsere romantische Seite an.«
    Er merkte, dass er sich bereits ärgerte und in der Defensive war. »Es ist ein festlicher Anlass, bei dem beträchtliche Spenden für die Wohltätigkeitsarbeit gesammelt werden«, antwortete er.
    Sie lächelte, wobei sie ausgezeichnete Zähne zeigte. »Wie ich es bewundere, dass Sie Ihre Zeit einer solchen Sache widmen. Ich weiß, dass das eine Eigenschaft ist, die Margaret an einem Mann sehr schätzt. Viele Menschen, die im Leben erfolgreich sind, vergessen diejenigen, die weniger Glück haben. Ich bin sehr erfreut, dass Sie nicht zu diesen gehören.«
    Sie hatte ihn in eine unmögliche Situation hineinmanövriert. Was, um alles auf der Welt, sollte er dazu sagen. Jede Antwort würde lächerlich klingen.
    Sie nickte. »Margaret besitzt ein edles Herz. Aber ich bin mir sicher, das wissen Sie bereits. Gute Werke haben Sie beide
schon oft zusammengebracht.« Sie stellte es hin, als habe er Ränke geschmiedet, um Margaret bei jeder Gelegenheit zu sehen. Das hatte er nicht! Er traf sich sogar mit verschiedenen anderen Damen, von denen zumindest zwei als Ehefrau in Frage kamen, auch wenn sie verwitwet waren.
    Plötzlich fragte er sich, warum er das eigentlich tat! Er hatte nicht die geringste Absicht, eine von ihnen zu heiraten. Sie waren liebenswürdige Freundinnen, mehr nicht. Er hatte ihre Ehemänner oder Brüder gekannt, oder irgendeine andere Angelegenheit hatte sie zusammengebracht. Und natürlich sah er Hester und Monk gelegentlich. Sie würde stets die Freundschaft verbinden, die in dem gemeinsamen Kampf um das Streben nach Gerechtigkeit entstanden war.
    Verteilte er seine Aufmerksamkeiten, um sich vor genau der Falle zu hüten, die Mrs. Ballinger in just diesem Augenblick zuschnappen lassen wollte?
    Sie wartete auf eine Antwort. Sein Schweigen wurde allmählich zum Widerspruch.
    Â»Ein gutes Herz hat sie in der Tat«, sagte er mit mehr Leidenschaft als beabsichtigt. »Und was noch ungewöhnlicher ist, sie verfügt über den Mut und die Selbstlosigkeit, ihm zu folgen und Bedeutsames zu schaffen.«
    Ein Schatten flog über Mrs. Ballingers Miene. »Ich bin so froh, dass Sie es erwähnen, Sir Oliver.« Sie beugte sich zu ihm vor. »Natürlich bin ich glücklich, dass Margaret ihre Zeit verdienstvollen Angelegenheiten widmet, statt ihre Stunden mit bloßer Belustigung zu vergeuden wie so viele

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